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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest
Autoren: Frank Goosen
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für seinen Hintern. Wenn der aufs Klo gegangen ist, dann blieb der Hocker in der Arschfalte stecken und er kam kaum durch die Tür.«
    Toto muss kurz innehalten, weil er sich das bildlich vorstellt und schier platzen will vor Lachen.
    »Also, der sitzt da und schockt mit zwei anderen. Die saufen wie die Löcher, aber der Dicke wird nicht besoffen. Merkt man jedenfalls nicht. Weil sich das bei dem alles verteilt. Er hat schon eine Menge verloren, will aber weitermachen, bis er wieder im Plus ist. Die spielen übrigens ohne Reizen, in Gelsenkirchen, also ohne Kontra, Re und Bock.«
    »In Gelsenkirchen waren sie noch nie reizend«, sagt Diggo, und Toto muss wieder pausieren, weil jetzt allelachen müssen. Diggo entwickelt eine Vorliebe für Wortspiele, denkt Stefan.
    »So, und dann liegt der Dicke wieder hinten, die andern beiden sind Oberkante Unterlippe, und dann decken sie auf, der eine hat einen Schock Sechs, der andere eine Schwule Jule, und der Dicke hatte in den ersten beiden Würfen nur Mist und hat den dritten Wurf gemacht, ohne drunterzugucken. Und wie er den Becher hochhebt, läuft er knallrot an, denn da drunter liegt ein Schock Aus! Aus der Hand! Der Dicke brüllt noch: Schock Aus! Schock Aus! Schock Aus, Aus, Aus!, fällt vom Hocker und ist tot. Und was sagt der Wolli?«
    »Interessiert doch kein Schwein«, sagt Diggo.
    »Ist aber gut! Pass auf!«
    »Toto, ich sag doch, ich pass immer auf!«
    »Der Wolli sagt: Der Dicke hat seinen Deckel nicht bezahlt! Ist das ein Drecksack, der Wolli, oder nicht?«
    Alle sind sich einig, der Wolli ist ein Drecksack.
    »Totgeschockt!«, sagt Toto und lacht wieder. »Ich fass es nicht! Schock Aus, aber endgültig!«
    »Die Storys liegen auf der Straße, was Toto?«, sagt Stefan. »Oder auf dem Kneipenboden. Man muss sie nur aufheben.«
    »Verarsch mich nicht!«, sagt Toto ernst.
    Um der Gefahr zu begegnen, dass es jetzt zu gemütlich wird, sagt Diggo: »Okay, wir verlagern in meinen Turm. Da ist auch der Sprit günstiger.«
    Widerspruchslos zahlen sie ihre Deckel. Miriam sagt, sie müsse noch mal kurz zur Toilette. Also geht man schon mal raus und wartet vor dem Haus. Die anderen zünden sich Zigaretten an. Es ist noch immer warm, irgendwo dahinten geht die Sonne unter, über den Dächern goldenesLicht, wie beim Stahlabstechen. Konnte man früher schön sehen, denkt Stefan, wenn man abends die Kosterstraße nach Hattingen runtergefahren ist und an der Henrichshütte vorbeifuhr. Heiße, flüssige Romantik. Wenn man nicht gerade im tonnenschweren Asbestmantel direkt danebenstand.
    Stones flüstert Karo etwas ins Ohr, und beide lachen. Diggo hat die Hände in den Hosentaschen und scheint nachzudenken. Er zieht an seiner Zigarette, ohne sie aus dem Mund zu nehmen. Toto sieht aus, als müsse er sich beim Rauchen unheimlich anstrengen. Man sollte uns mit Bronze übergießen, denkt Stefan, das ginge glatt als Denkmal durch.
    Miriam kommt und hängt sich bei Diggo ein. Stefan schultert seine Tasche und schließt auf, weil er lieber beim Treckführer mitläuft als beim Fußvolk. Toto geht allein in der Mitte, Stones und Karo fallen ein wenig zurück. Sie kommen am Bergbaumuseum vorbei, und Stefan fragt sich, wann Frank Tenholt hier wohl Chef sein wird. Auf der Wiese davor haben sie in ihrer Grundschulzeit ihre Klassenspiele ausgetragen, heute liegen da rostige Kunstobjekte im Gras.
    Bis sie in der Fußgängerzone sind, sagt Diggo fast nichts, flüstert nur ein paarmal verliebt mit Miriam. Erstaunlich, denkt Stefan. Er dreht sich kurz zu Toto um, aber der blickt zu Boden. Stones und Karo erzählen sich was. Sie kommen an Menschen vorbei, die an Tischen sitzen und ihre entspannten Gesichter in die Abendsonne halten.
    Plötzlich fragt Toto: »Und was ist jetzt mit dir und Blondie?«
    »Du meinst Charlie.«
    »Was ist damit?«

    »Was soll sein?«
    »Na, alle reden über euch, Alter, und du lässt sie am langen Arm verhungern. Wie kann man so bescheuert sein?«
    »Habe ich mich auch manchmal gefragt. Aber das ist vorbei.«
    »Das geht doch jetzt seit zweihundert Jahren, also entweder ihr lasst es jetzt mal sein oder macht es amtlich.«
    »Hört sich ja an, als müssten wir gleich heiraten.«
    Miriam lacht und gibt zu Protokoll, dass Diggo und sie genau das demnächst vorhaben.
    »Ich bin auch nicht mehr der Jüngste«, erklärt Diggo, und Toto zeigt eine beeindruckende Darstellung des Begriffes »beredtes Schweigen«. »Nägel mit Köpfen. Beziehungsweise erst nageln, dann paar Köpfe
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