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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe
Autoren: Michael Connelly
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hindurch.
    »Allerdings«, sagte ich. »Glück für mich.«
DREIUNDFÜNFZIG
    E s gab keinen Prozess mehr, trotzdem fuhr ich am Dienstagmorgen ins Gericht, um das Verfahren offiziell zum Abschluss zu bringen. Ich nahm neben dem leeren Stuhl Platz, auf dem Walter Elliot die letzten zwei Wochen gesessen hatte. Die Pressefotografen, die Zutritt zum Gerichtssaal erhalten hatten, schienen diesen leeren Stuhl zu mögen. Sie machten eine Menge Fotos davon.
    Jeffrey Golantz thronte auf der anderen Seite des Mittelgangs. Er war der glücklichste Staatsanwalt der Welt. Am Tag zuvor hatte er den Gerichtssaal in dem Glauben verlassen, eine Niederlage einzustecken, die seine Karriere beenden konnte. Und einen Tag später kam er als unangefochtener Sieger wieder zurück. Im Moment stand seinem Aufstieg bei der Staatsanwaltschaft und in der Stadtpolitik nichts mehr im Weg. Er hatte mir nichts zu sagen, während wir an unsern Tischen auf den Richter warteten.
    Umso mehr wurde im Zuschauerbereich getuschelt. Aufgeregt tauschte man Neuigkeiten über die Morde an Walter Elliot und Nina Albrecht aus. Den Anschlag auf mein Leben und die Vorfälle am Fryman Canyon erwähnte allerdings niemand. Vorerst war noch nichts davon an die Öffentlichkeit gedrungen. Nachdem McSweeney Bosch und Armstead einen Deal vorgeschlagen hatte, hatten mich die Ermittler gebeten, Stillschweigen über die Sache zu bewahren, damit sie mit ihrem kooperationswilligen Verdächtigen ungestört weitermachen konnten. Ich war gern bereit, dabei mitzuspielen. Allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt.
    Punkt neun Uhr nahm Richter Stanton auf der Richterbank Platz. Seine Augen waren verquollen, und er wirkte, als hätte er wenig geschlafen. Ich fragte mich, ob er im gleichen Umfang über die Ereignisse vom vergangenen Abend Bescheid wusste wie ich.
    Die Geschworenen wurden in den Saal gerufen, und ich studierte ihre Gesichter. Sofern einer von ihnen wusste, was passiert war, ließ er es sich nicht anmerken. Einige registrierten jedoch ganz offensichtlich den leeren Sitz neben mir, während sie Platz nahmen.
    »Guten Morgen, meine Damen und Herren«, begrüßte der Richter die Geschworen. »Heute fällt es mir zu, Sie von Ihren Verpflichtungen in diesem Verfahren zu entbinden. Wie Sie sicher schon bemerkt haben, ist Mr. Elliots Platz auf der Anklagebank leer. Der Grund dafür ist, dass der Angeklagte in diesem Prozess gestern Abend einem tödlichen Anschlag zum Opfer fiel.«
    Einer Hälfte der Geschworenen klappten wie auf Kommando die Kinnladen nach unten. Die anderen brachten ihre Überraschung mit den Augen zum Ausdruck. Im Saal wurde aufgeregtes Raunen laut, begleitet von beifälligem Klatschen aus dem Bereich hinter dem Tisch der Anklage. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich Mitzi Elliots Mutter, die auf die Nachricht von Elliots Tod hin stehend applaudierte.
    Der Richter ließ seinen Hammer herabdonnern, und Golantz sprang auf und eilte zu der alten Frau, um behutsam ihre Hände zu ergreifen und sie am Klatschen zu hindern. Tränen liefen ihre Wangen hinab.
    »Ich verbitte mir jegliche Bekundungen, gleich welcher Art, aus dem Zuschauerbereich«, erklärte der Richter streng. »Ungeachtet dessen, wer Sie sind oder wie Ihre Beziehung zu diesem Fall sein mag, erwarte ich von jedem in diesem Raum, dass er dem Gericht den gebührenden Respekt erweist, oder ich lasse ihn des Saals verweisen.«
    Golantz kehrte an seinen Platz zurück, aber über das Gesicht der Mutter des Opfers strömten weiter Tränen.
    »Ich weiß, dass diese schockierende Nachricht Sie alle völlig unvorbereitet trifft«, fuhr der Richter an die Geschworenen gewandt fort. »Seien Sie jedoch versichert, dass die zuständigen Stellen in dieser Angelegenheit gründliche Ermittlungen anstellen und den beziehungsweise die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen werden. Sie werden sicher alles darüber aus den Zeitungen oder Nachrichten erfahren, die Sie ab jetzt jederzeit wieder zur Kenntnis nehmen dürfen. Dann möchte ich Ihnen zunächst für Ihre Dienste danken. Ich weiß, Sie sind den Ausführungen von Anklage und Verteidigung mit großer Aufmerksamkeit gefolgt, und hoffe, dass die Teilnahme an diesem Prozess eine positive Erfahrung für Sie war. Es steht Ihnen jetzt frei, im Beratungszimmer Ihre Sachen zu holen und nach Hause zu fahren. Sie sind hiermit sämtlicher Verpflichtungen als Geschworene entbunden.«
    Wir erhoben uns ein letztes Mal für die Jury, und ich verfolgte, wie sie durch die Tür
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