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Sommer mit Nebenwirkungen

Sommer mit Nebenwirkungen

Titel: Sommer mit Nebenwirkungen
Autoren: Susanne Leinemann
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Vereinslogo in die Weißbrotscheibe. Johann fand ihn unmöglich. Er hatte beim Einzug gewitzelt, sollten sie sich jemals trennen, müsste sie das blöde Ding unbedingt mitnehmen. Seine Bemerkung führte damals zu heftigem Geknuffe, danach zu Geknutsche, und dann waren sie im Bett gelandet. Wie verliebt sie gewesen waren. Nichts davon war übrig geblieben.
    »Schlüssel«, wiederholte Johann ungeduldig. Offenbar wollte er vom Hertha-BSC-Toaster nichts wissen. Was meinte er?
    »Welchen Schlüssel?«, fragte Sophie ratlos – und das war nicht gespielt. Der Psychotest war vorbei.
    Diesmal bekam Sophie eine ausführliche Antwort von Johann: »Diese Laura macht seit zwei Tagen das Hotel verrückt, jeder hat es mitgekriegt. Sie behauptet, es existiere ein ominöser Krötenraum – und du hättest den Schlüssel dazu. Den händigst du mir jetzt aus.«
    »Nein«, rief Sophie und fand ihre Sprache wieder. »Niemals! Dazu habe ich kein Recht. Und du hast auch kein Recht, dir so etwas herauszunehmen. Wer bist du denn?«
    »Ich bin der Vermittler, der Makler. Und ich muss doch wissen, was genau ich verkaufe.« Aalglatt und berechnend klang Johann jetzt.
    »Das ist ein uraltes Geheimnis!«, rief Sophie empört.
    »Und was ist dein Geheimnis? Wer ist denn der langhaarige Lockenkopf dahinten mit der Leiter? Das ist doch der Kerl von dem Foto. Wie lange läuft das schon? Den ganzen Urlaub? Hat er dir diese Flausen in den Kopf gesetzt?«
    Johann, dem man plötzlich seine ganze ungebremste Wut ansah, ging einen drohenden Schritt auf Sophie zu, holte aus, und schon dachte man – aber da war Paul dazwischengegangen. Die Männer waren gleich groß, gleich kräftig.
    »Aus dem Weg«, blaffte Johann. »Ich will den Schlüssel, sofort.«
    »Wehe, du fasst sie an«, zischte Paul zurück.
    Noch nie hatte Sophie die Aggression zwischen Männern so deutlich gespürt. Das Testosteron lag förmlich in der Luft, Hände wurden zu Fäusten geballt, und beide ließen sich nicht aus den Augen. Da spürte Sophie plötzlich, wie ihr jemand von hinten in die Hosentasche griff und den Schlüssel herauszog.
    »Ich habe ihn«, rief die Moderatorin beglückt. Dieses Aas. »Sie hatte den Schlüssel in der Hosentasche.«
    »Sie Scheusal!« Philipp versuchte nun, seinem prominenten Gast den Schlüssel zu entwinden, aber die hielt ihn hoch über ihren Kopf. Sie war größer als der Hotelchef. Und mit allen Wassern gewaschen.
    »Wir sind eine Erbengemeinschaft, Philipp, vergiss das nicht. Das Hotel gehört uns genauso wie dir. Ich will, dass dieser junge Mann alles zu sehen kriegt. Seine Pläne klingen doch ganz vernünftig. Er hat recht: Schau dir doch an, wie das Haus verkommt. Da sitzen verrückte Weiber bis zum Abendessen auf der Dachkante und warten, bis du mit der Leiter kommst«, mischte sich nun die Schwester in Loden ein.
    »Das ist keine Verrückte, das ist Laura«, murmelte von Studnitz.
    »Überhaupt, die Preise – es ist alles viel zu billig hier oben. Wenn ich sehe, wer sich alles einen ganzen Sommerurlaub hier leisten kann. Nein, unser Hotel, das Erbe unserer Eltern, ist ein Sanatorium für psychisch angeschlagene, gebärunfähige Weiber geworden. Kein Wunder, dass hier sonst keiner hinwill.« Mit großer Geste übergab die Moderatorin ihr den Schlüssel.
    »Bitte schön«, sagte sie und lächelte ihr perfektes Lächeln, und dabei wirkte ihre Nase unendlich zart und mädchenhaft.
    »Also, ich habe ihn. Nun verraten Sie mir bitte …«, die Schwester wandte sich Johann zu. »Warum wollen Sie so dringend diesen Krötenraum sehen? Nur der Vollständigkeit halber? Oder steckt mehr dahinter?«
    »Ja, wieso brauchen Sie den Schlüssel?«, wiederholte nun der schluffige Bruder. »Der Krötenraum hat doch nichts mit dem Hotel zu tun.«
    Johann zeigte auf Sophie.
    »In den letzten Tagen habe ich erfahren müssen, wie irrational manche Frauen sind. Gut ausgebildete Frauen, die ihr eigenes Geld verdienen, die mit einem wohlhabenden Mann liiert sind und denen das Leben allerlei Annehmlichkeiten bietet. Sie haben alles: eine tolle Wohnung, schöne Reisen, hochwertige Freizeit. Aber das ist manchen Frauen wie …«, er nickte nun zu Sophie hinüber, was sich etwas sonderbar ausnahm, denn sie sah mit ihrer wilden, verschwitzten Mähne im Moment wirklich nicht wie ein Luxusweibchen aus, »… nicht genug. Sie wollen mehr. Mit Materiellem schon gut versorgt, streben sie nun nach ein bisschen Seele. Ein wenig Spiritualität und Geheimnis. Eine angenehm esoterische
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