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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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entsprechenden Anschlußstellen des Knotentunnels noch verschlossen. Wir bewahrten die Raumanzüge hier unten auf, weniger aus praktischen Überlegungen heraus als vielmehr infolge unserer Platzprobleme. Abgesehen von dem einigermaßen geräumigen Knotentunnel fühlte man sich überall in der Raumstation, als krabble man von einem überfüllten Camping-Wohnwagen in den nächsten.
    Als ich das Versorgungsmodul erreichte, in dem ich auch meine Reinigungsgeräte aufbewahrte, fand ich Tanaka vor, den stellvertretenden Kommandanten. Er verharrte vor den Anzeigekontrollen der Bord-Luftversorgung und studierte sie mit einer merkwürdig unangemessenen Intensität. Vielleicht war es aber auch nur ein Vorwand, um meine Anwesenheit ignorieren zu können. Seine Familie stammte ursprünglich aus Nagasaki, und er war auf Amerikaner nicht gut zu sprechen. Ich öffnete den Wandschrank und holte den Dampfreiniger heraus sowie eine Anzahl von Wischtüchern und einen Beutel für Abfälle, den ich am Gürtel befestigen konnte. Tanaka starrte noch immer auf die Kontrollen. Vielleicht hatten sie ihn hypnotisiert. Außerdem, zum Teufel, was hatte er hier unten eigentlich zu suchen? Er war Operator für Energiesysteme, und die Lebenserhaltungsaggregate waren verdammt noch mal mein Gebiet.
    »Stimmt etwas nicht, Sir?« fragte ich.
    Er wandte den Blick von den bunten Leuchtbalken ab und sah mich an, und er schien nicht ausgesprochen glücklich, mich zu sehen. »Die Luft auf der Brücke«, begann er zögernd. »Sie ist… stickig. Woran kann das liegen?«
    Stickig? Es klang, als hätte er eigentlich nach einem anderen Wort gesucht, das ihm aber nicht eingefallen war.
    In Gedanken ließ ich das komplexe Geflecht der zur Bordversorgung gehörenden Atemluftleitungen vor meinem inneren Auge vorüberziehen. Es gab tausend Dinge, an denen das liegen konnte. »Haben Sie Zirkulation auf der Brücke?« fragte ich.
    »Zirkulation?«
    »Ich meine, kommt Luft aus den Gittern der Klimaanlage?«
    Tanaka zog zischend die Luft zwischen den Zähnen ein und stieß sie wieder aus. Er sah aus wie der typische karrierebesessene Japaner, mager, nervös und immer angespannt. »Ich weiß nicht«, gestand er.
    Ich glitt näher und ließ meinen Blick über die Kontrollinstrumente gleiten. Luftdruck war überall normal, Durchfluß ebenfalls, die Temperatur war in Ordnung, und alle Querventile waren geöffnet. Es gab keinen sichtbaren Grund, warum die Luft in der Steuerzentrale stickig sein sollte und sonst nirgends. »Ich kümmere mich darum, Sir«, meinte ich schließlich. »Hier ist nichts außergewöhnlich. Ich komme nachher auf die Brücke und schau es mir an.«
    »Das wäre sehr freundlich«, nickte Tanaka. Ohne ein weiteres Wort hangelte er sich an mir vorbei und glitt hinaus.
    Ich starrte selber noch eine Weile auf die Kontrolltafel. Die Bordversorgungssysteme waren robust und ausgereift und hatten einen Perfektionsgrad erreicht, von dem die Astronauten der ersten Raumflüge nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Es war in den letzten Jahren kein Fall mehr bekanntgeworden, in dem die Lebenserhaltungssysteme irgendwelche ernsthaften Probleme bereitet hätten.
    Würde ein Saboteur an der Versorgung mit Atemluft herumfingern? Welchen Sinn konnte so etwas haben? Schließlich hing sein eigenes Leben ebenso davon ab wie das unsere.
    Ich griff nach meinem Dampfreiniger, der immer noch in der Nähe des Schotts durch die Gegend schwebte, und fing die umherdriftenden Wischtücher wieder ein. Zwecklos, sich verrückt zu machen. Ich betätigte den Schalter, der das Schott auffahren ließ.
    Draußen fing mich Yoshiko ab. Schon beim Herunterkommen war mir aufgefallen, daß das Schott zum Raumbeobachtungslabor offengestanden hatte; sie mußte mich bemerkt haben.
    »Und?« wollte sie wissen. »Was hat Moriyama gesagt?«
    »Daß ich mehr putzen soll«, log ich trocken.
    Sie sah mir mißtrauisch ins Gesicht. »Es ging nicht um uns?«
    Ich hielt ihrem Blick stand. Ich kann gut lügen, wenn ich es drauf anlege. »Das dachte ich zuerst auch, aber er hat es mit keinem Wort erwähnt. Dafür hat er mir eine Liste vor die Nase gehalten, so lang wie mein Unterarm, was er alles am Zustand der Station zu bemängeln hat.«
    »So desu ka? Na ja, um so besser.«
    Ich beschloß, das Thema zu wechseln. »Was treibst du gerade?«
    »Ach, ich starre mit dem Radioteleskop Cygnus A an und finde nichts, was nicht schon tausend Leute vor mir gefunden haben«, meinte sie geistesabwesend. »Ich hänge

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