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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dagegen (das unter Schwerelosigkeit interessanterweise sogar besser funktioniert) versucht nach wie vor, sich an gewohnten Strukturen zu orientieren. An Bord der NIPPON neigte man automatisch dazu, die große Solarfläche als ›Ebene‹ wahrzunehmen, über die sich die eine Hälfte der Station erhebt, während die andere Hälfte sich darunter zu befinden scheint. Ganz ›oben‹ war für uns das Crewdeck. Hier war das Modul angeflanscht, das die Steuerzentrale enthielt (die meistens ›Brücke‹ genannt wurde in Anlehnung an die Seefahrt), außerdem die beiden Wohnmodule. Das vierte Modul fehlte; während die beiden Wohnmodule einander genau gegenüber lagen, gab es gegenüber der Brücke nur einen kurzen Stummel, an dem zwei Manipulatorarme befestigt waren, die auf Sicht gesteuert werden konnten. Man benutzte sie meistens, um die Shuttles auszuladen, die an die Raumstation andockten. Die Koppelschleuse hierfür befand sich an der Stirnwand des Knotentunnels.
    Das nächste Deck war das Labordeck. Hier waren alle Ausbaumöglichkeiten ausgeschöpft; vier Module ragten in alle vier Himmelsrichtungen. Das Modul, das unter den Manipulatoren lag, also dem Sonnenlicht fast voll ausgesetzt war – im Gegensatz zu den anderen Modulen, die im Schatten der darüberliegenden Wohnzylinder lagen –, beherbergte das biologische Labor, in dem Versuche an Pflanzen und Tieren vorgenommen wurden. Zur Zeit hatten wir zwar keine Tiere an Bord, aber es gab eine Menge Käfige und Instrumente für entsprechende Versuche. Ein großer Teil der übrigen Laboratorien befaßte sich mit Mikrogravitations-Forschung.
    Etwas anderes, das man für viele wissenschaftliche Zwecke brauchen kann und das man im Weltraum praktisch kostenlos zur Verfügung hat, ist ein Vakuum von hervorragender Qualität. Am Ende eines der Module befand sich für Versuche im Vakuum eine freie Plattform, die über eine Schleuse bestückt und mit einem kleinen Manipulatorarm bedient werden konnte. Abgesehen davon brachte fast jedes Shuttle neue Versuche und die dazu erforderlichen Geräte mit; das zog immer ausgedehnte Umbauten in den Laboratorien nach sich und natürlich entsprechende Revierkämpfe zwischen Wissenschaftlern der verschiedenen Disziplinen. Zur Zeit beherbergten wir kleine Laboratorien für Strahlenphysik und Atmosphärenforschung.
    Das nächste Deck war das Maschinendeck, und das lag nun schon ›unterhalb‹ der Solarfläche – ›auf der dunklen Seite‹, wie wir zu sagen pflegten. Wenn man dort aus dem Luk schaute, war wirklich alles dunkel: kein Sonnenlicht erreichte diese Module, es war praktisch nur die Nachthälfte der Erde zu sehen, und die riesige Rückseite der Solarfläche war von erdrückend stumpfem, bleigrauem Glanz. Auch hier gab es vier Module. In einem waren die Anlagen zur Versorgung der Station mit Atemluft und Wasser untergebracht (natürlich gab es außerdem in jedem einzelnen Modul entsprechende Notaggregate, die so ausgelegt waren, daß sie das Überleben der Besatzung bis zum Eintreffen eines Rettungsshuttles ermöglichen konnten), in einem zweiten die Aggregate, die mit der Erzeugung der Sonnenenergie und der Übertragung auf die Erde zu tun hatten. Ein Modul beherbergte die Anlage, mit der die Solarfolie hergestellt werden konnte. Und es gab auch ein Labor hier, nämlich das zur Erd- und Raumbeobachtung. Die Raumstation bot jedoch, seit die Solarfläche so über alle Maßen gewachsen war, daß sie nun, egal wo man aus dem Fenster sah, die Hälfte des Sichtfeldes in Anspruch nahm, keine besonders guten Bedingungen für entsprechende Forschungsarbeiten. Sie waren auf der dunklen Seite untergebracht, weil auf der hellen Seite der Raumstation der strahlendweiße Glanz der Solarfläche die Beobachtungen noch mehr beeinträchtigt hätte. Für Beobachtungen des tieferen Weltraums stand ein fernsteuerbares Radioteleskop zur Verfügung, das in etwa zehn Kilometer Entfernung frei im Raum schwebte. Ich hatte allerdings noch nicht gehört, daß irgend jemand damit irgendwelche besonders aufregenden Dinge entdeckt hätte; die Beobachtung war wohl doch eher ein ungeliebtes Stiefkind der Raumstation.
    Am unteren Ende des Knotentunnels war der Turmausleger befestigt, ein fragiles, kirchturmgroßes Stahlrohrgebilde, an dessen Ende wiederum der Energiesender saß. Man hätte noch eine vierte Ebene einrichten können, bisher war dies aber noch nicht geschehen. In der ›untersten‹ Ebene gab es nur eine kleine Mannschleuse, ansonsten waren die

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