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Söhne und Planeten

Söhne und Planeten

Titel: Söhne und Planeten
Autoren: Clemens J. Setz
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über seine Schulter hinweg noch mit den beiden im Flur sprach, aber als er mich bemerkte, blieb er mitten in der Bewegung stehen, blickte zu Boden und nickte, als wollte er sagen: Ich verstehe, deswegen …
    Nina kam ins Zimmer.
    – Das hättest du ja sagen können, sagte er.
    – Ich muss dir überhaupt nichts sagen, sagte Nina.
    – Wieso … Ich meine ja nicht – nein, das ist doch in Ordnung, verstehst du? Ganz in Ordnung. Hallo, Bernd –
    Er reichte mir seine Hand und wir drückten einmal um die Wette. Er gewann.
    – Victor, gestand ich.
    – Interessanter Name, sagte er. Ich kenne einen, der heißt sogar –
    Nina zog ihn am Arm. Er reagierte sofort.
    – Aber was denn … Darf ich jetzt nicht einmal mehr –
    Sie ließ ihn los.
    – Du kannst nicht mehr so einfach reinkommen und –
    – Hab ich denn irgendwas getan, Himmelherrgott? Ich stör euch ja schon nicht mehr. So unwiederbringlich wird der Moment schon nicht gewesen sein.
    – Red nur so weiter und …
    – … und ich darf meinen Sohn nicht mehr sehen. Meinst du das?
    – Das hab ich nicht gesagt, sagte Nina und man sah, wie sehr sie sich bemühte, sachlich zu bleiben.
    Beherrschte sie sich wegen mir? Einen Augenblick lang hielt ich diese Annahme für möglich und es schmeichelte mir. Dann allerdings betrat das Wunderkind den Raum, und sein Vater nahm ihn vom Boden hoch.
    – Niemand wird mir irgendwas verbieten, sagte er, leise und angriffslustig, über die Schulter des Kindes hinweg.
    Nina schwieg und ich setzte mich wieder. Diese Geste kam mir unerhört mutig vor, aber Bernd bemerkte mich gar nicht. Auf dem Tisch lag immer noch das Buch über die Gralslegende. Vorsichtig schob ich es über Ninas Zeichnung.
    – Wohin soll’s gehen?, fragte Nina schließlich.
    – Liest du keine SMS?, konterte Bernd. In die Ritter-Ausstellung. Hab ich dir doch geschrieben.
    – Aber Ritter sind nicht dasselbe wie –
    – Ja, jaja, ich weiß schon, sagte Bernd.
    – Andreas soll doch –
    – Willst du mir wirklich damit kommen?, sagte Bernd, der seinen Sohn immer noch im Arm hielt, allerdings schon etwas entspannter. Warum verbietest du mir nicht gleich, ihn zu sehen …
    Andreas schien gar nicht auf das Gespräch zu achten. Er sah einige Male zu mir herüber. Vielleicht suchte er auch nur sein Buch.
    – Muss denn alles immer darauf hinauslaufen, dass –
    – Hör zu, sagte Bernd ein wenig bestimmter, ich würde dieses Gespräch ja gern fortsetzen, aber irgendwann wollen wir heute noch los. Je länger das hier dauert, desto später bring ich ihn nach Hause.
    – Erpresser, immer noch der gleiche Erpresser, sagte Nina und wandte sich ab.
    Sie hielt die Hände hoch: Gut, ich gebe mich geschlagen. Tut doch alle, was ihr wollt. Sie warf mir überraschenderweise einen harten Blick zu. Ich sah schnell auf die Zeichnung, aber da war das Buch mit einem stilisierten blutverschmierten Kelch auf dem Umschlag.
    Bernd ging mit Andreas aus dem Zimmer. Nina folgte ihnen. Gleich darauf kam sie wieder und setzte sich zu mir.
    – Jetzt lässt er sich auch noch die neuen Bücher zeigen. Als würde ihn das interessieren! Er will nur Zeit schinden. Deswegen auch das Gespräch. Lächerlich.
    Sie zog die Beine an und legte ihr Kinn auf die Knie. Das Gralsbuch lag zwischen uns. Sie betrachtete es und schien die Zeichnung ganz vergessen zu haben.
    Wir schwiegen. Sie sah auf die Uhr und wippte nervös hin und her.
    – Gott, was kann denn so lange dauern.
    – Vielleicht will er einfach, so lang es geht –
    – Ja, das behauptet er auch. Die offizielle Version. Sie nahm Andreas’ Buch hoch und erschrak.
    – Nein, nicht doch … das verschmiert doch alles …
    Ich hab ihm sicher schon hundertmal gesagt …
    Und sie radierte mein rechtes Ohr aus, das fleckig geworden war. Ich ließ die Zeit genüsslich verstreichen, bis es unmöglich geworden war zuzugeben, dass ich das Buch auf die Zeichnung gelegt hatte, dann entspannte ich mich in meinem Sessel. Schritte im Vorraum unterbrachen Nina bei ihrer Ausbesserungsarbeit und sie ging noch einmal hinaus.Diesmal ließ sie die Tür offen und ich hörte die hohe Stimme von Bernd:
    – Ist doch in Ordnung, jetzt beruhig dich. Sagt ja niemand was.
    Darauf zischte Nina etwas, vermutlich eine Drohung oder zumindest eine energische Zurechtweisung.
    – Gut, gut, was denn noch, sagte Bernd. Soll ich vielleicht noch einmal reingehen und vor dem da so tun, als wären wir verheiratet? Würde das die Dinge beschleunigen?
    Wieder zischte Nina etwas
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