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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
Autoren: Hellmuth Karasek
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schönen Wein.« Wieder setzt er neu an: »Und am Nachmittag, da schlendern Sie die Bahnhofstraße entlang, gucken in die Schaufenster der wunderbaren Bekleidungsgeschäfte, in die Confiserien, wo es die beste Schokolade, das beste Konfekt und sehr guten Kaffee gibt.« Nach einem Moment sagt der Arzt auf einmal: »Ah, und am Abend, da müssen Sie unbedingt in den Zirkus gehen! Der wird Ihnen Ihre melancholische Laune sofort vertreiben. Dort tritt Grock auf, der große Clown Grock«
Darauf blickt ihn der Mann traurig an und sagt: »Aber ich bin Grock.«
     
    Mit ein bisschen Koketterie war das schon die Wahrheit. Wilder hat sich, als er mit der Monroe Some Like It Hot drehte, mit folgendem Galgenhumor über die immer schwierigere Dreharbeit mit dem Star gerettet: »Früher kam sie am Donnerstag, wenn am Dienstag gedreht werden sollte, jetzt kommt sie im Herbst, wenn die Dreharbeiten im Frühling sind.« Dann erzählte er viele unendlich lustige Schnurren über die Monroe und sagte: »Ich konnte während der ganzen Dreharbeiten nicht schlafen, weil ich vor lauter Stress Rückenschmerzen hatte.«
     
    Beim Witzeerzählen kommt es allerdings auch auf die Zuhörer an. »Ein guter Witz braucht nicht nur einen
     guten Erzähler, sondern auch einen guten Zuhörer.«

IST LACHEN DIE BESTE MEDIZIN?
    Der Volksmund sagt: »Lachen ist die beste Medizin.« Oder: »Lachen ist gesund!«
    Stimmt denn das? Ist es denn so, dass gleich der Sonne, die den Trübsinn vertreibt, das Lachen schlechte Laune, Schwermut, Depression und damit Krankheiten im Keim erstickt? Als noch die Lehre von den vier Temperamenten galt, die Menschen in Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker und Sanguiniker einteilte und Lebenssäfte für seelische und körperliche Eigenarten verantwortlich gemacht wurden, war der aufbrausende Choleriker noch von der gelben Galle und der triste Melancholiker von der schwarzen Galle bestimmt, der träge Phlegmatiker von Schleim, und der Sanguiniker mit seiner Springlebendigkeit und dem frisch pulsenden Blut verkörperte Leben und Gesundheit, Fröhlichkeit, Energie und Lachen.
    Lachen ist gesund, und Eckart von Hirschhausen hat, wenn er durch Witze zum Lachen inspiriert, durchaus auch therapeutische Ziele.
    Bei den Diskussionen vor dem gemeinsamen Abend »Ist das ein Witz?« habe ich dazu eingewandt, dass sich das Lachen in der Sprache eher zerstörerisch, krankmachend, schwächend, ja todbringend manifestiert:
    Man lacht sich tot, krank, kaputt, schief, scheckig, krumm, man lacht sich einen Ast (was das Gleiche wie bucklig ist), man »kann nicht mehr« vor Lachen, man platzt vor Lachen.
    Und Hirschhausen gab eine »ärztliche« Antwort: Das sei auch richtig, denn beim Lachen würde die Kontrolle über die Muskeln sozusagen außer Kraft gesetzt, sie entgleisen. Deshalb, er gab ein drastisches Beispiel, sei es nicht gut, wenn man zwei Möbelpackern, während sie ein Klavier die Treppe hoch ins dritte Stockwerk schleppen (in meinem Hinterkopf blitzte kurz ein Nebengedanke an Loriots Sketch »Ein Klavier, ein Klavier!« auf), einen Witz erzählen würde, sodass beide lachen müssten. Das würde dazu führen, dass sie die Kontrolle über das schwere, sperrige Klaviermöbel verlören, ein Unfall wäre die Folge.
    Wie gut, dass es inzwischen Kräne und Möbellifte gibt, auf die Möbelpacker sich beim Lachen verlassen können, dachte ich kurz. Aber zur Mechanik der Komik, also zu Henri Bergsons Theorie des Lachens, komme ich später.
    Ich denke, dass bei aller anatomischen Wahrheit über das Schieflachen, das Kranklachen, das Kaputtlachen die Sprache mit ihrer Treffsicherheit auch etwas berührt, was auf das psychologische »Außer-Rand-und-Band-Geraten«, das gesellschaftliche »Ich platze vor Lachen« zielt. Auf das »Dampfablassen« im Lachen, auf die Ventilfunktion.
    Wir lachen, um auch für den Moment des »befreienden Lachens« den gesellschaftlichen und moralischen Druck aufzuheben, der auf uns als Mitglieder von Familie, Sprache, Gemeinschaft lastet. Das ist gut –und ebenso gefährlich. Wie gefährlich, zeigen repressive Gesellschaften, Staaten, Kirchen, wenn sie den Druck des Witzes, seine Explosion im Gelächter fürchten. Es wäre so, als bestünde die Gefahr, dass der Karneval (die fünfte Jahreszeit, die des Spaßes, Gelächters, des Außer-Rand-und-Band-Seins) zur komischen Revolution würde – eine Spaßpartei, die eine Mehrheit erobert. Da sei Gott vor und der Ernst!
    Lachen befreit, und Lachen macht
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