Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sokrats für Manager

Sokrats für Manager

Titel: Sokrats für Manager
Autoren: Andreas Drosdek
Vom Netzwerk:
folgendermaßen: »Sehen wir nicht häufig, dass manche Menschen, eben des-wegen, weil sie viel vor andern voraus haben, und sich ihrer Vorzüge und Kräfte zu sehr bewusst sind, in Sorglosigkeit und Trägheit verfallen, und dadurch zuletzt unvermögend werden, es mit ihren Gegnern aufzunehmen?«  Ruhe dich nicht auf deinen Talenten aus. Auch heute ist diese Haltung noch weit verbreitet. Gerade die High Potentials, die eine gute Erziehung und Ausbildung genossen haben und herausragende Talente besitzen, erliegen oft der Versu-chung, sich damit zu begnügen, ihre ungewöhnli-chen Erfolgschancen unreflektiert und ungenügend auszunutzen und lediglich irgendeine mittelmäßige Karriere zu machen, statt sich darum zu bemühen, gesamthaft in ihrem Leben ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Die Folgen sind nicht selten sogar Fehlverhalten und Karriereknicks. Wer sich selbst analysiert, dem fällt es nicht schwer zu erkennen, dass er noch vieles nicht wirklich weiß, dass es noch viele Bereiche gibt, in denen er Erfahrungen sammeln muss. In diesem Sinne ist die Selbsterkenntnis der Ausgangspunkt für einen fruchtbaren Lernprozess. Auch die moderne Lerntheorie beschreibt die Selbsterkenntnis als entscheidenden Anstoß zu echtem Lernen: Ein Mensch, der in einer bestimmten Fähigkeit nicht kompetent ist, wird sich nicht um eine Kompetenzerhöhung bemühen, solange er sich seines Mangels nicht bewusst ist. Deshalb ist der erste Schritt für erfolgreiches Lernen die Erkenntnis des eigenen Unwissens, dem wiederum ein Prozess der Selbstreflexion vorausgeht. Sokrates bezeugte, dass er diese Selbstanalyse vorgenommen hatte und nun ernsthaft echtes Wissen anstrebte: »Nur dies eine sonderbare Gute ha-be ich an mir, was mich noch erhält, ich schäme mich nämlich nicht zu lernen, sondern ich forsche und frage und bin jedem sehr dankbar, der mir antwortet, und habe noch nie jemanden diesen Dank entzogen. Denn ich habe noch nie verleugnet, wo ich etwas gelernt hatte, und etwa das Gelernte für das Meinige ausgegeben als hätte ich es erfunden.«
    Sokrates war lernbereit, weil es ihm darum ging, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Er war bescheiden genug, zu wissen, dass er dieses Un-terfangen nicht alleine bewältigen konnte, sondern dafür auch anderer Menschen bedurfte. Er versicherte aber allen, die ihm bei seiner Suche nach wahrer Erkenntnis halfen, dass er ihren Beitrag nicht einfach vereinnahmen würde. Sokrates war immer bereit, den Menschen, die die Quellen seiner Erkenntnis waren, auch die entsprechende öffentliche Anerkennung zukommen zu lassen. Wer immer ihm zu mehr Erkenntnis verhalf, musste also nicht befürchten, dass Sokrates dieses Wissen als sein eigenes ausgeben und die Menschen verleugnen würde, die ihm zu seinem Wissen verholfen hatten. Allein eine solch ehrliche Einstellung von »Ehre wem Ehre gebührt« würde den Wissensfluss in vielen Unternehmen wesentlich erhöhen und beschleunigen.
    Sei offen für Neues und stets bereit, von anderen zu lernen.

    Wer in unserer Wissensökonomie Menschen erfolgreich führen will, muss auf authentische und glaubwürdige Art eine natürliche Autorität zum Ausdruck bringen. Er hat es mit hochintelligenten Mitarbeitern zu tun, die er nur noch bedingt manipulieren kann. Diese Mitarbeiter brauchen einen Vorgesetzten, den sie respektieren können. Sokrates war solch ein Mensch. Den Blendern und Selbstdarstellern seiner Zeit war er wegen seines Scharfsinns und seiner Scharfzüngigkeit verhasst. Einer dieser Gegner war Kritias, der erst ein Schüler Sokrates war und ihn hoch achtete. Als er sich aber zum Führer der dreißig Tyrannen aufschwang, die kurzfristig in Athen die Macht an sich rissen und deren Säuberungsaktionen schätzungs-weise 1500 politische Gegner, vor allem Demokra-ten, zum Opfer fielen, verabschiedete er umgehend ein Gesetz, das öffentliches Philosophieren verbot. Kritias hatte mit diesem Gesetz vor allem Sokrates im Auge. Er hatte ja bereits gelernt, dass er diesen nicht mit überzeugenden Argumenten würde widerlegen können. Von den Menschen jedoch, die bereit waren, sich für das Wohl aller einzusetzen und denen es um die Wahrheit und nicht um Selbstdarstellung und die eigenen Vorteile und Privilegien ging, wurde Sokrates stattdessen als großer Lehrer und Freund verehrt, allen voran von Platon, der selbst prägenden Einfluss auf die Nachwelt haben sollte.
    75
    Die Suche nach Wahrheit und Lebenssinn  
    Für Sokrates bestand die Hinwendung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher