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Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung

Titel: Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Haß, den er so lange beherrscht hatte. Bar Nergal! Der Priester der Schwarzen Götter! Zweihundert Jahre Furcht und Terror, alles, wogegen er sein ganzes Leben lang gekämpft hatte! Der Haß überwältigte ihn. Er war sich kaum bewußt, daß er vorwärts stürzte, sich auf den keuchenden, geifernden Greis warf, mit verzweifelter Wut die Linke um den dürren Hals krallte, während seine Rechte zum Griff des Schwertes zuckte.
    »Charru! Nein!«
    Camelo von Landres Stimme durchdrang den Fiebernebel. Charru fühlte sich zurückgerissen, spürte die Faust, die mit eisernem Griff seinen Schwertarm umklammerte. Auch Gerinth war da, der Älteste der Stämme. Seine Augen waren ruhig wie immer, und er schob sich zwischen den stöhnenden Greis und den jungen Mann, dessen ganzer Körper vor Zorn zitterte.
    »Nein, Charru! Auch die Priester sind unsere Brüder, auch sie nur Opfer. Du selbst hast es gesagt, Fürst!«
    Der rote Schleier wich.
    Charru schob das Schwert zurück in die Scheide und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Ich hätte ihn getötet«, sagte er tonlos.
    »So, wie er Arliss tötete. Der Haß ist in uns allen, Fürst.«
    Charru schüttelte den Kopf, wie um sich aus einem Bann zu befreien. Die Woge des Hasses verebbte, machte wieder der Wirklichkeit Platz, den einfachen, unabweisbaren Notwendigkeiten des Überlebens.
    »Ich bin kein Fürst mehr. Das Königtum von Mornag ist tot. In dieser Welt gibt es keine Fürsten.«
    »Das Königtum von Mornag lebt in dir«, sagte Gerinth ruhig. »Du hast den Weg in die Freiheit gefunden. Du bist unser gewählter Führer. Vergiß nicht, daß auch die Priester und die Tempeltal-Leute dir folgen.«
    Charru nickte langsam.
    Ja, auch die Priester folgten ihm - noch!
    Ayno, der jüngste der Akolythen, hatte ihm den Treueeid geleistet, als er ihn in der Klinik der Universität vor einem schrecklichen Schicksal rettete. Die wenigen Überlebenden der Priesterkaste und die Menschen aus dem Tempeltal fürchteten ihn - vielleicht, weil sie immer noch glaubten, daß es die Schwarzen Götter gewesen waren, die er in dem geheimnisvollen Felsentor unter dem Mondschein besiegt hatte.
    Aber es war kein Gott gewesen, dem Charru von Mornags Schwert im Schatten jenes Tores den Tod gebracht hätte.
    Nur ein Bürger des Mars. Ein vermummter, maskierter Mensch, ein wehrloser Mann, der Befehlen gehorchte und der sinnlos gestorben war. Genauso sinnlos wie jene Menschen, die die Priester den Schwarzen Götter geopfert hatten.
    So viele Tote!
    Charru glaubte wieder, den Saal des Museums vor sich zu sehen, Wächter, die Entflohene töten wollten, den roten Feuerstrahl des Lasergewehrs, der in die Kuppel des Mondsteins schnitt und eine ganze Welt zusammenstürzen ließ. Wenige hatten überlebt. Nicht mehr als hundert. Aber die unter den Trümmern des Mondsteins waren nicht sinnlos, nicht umsonst gestorben. Mit ihrem Blut hatten sie den Preis für die Freiheit ihres Volkes bezahl. Und für diese Freiheit würden auch die Überlebenden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.
    Charru atmete tief durch.
    Gerinth hatte recht: das Königtum von Mornag war nicht tot. Mornags Königswürde war in all den Jahrhunderten mehr gewesen als Spielzeug und Studienobjekt der Marsianer. Es war das Erbe von Charrus Vätern. Es war seine Ehre und die Bürde auf seinen Schultern. Es war die Treue und das Vertrauen der Menschen, die sich um ihn scharten, die auf ihn hofften, die auf ihn als ihren Führer blickten.
    Wußte er, wohin er sie führen sollte?
    Zu den Singhal-Klippen, ja. An jenen Ort jenseits der Wüste, wo es Wasser gab.
    Und dann?
    Sinnlos, darüber zu grübeln.
    Die Marsianer glaubten nicht, daß man die Wüste zwischen Kadnos und den Singhal-Klippen zu Fuß durchqueren konnte, also würden die Polizeijets nicht nach ihnen suchen. Das war die Hoffnung des Augenblicks. Und was später kam - wenn es soweit war, würden sie es sehen.
    »Weiter!« sagte Charru rauh.
    So wie ein dutzendmal in den letzten Stunden: Weiter, weiter...
    Schwerfällig setzte sich der Zug wieder in Bewegung.
    Zwei Tempeltal-Leute nahmen Bar Nergal in die Mitte. Camelo von Landres blieb in ihrer Nähe. So hatten sie es besprochen, denn von ihm, dem Sänger mit der Grasharfe neben dem Schwert am Gürtel, war noch am ehesten Geduld mit dem Oberpriester zu erwarten. Auch die Frauen und Kinder, die Alten und Schwachen, die Verletzten und Verängstigten bildeten solch kleine Gruppen, Jeweils von ein oder zwei Kriegern angeführt, die
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