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Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Titel: Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt
Autoren: Susanne U. Wiemer
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von einem Augenblick in den anderen, mühelos, auch wenn sich die Augenblicke gegeneinander verschoben, wenn sich die Kette verwirrte. Jetzt war immer jetzt. Gestern und morgen existierten nicht, außer in den unbewußten Speichern des Instinkts. Zeit existierte nicht ...
    Von den Geschöpfen, die die Stufe der Bewußtheit erreicht hatten, wurde die Insel gemieden.
    Eine dunkle Furcht aus den Tiefen von Erinnerung und Erfahrung. Die Hitzeschleier des Mittags signalisierten Gefahr. Das gleißende Mondlicht der Nächte signalisierte Gefahr, der metallene Glanz des Wassers, die Spiegelbilder der Sterne. Eine fremde Sphäre ... Ein Tor in eine andere Welt ... Das Gespür der Meerwesen war unbestechlich, und da sie das Phänomen nicht begreifen konnten, machten sie den Platz in ihrer einfachen Mythologie zum Reich der toten Seelen.
    Jenseits ...
    Ein Riß im Gewebe der Zeit, im Gewebe der Welt ...
    Dort, wo die Schalen der Zeit sich in einem Knotenpunkt ihrer Krümmungen trafen, durchlässig wurden und ineinander übergingen, entstand eine unsichtbare Brücke, die überallhin führte. Vor mehr als zweitausend Jahren hatten die Menschen es geahnt - und gefürchtet. Aber zweitausend Jahre hatten nicht ausgereicht, um das Geheimnis zu enträtseln.
    Unsichtbare Schleier, die Welten trennten.
    Unsichtbare Brennpunkte, an denen sich die Fächer zukünftiger Möglichkeiten öffneten und die Linien der Vergangenheit verschlangen.
    Der Riß klaffte weit.
    Eine Falle für den Ahnungslosen. Ein Fenster zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für die Eingeweihten und ein Instrument, das diejenigen zu handhaben verstanden, die mit dem Geheimnis der Zeit vertraut waren.
    *
    Mit zusammengebissenen Zähnen sah Charru den drei Flugzeugen entgegen.
    Sein Herz hämmerte hart gegen die Rippen. Bitterkeit und Zorn überfluteten ihn wie eine Woge. Zu spät! Sie hatten keine Chance mehr, die Insel zu erreichen. Schon dröhnte das Heulen der Triebwerke gleich einem Orkan in seinen Ohren, ließ seinen Schädel schmerzen, seine Trommelfelle vibrieren ...
    »Charru! Charru!«
    Robins Stimme, dünn und hoch vor Schrecken. Taumelnd lief der Blinde auf den jungen Barbarenfürsten zu, dem er wie niemandem sonst vertraute. Charru fing ihn auf, spürte die Kinderarme, die sich an ihn klammerten, und das Zittern des schmalen Körpers. Ohne die heranrasenden silbernen Pfeile aus den Augen zu lassen, umfaßte er beruhigend Robins Schultern. Der Junge hielt den Atem an, verkrampfte sich und Charru durchzuckte flüchtig der Gedanke, daß es nicht die Flugzeuge waren, die das Kind so erschreckten.
    Unsinn, dachte er im nächsten Moment.
    Sie waren alle wie erstarrt vor Entsetzen. Es gab keinen Ausweg mehr, nichts konnte das Verhängnis aufhalten. Minuten noch! Die Piloten hatten sie entdeckt, die Flugzeuge hielten genau auf das Schiff zu und ...
    »Schneller!« stammelte Robin. »Schneller!«
    Einen Herzschlag lang glaubte Charru fast, daß der Junge den Verstand verloren habe.
    Lara glitt neben ihn, einen Ausdruck verzweifelter Ratlosigkeit in den Augen. Jemand stöhnte dumpf auf. Karstein, Gillon und Brass hatten in einem Impuls ohnmächtiger Wut zu den Lasergewehren gegriffen. Yattur schrie etwas in der Sprache seines Volkes, das genausogut ein Fluch wie ein Gebet sein konnte. Und Robin riß sich mit einer jähen Bewegung los, warf den Kopf hoch und schien förmlich zu versteinern.
    »Jetzt,« flüsterte er. »Da ...!«
    Charru folgte seiner Blickrichtung - und zuckte wie unter einem Hieb zusammen.
    Vor ihm zogen sich die Umrisse der Insel auseinander, als blicke er durch eine gigantische kristallene Linse. Seine Ohren dröhnten. Er hörte Yattur schreien und spürte, wie das Schiff abrupt seine Fahrt verminderte. Eben noch hatte ihm eine kräftige Brise das Haar ins Gesicht geweht, jetzt fühlte er das bleierne Gewicht der Flaute, als stürze etwas über ihm zusammen. Ringsum schimmerte das Meer in schmerzhaft weißer Helligkeit. Die Insel floß auseinander, füllte den Horizont, und dieser Horizont schien sich in einer gespenstischen Vision um das Schiff zu biegen.
    »Charru! Was ist das? Ich kann mich nicht mehr orientieren!«
    Yatturs Stimme.
    Fern und verzerrt, nur mühsam zu verstehen. Charru wollte herumfahren, doch die Kraft, die vor ihm die Insel in ein Zerrbild verwandelte, schien ihn festzuhalten. Wie Glockenschläge dröhnten die Worte in seinen Ohren wider.
    »Charru ...«
    »Was ist das ... ist das ...«
    »Ich kann mich - nicht - orientieren
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