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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest
Autoren: Frank Goosen
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mit Stefan an und sagt: »Das Wahre, oder? Keine Hirnwichse, nur ein paar Jungs, die Musik mit der Hand machen, was?«
    Es ist uraltes Zeug, denkt Stefan, Powerage oder High Voltage, wenigstens nicht das zu Tode genudelte Highway to Hell, auf jeden Fall aber Musik von Übervorgestern. Jetzt erkennt er es: It’s a long way to the top, also High Voltage. Na gut, also, das ist schon nicht schlecht, es ist so einfach und damit auf dem Punkt. Als Kind und Jugendlicher konnte er das nicht leiden, aber heute hat man doch den Eindruck, eigentlich müsste man AC / DC - CD s bei Manufactum verkaufen, denn: Es gibt sie noch, die guten Dinge. Und die guten Dinge sind oft die einfachen Dinge, also zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und ein brunftiger Sänger, da hat Diggo schon recht, denkt Stefan, der aber vor allem Leute kennt, die sich für bessere Menschen halten, weil sie Arcade Fire hören.
    Alle wippen sich noch durch Rock   ’n’   Roll Singer, Diggo schickt Toto frisches Bier aus der Küche holen, und zu The Jack, einem Blues, der im AC / DC – Universum als Ballade durchgeht, setzt sich Miriam rittlings auf Diggos Schoß. Sie fangen an zu knutschen, man sieht viel Zunge, die anderen grölen, und Stefan möchte jetzt weg. Diggos riesige Hände fahren über Miriams Rücken und schieben ihr T-Shirt hoch, bis man ihren schwarzen BH sieht. Stones und Karo grölen immer lauter, nur Toto macht Luftgitarre, mit der Flasche in der Hand.
    Stefan steht auf und fragt, wo das Badezimmer sei.
    »Rechts rum, dann zweite Tür«, meint Toto, da der Hausherr beschäftigt ist.
    Es ist ein schmales Bad mit weißen Kacheln und einemsehr bunten Duschvorhang über der Badewanne. Auf der Ablage über dem Waschbecken stehen zwei Zahnbürsten in einem blauen Plastikbecher, daneben Zahncreme und ein paar Tuben, die definitiv nicht Diggo gehören. Das mit Miriam, das ist ernst.
    Stefan muss hier gar nichts erledigen, er setzt sich nur auf den Wannenrand und denkt nach. Durch die Wände wummern die Bässe. Stefan stellt sich vor, wie Anka ihn begrüßt. Wahrscheinlich wird sie erst mal sauer sein, aber er wird ihr alles erklären. Er malt sich das Gespräch aus und was danach kommt, versucht sich das Vorsprechen morgen vorzustellen und wie er in ein paar Wochen oder Monaten jeden Tag auf einem Set erscheint und Sätze sagt wie: »Mit Gefühlen spielt man nicht!«, oder was immer die in solchen Serien sagen. Fühlt sich fremd an, aber man gewöhnt sich an alles, denkt er.
    Als er endlich ins Wohnzimmer zurückkommt, stehen sich Diggo auf der einen und Stones und Karo auf der anderen Seite des Couchtisches gegenüber. Wegen irgendwas haben sie sich in der Wolle. Es geht darum, was Stones oder Karo über Miriam gesagt hat, die Diggo zu beruhigen versucht, so schlimm sei es nun auch nicht gewesen, aber bei aller Liebe lässt sich ein Diggo Decker nicht vorschreiben, worüber er sich aufzuregen hat oder nicht, nicht mal von der Frau, die ihre Bürste in sein Zahnputzglas und ihre Cremes neben sein Aftershave stellen darf. Also geht er um den Couchtisch herum, Stones weicht zurück und meint, Diggo könne ihn mal, und zwar kreuzweise, und da kann Diggo natürlich nicht anders und knallt Stones die flache Rechte seitlich an den Schädel. Stones fällt um, knallt mit dem Kopf gegen die Tür und bleibt liegen. Diggo fragt Karo, ob er noch was zu sagen habe, aber der starrt nur seinen auf dem Boden liegenden Kumpel an. Bon Scott brüllt: Watch me explode!
    Das ist jetzt nicht gut, denkt Stefan. Das ist gar nicht gut. Warum bin ich nicht einfach abgehauen?
    Diggo greift sich ein Bier und setzt sich wieder hin. Miriam streicht ihm über den Kopf. Stones liegt weiter da. Diggo trinkt, Angus Young spielt sein Solo, Diggo meint, die Schwuchtel solle mal wieder aufstehen, die Schwuchtel bleibt aber liegen. Diggo legt eine Hand auf Miriams Oberschenkel. Karo starrt. Toto leckt sich schweigend die Lippen. Stefan bricht der Schweiß aus, weil Stones sich nicht rührt. Stefan will jetzt keinen Alarm machen, nicht die Memme geben, aber Stones rührt sich einfach nicht. Da hebt und senkt sich auch der Brustkorb nicht, es sieht ganz so aus, als würde Stones nicht mehr atmen. Er blutet zwar nicht, aber das will ja nichts heißen, die inneren Verletzungen sind ja immer die schlimmsten, schweres Schädel-Hirn-Trauma, schießt es Stefan durch den Kopf, und wenn schon Fernsehen, drängt sich ein völlig unpassender Gedanke dazwischen, wäre eine Krimiserie eigentlich
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