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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
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der glatte einteilige Anzug. Das schmale, aristokratische Gesicht mit der scharf gebogenen Nase und den grauen Augen zeigte nur maßvolles Interesse. Er hatte den Film zu oft gesehen. Aber seinem Gast von der Venus war er neu, da er nur in wenigen Exemplaren im Staatsarchiv der Universität von Kadnos verwahrt wurde.
    Conal Nord seufzte auf. Der Venusier trug eine graue Tunika und die Kette um den Hals, die ihn als Gouverneur und Generalbevollmächtigten des Rats der Vereinigten Planeten auswies. Sein Schiff war erst vor wenigen Tagen gelandet. Die Reise diente der Wissenschaft, dem Frieden. Auch auf der Venus sollte ein eigenes Projekt Mondstein entwickelt werden. Das Studium irdischen Lebens war wichtig. Nur einer Gefahr, die man kannte, war vorzubeugen. Was damals zu der großen Katastrophe geführt hatte, durfte nicht vergessen werden. .
    »Wünschen Sie eine Erfrischung, bevor wir uns den Mondstein ansehen?« fragte Simon Jessardin.
    »Ah, nein«, Der Venusier lächelte. »Ich bin zu neugierig. Glauben Sie wirklich, daß es Ihnen gelungen ist, die alten irdischen Verhältnisse zu rekonstruieren?«
    »Fragen Sie den wissenschaftlichen Leiter. Das Projekt ist noch im Anfangsstadium. Zwei unterschiedliche Volksgruppen einer Prägung, wie sie zur Zeit der großen Katastrophe schon nicht mehr existierten. In ihrer abgeschlossenen, begrenzten Welt lassen sich die Faktoren, die zu Krieg und Gewalt führen, genau studieren.«
    »Und Sie können in den Ablauf eingreifen?«
    »Wir greifen ständig ein. Hauptsächlich auf dem Umweg über sehr reale Göttergestalten, die uns garantieren, daß sich die Dinge wunschgemäß entwickeln. Aber kommen Sie! Das Museum ist gleich nebenan.«
    Zwei Wächter mit geschulterten Strahlenwaffen begleiteten die beiden Männer.
    Türen glitten auseinander, in dem gewölbten Korridor schalteten sich die Leuchtwände ein. Der Präsident ging voran, und ein gewisser Stolz zeichnete seine Züge, als er den Kuppelsaal betrat, den sie bereits auf der Leinwand gesehen hatten.
    »Der Mondstein. Vor knapp zweihundert Jahren entdeckt - als Medium der Mikro-Transzendenz. Jeder Gegenstand und jeder Mensch, der die Schleusen passiert, wird genau im gewünschten Maß verkleinert, ohne sich sonst zu verändern. Eine Mikro-Welt. Ein wissenschaftliches Wunder.«
    Der Venusier runzelte die Stirn, als er an die glänzende Halbkugel herantrat.
    Das Material erschien ihm wie Glas, aber er wußte, daß es nur von außen durchsichtig war. Die Barbaren unter dem Mondstein ahnten nicht, daß es außerhalb ihrer Welt noch etwas anderes gab. Der ersten Generation hatten die Wissenschaftler das Gedächtnis genommen. Jetzt lebten ihre Nachfahren unter der Kuppel, von Flammenwänden umgeben. Der Venusier betrachtete den Ring aus loderndem Feuer, die kahle Ebene, die Mauer, die das Hochtal mit dem Gewirr der Häuser und glänzenden Tempelbauten abschloß.
    Menschen wimmelten auf den gepflasterten Straßen.
    Winzige Spielzeug-Figürchen. Der Venusier folgte ihren raschen Bewegungen mit den Augen und schüttelte staunend den Kopf.
    »Unglaublich! Bereits eine Hochkultur, nicht wahr?«
    »In gewisser Weise ja. Auf der Erde gab es ähnliche Gesellschaftsordnungen: Inkas, Azteken, Maya. Die Bewohner des Tieflands gehören einer anderen Rasse und einem anderen Kulturkreis an.«
    »Und sie führen Kriege untereinander?«
    Der Präsident nickte. »Das letzte Mal, als wir eine Dürre auslösten und die Tiefland-Bewohner das Tempeltal stürmten, wo es noch Wasser gab. Jetzt läuft das Experiment einer religiösen Spaltung. Wir haben dafür gesorgt, daß die herrschende Priesterkaste die bei den Tiefländern übliche Feuerbestattung zur Häresie erklärt und mit der Todesstrafe bedroht.«
    Der Venusier hob die Brauen. »Und Sie glauben ernstlich, über diesen Standpunkt könnte ein Krieg ausbrechen?«
    Simon Jessardin blickte auf die Ebene unter der glänzenden, gewölbten Kuppel. Seine Augen hingen an einem winzigen Figürchen, das am äußersten Rand des felsigen Plateaus stand und in die Flammenwand starrte, die dort seit fast zweihundert Jahren loderte. In einiger Entfernung von der kleinen Gestalt kauerte ein zweites Figürchen, an einen Steinblock gelehnt. Ein Figürchen in einem weiten dunkelblauen Mantel, einen schimmernden Metallreif im langen schlohweißen Haar.
    »Es wird Krieg unter dem Mondstein geben!« sagte der Präsident der Vereinigten Planeten nachdrücklich. »Wenn Sie Glück und ein wenig Geduld haben, können
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