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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold
Autoren: Jane Nickerson
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und mich nicht nur halb angezogen fühlen, wenn die obere Hälfte meines Busens nicht bedeckt war. Zum Glück konnten Harry und Junius mich nicht so sehen. Ich musste allerdings zugeben, dass ich elegant und hübsch aussah.
    Mrs Duckworth öffnete eine Schublade mit modischem Zubehör wie Strümpfen und Taschentüchern, Spitzenhandschuhen und Halbhandschuhen und zog ein Paar Strümpfe heraus. Als sie sich mühsam hinkniete, um mir hineinzuhelfen, berührte ich sie an der Schulter. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, mir zu helfen. Und dass Sie dieses hübsche Zimmer für mich hergerichtet haben. Wurde das alles extra für mich neu gemacht?«
    Sie blickte rasch auf den Strumpf in ihrer Hand, aber ich sah noch den Schatten, der sich auf ihr Gesicht legte. Es dauerte einen Augenblick, bevor sie antwortete. »Das Zimmer wurde vor elf Jahren von der Frau des Masters hergerichtet – Madame Tatiana. Sie hatte einen sehr guten Geschmack, starb aber kurz nach der Heirat.«
    Â»Das tut mir leid. Monsieur de Cressac hat ihren Tod in keinem seiner Briefe erwähnt.«
    Â»Das glaube ich gern, hat ihn ihr Tod doch in tiefe Trauer gestürzt. Der Master hatte kein Glück mit seinen Ehen. Madame Tatiana war ein entzückendes Mädchen und mein Liebling. Sie war Russin und sprach nur wenig Englisch, war in ihrer fremdländischen Art aber ausgesprochen wohlerzogen. Sie starb im Wochenbett und das Baby gleich nach der Geburt.«
    Mein Vater war der Meinung gewesen, Madame de Cressac sei Französin, aber da musste er sich wohl getäuscht haben. »Es tut mir leid«, wiederholte ich.
    Ich schlüpfte in Satinschuhe und Halbhandschuhe aus schwarzer Spitze und dann führte Mrs Duckworth mich die verwinkelten Flure und die breite Treppe hinunter in den Speisesaal.

Kapitel 3
    ABENDESSEN MIT MONSIEUR
    M. de Cressac saß auf einem thronähnlichen Stuhl am Kopfende des Esstischs, als ich den Speisesaal betrat. Wieder war ich beeindruckt, wie gut er aussah. Er wies mit der Hand auf einen Stuhl gleich neben seinem an der Längsseite des Tisches. Dicht beieinander und ganz allein saßen wir zwei am Ende einer auf Hochglanz polierten, scheinbar meilenlangen Tischplatte.
    Er zeigte zur Decke, zwei Stockwerke über uns. »Vielleicht sind die Wände und die Decke hier mehr nach deinem Geschmack als die unzüchtigen im Himmelssaal.«
    Bei der Erinnerung an meinen faux pas wurde ich rot. »Sir, vergeben Sie mir meine Dummheit. Es ist ein wunderschöner Raum. Ich bitte Sie –«
    Â»Nein, nein. Entschuldige dich nicht. Es war nicht nett von mir, dich zu necken. Aber schau. Schau hinauf.«
    Ich legte den Kopf in den Nacken und kniff die Augen zusammen. An den Wänden hingen unzählige Wandteppiche – Jagd- und Ritterszenen sowie höfische Darstellungen. Das Mauerwerk der Decke schien geschwärzt und verrußt und die dicken Balken wirkten angekohlt. Ich war mir nicht sicher, worauf er mich hinweisen wollte. »Hat es – hat es hier einmal gebrannt?«
    Â»Vor dreihundert Jahren. Und man sieht die Auswirkungen immer noch. Dies ist ein Teil der alten Abtei. Sie hat unter den großen Klosterplünderungen des sechzehnten Jahrhunderts gelitten – der Abt war so unvorsichtig, eine wenig schmeichelhafte Bemerkung über Anne Boleyn zu machen, worauf das Kloster in Brand gesteckt wurde. Zum Glück war fast alles aus Stein und überstand den Brand. Kannst du dir denken, weshalb ich es hierherbringen lassen wollte? In dieses Land ohne Vergangenheit? Ich wollte ein Haus mit Vergangenheit in einem Land, in dem die Menschen sein können, was sie sind, ohne sich jahrhundertealten Traditionen beugen zu müssen. Ein reizvolles Paradoxon. Diese neue Welt ist der perfekte Ort.«
    Ich erwähnte nicht, dass ich den Ruß von den Deckensteinen gekratzt hätte, als sie nach dem Abbau schön praktisch auf dem Boden lagen. Auch nicht, dass die neue Welt für seine Sklaven alles andere als ein perfekter Ort war. »Die Wandteppiche sind wunderschön. Ich bewundere kunstvolle Handarbeiten. Sticken ist mein liebster Zeitvertreib.« Ich drehte den Ring an meinem Finger. Er war aus ziseliertem Silber und hatte einmal die Hand meiner Mutter geschmückt. »Vielleicht kann ich Ihnen einmal einen Wandteppich sticken? Nur einen kleinen, natürlich«, schlug ich schüchtern vor.
    Ein gewinnendes Lächeln ließ sein Gesicht
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