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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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er mir schickte, sechs auf. Hatten ein Paar Ziegenlederstiefelchen gewöhnlich eine Rosette, waren die von ihm damit übersät.
    Ich fragte mich, ob ich unsere Armut besser nicht erwähnen sollte. Aber M. de Cressac musste ja davon gewusst haben. Mein ganzes Leben hatten Geldsorgen über meiner Familie gehangen wie mehrere Lagen Spinnweben, zart, aber spürbar.
    Ich seufzte und beschloss, die volle Wahrheit zu sagen. »Anne behauptet, unser Problem läge darin, dass wir zwar kultiviert sind, aber leider nur in der Theorie.«
    Er beugte sich vor. »Was meint sie damit?«
    Â»Theoretisch wissen wir, wie wir unsere Kleider zu tragen und Essen zu bestellen haben und – und wie man reitet und solche Dinge, aber praktisch können wir uns keine anständigen Schneider oder erlesenes Essen oder Pferde leisten. Dennoch vielen Dank, dass Sie meine Reitstunden bezahlt haben. Ich habe sie genossen.« Ich schwieg, während ich darüber nachdachte, welche Wirkung die theoretische Kultiviertheit auf uns hatte – endlose Frustration und endlose Sehnsucht nach Dingen, die wir nicht haben konnten. »Aber bitte«, fuhr ich dann rasch fort, »denken Sie nicht, dass es uns am Nötigsten gefehlt hat oder dass wir unglücklich waren. Im Gegenteil, es ging uns sehr gut. Ich wollte Sie nur wissen lassen, wie sehr wir Ihre Freundlichkeit geschätzt haben.«
    Â» Pauvre petite .« Seine Stimme klang zärtlich. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Ich konnte so wenig tun. Ich hätte gern mehr getan, fürchtete aber, dass es deinem Vater nicht recht gewesen wäre. Nachdem seine Anwaltskosten längst bezahlt waren, wollte ich ihm einmal Geld schicken, aber er hat es zurückgewiesen. Sein Stolz, du weißt schon.«
    Mein geliebter Papa, so sanftmütig und schwach und liebenswert; ab und zu zeigte er jedoch Härte und in gewissen Dingen konnte er überraschend dickköpfig sein.
    Es geschah immer noch, dass mir Tränen in die Augen stiegen, wenn ich an ihn dachte, so auch jetzt.
    M. de Cressac drückte meine Hand. Seine war sehr warm. »Ah, und immer noch kommen Tränen. Dein Vater war ein guter Mensch. Ich bedaure, dass ich ihn in den letzten Jahren so selten gesehen habe und er jetzt tot ist, auch wenn dieser Umstand dich zu mir gebracht hat. Ich weiß, dass ich ihn nicht ersetzen kann oder es verdiene, dein Vater zu sein. Aber wirst du mir erlauben, dein lieber Freund und Gefährte zu sein? Wirst du zulassen, dass ich meine Welt mit dir teile, und wirst du dich mir anvertrauen?«
    Â»Natürlich.«
    Er drehte meine Handfläche nach oben und betrachtete sie.
    Â»Das«, meinte er, »ist eine so zarte Hand, die von echter Kultiviertheit zeugt und nicht nur von der theoretischen. Sie ist so zartgliedrig. Wie kannst du damit überhaupt etwas festhalten?«
    Ich lächelte und entzog sie ihm. »Ich kann Ihnen versichern, dass meine Hände sehr gut zupacken können.«
    Seine Augen glitzerten. Er hob die Gabel, ließ sie jedoch in der Luft stehen. »Ah, fast hätte ich es vergessen. Wir müssen mit deinem kulinarischen Unterricht fortfahren. Da wäre noch ein bisschen köstliches Kalbshirn.« Er wollte Charles herbeiwinken.
    Â»Nein, danke!«, rief ich rasch.
    Mein Patenonkel schaute mich einen Augenblick lang an und brach dann in schallendes Gelächter aus. »Es ist mir eine solche Freude, dich hier zu haben. Und nur zu gern nehme ich die Herausforderung an, dich in den guten Dingen des Lebens zu unterrichten. Weißt du was? Du erinnerst mich an eine Tänzerin, die ich in Russland kennengelernt habe. Sie …«
    Er erzählte mir eine entzückende Geschichte und ich lauschte fasziniert und vergaß darüber ganz meine Müdigkeit. Ich erinnerte ihn an die schöne Tänzerin! Hatte ich wirklich keinen Alkohol getrunken? Ich hatte das Gefühl, beschwipst zu sein.
    Als die Geschichte zu Ende war, rief er den Fächer- und den Insektenjungen zu sich. Die beiden hatten offenbar auch zugehört. »Nun, Sir Tater Bug und Sir Reuben, was erwartet ihr für eure galanten Bemühungen, uns die Fliegen und die Hitze vom Leib zu halten?«
    Die Jungen grinsten. »Bonbons«, antwortete einer der beiden beherzt.
    M. de Cressac lachte und wuschelte ihm durchs Haar. »Wie? Auch ihr verlangt nicht nach Kalbshirn? Aber ihr seid brave Jungs und habt eine Belohnung verdient. Hier.«
    Er griff in

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