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Sokrats für Manager

Sokrats für Manager

Titel: Sokrats für Manager
Autoren: Andreas Drosdek
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nicht falsch, von den Menschen, die sich in besonderer Weise mit einem Thema befasst haben oder eine hohe Position erreicht haben, qualifizierten Rat zu erwarten. Was aber auf jeden Fall falsch ist, ist es, diesen Rat dann keinerlei Überprüfung mehr zu unterziehen. Genauso falsch ist es auch, die Meinung von Menschen in niedrigeren Positionen ungeprüft als irrelevant abzutun. Gerade in den Meetings, in denen Menschen unterschiedlicher Hierrarchiestufen aufeinander-treffen, kann sich nur dann ein fruchtbarer Gedankenaustausch entwickeln, wenn es nur um die jeweiligen Sachverhalte geht und nicht um Profilierungssüchte oder das automatische Einknicken vor den Vorschlägen höherrangiger Teilnehmer. Wer wirklich einen positiven Beitrag zur Wis-sensvermehrung im Unternehmen beitragen will, muss persönliche Interessen zurückdrängen und sich nur um sachlich produktive Beiträge bemühen. Vor allem die üblichen »Hahnenkämpfe« (an denen sich durchaus auch manche weiblichen Manager beteiligen) bringen in dieser Hinsicht wenig. Für Sokrates war die ehrliche Absicht aller, den Dingen ernsthaft und unvoreingenommen auf den Grund zu gehen, so entscheidend, dass er andere Gespräche, bei denen es nur darum ging, sich auch auf Kosten der Wahrheit zu profilieren, schlicht für Zeitverschwendung hielt. Sokrates kannte bei der Wahrheitssuche kein Ansehen der Person. Er war aber immer gerne bereit, sich belehren zu lassen, und offen für überzeugende Gegenargumente: »Und wäre der Fragende einer von jenen Weisen, Streitkünstlern und Wort-fechtern, so würde ich ihm sagen, ich habe nun gesprochen, und wenn ich nicht richtig erklärt habe, so ist nun deine Sache das Wort zu nehmen und mich zu widerlegen.«
    Sei stets offen für Gegenargumente.

    Die zweite Wende :
    Der Mensch im Mittelpunkt
    Selbsterkenntnis als Grundlage für richtiges Handeln
    »Erkenne dich selbst!« lautet die berühmte Inschrift über dem Eingang des Apollontempels in Delphi. Dieses Motto machte sich auch Sokrates zu seiner Lebensaufgabe. Die frühen Philosophen hatten den Blick nach außen gerichtet. Sie wollten ergründen, wie die Welt um sie herum gestaltet war. Deshalb galt ihr Interesse dem Wesen des Kosmos und den Gesetzmäßigkeiten der Natur. Als Erste brachen die Sophisten mit dieser Hinwendung zur Naturphilosophie. Ihr Streben galt dem unmittelbaren menschlichen Erfolg im traditionellen Sinne, seiner Karriere, seiner Fähigkeit, Macht und Einfluss über andere auszuüben. Erst Sokrates konzentrierte sich auf den Menschen selbst: Wie sollte ein Mensch leben, was sollten seine Lebensziele sein, was ist unter einem gesamthaft geglückten Leben zu verstehen? Selbsterkenntnis war für ihn ein wichtiger Bestandteil der Hinwendung zum Menschen.
    Erkenne dich selbst!
    Anscheinend kannte Sokrates seine persönlichen Schwächen, denn er legte großen Wert darauf, sich selbst zu disziplinieren. So zeichnete er sich als Soldat im Peloponnesischen Krieg durch Tapferkeit und extreme Bedürfnislosigkeit aus: Es machte ihm zum Beispiel nichts aus, lange Strecken barfuss zu-rückzulegen. Oder er weigerte sich, die Geldge-schenke anzunehmen, die ihm seine Freunde und Anhänger gerne gegeben hätten. Als ihm ein Bewunderer ein größeres Haus schenken wollte, lehn-te Sokrates dies mit der Begründung ab, er wolle sich nicht durch zu viele weltliche Güter beschweren. Sokrates wollte in seinem Streben nach Wahrheit und seiner Hilfe für andere, die Wahrheit zu finden, nicht von den üblichen menschlichen Be-dürfnissen und Begierden behindert werden. Für ihn bestand das Leben vor allem aus einem Streben nach Selbsterkenntnis, gefolgt von darauf aufbauendem richtigem Handeln: »Und wenn ich wiederum sage, dass ja eben dies das größte Gut für den Menschen ist, täglich über die Tugend sich zu unterhalten, und über die andern Gegenstände, über welche ihr mich reden und mich selbst und andere prüfen hört, ein Leben ohne Selbsterfor-schung aber gar nicht verdient gelebt zu werden, das werdet ihr mir noch weniger glauben, wenn ich es sage.«
    Das ungeprüfte Leben ist nicht lebenswert.
    Für Sokrates gehörte die gründliche Selbstanalyse auch zu einer der Grundvorbereitungen auf wichtige Führungsausgaben. Obwohl Athen ein Zen-trum an herausragenden Politikern, Künstlern und Denkern war, konnte es seine Vormachtstellung im Griechenland seiner Zeit nicht behaupten. Gegenüber dem Sohn des berühmten Perikles erklärte Sokrates diesen Niedergang
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