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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe
Autoren: Michael Connelly
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wie dieser Hinweis in ihren Augen Panik aufflackern ließ.
    »Ich nehme mal an, Sie haben noch nichts von ihm gehört. Wie auch? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn telefonieren lassen, solange sie ihn melken. Hoffen Sie also lieber mal, dass er den Behörden keinen dieser Beweise liefert. Denn andernfalls können Sie Ihre schwarze Robe gegen einen orangefarbenen Gefängnisoverall tauschen.«
    »Verlassen Sie auf der Stelle dieses Zimmer, oder ich verständige den Sicherheitsdienst und lasse Sie festnehmen!«
    Sie wies auf die Tür. Ich erhob mich gelassen.
    »Keine Angst, ich gehe schon. Und wissen Sie was? Möglicherweise werde ich nie mehr als Anwalt in dieses Gericht kommen. Aber eins verspreche ich Ihnen – ich werde herkommen, um zuzusehen, wie Ihnen der Prozess gemacht wird. Ihnen und Ihrem Mann. Darauf können Sie Gift nehmen.«
    Die Richterin starrte mich an. Sie hielt ihren Arm noch immer in Richtung Tür ausgestreckt, aber die Wut in ihrem Blick wich langsam der Angst. Ihr Arm sackte ein wenig nach unten, und dann ließ sie ihn ganz sinken. So ließ ich sie stehen.
    Weil ich nicht in einen überfüllten Lift steigen wollte, nahm ich die Treppe. Die ganzen elf Stockwerke ins Erdgeschoss hinunter, wo ich durch die Glastür nach draußen trat. Vor dem Gerichtsgebäude zog ich mein Handy heraus und rief Patrick an, damit er mich abholte. Als Nächstes meldete ich mich bei Bosch.
    »Ich habe beschlossen, Ihnen und dem FBI ein bisschen Dampf zu machen«, sagte ich.
    »Was soll das heißen? Was haben Sie getan?«
    »Ich wollte nicht die üblichen eineinhalb Jahre abwarten, die das FBI in der Regel braucht, um eine Strafsache vor Gericht zu bringen. Manchmal kann die Gerechtigkeit einfach nicht warten, Detective.«
    »Was haben Sie angestellt, Haller?«
    »Ich habe mich gerade mit Richterin Holder unterhalten. Ja, ich bin ohne McSweeneys Hilfe draufgekommen. Ich habe ihr erzählt, dass das FBI McSweeney einkassiert hat und dass er bereit ist, mit ihnen zu kooperieren. Wenn ich Sie wäre oder das FBI, würde ich mich mit meinen Ermittlungen beeilen und die Dame währenddessen aufmerksam im Auge behalten. Sie macht mir zwar nicht den Eindruck, als würde sie abhauen, aber man kann nie wissen. Einen schönen Tag noch, Detective.«
    Ich klappte das Handy zu, bevor er protestieren konnte. Es war mir egal. Er hatte mich die ganze Zeit benutzt. Es tat gut, den Spieß umzudrehen und ihn und das FBI nach meiner Pfeife tanzen zu lassen.

TEIL SECHS
    Das letzte Urteil
VIERUNDFÜNFZIG
    F rüh am Donnerstagmorgen klopfte Bosch an meine Tür. Gekämmt hatte ich mich noch nicht, aber angezogen war ich schon. Er dagegen sah aus, als wäre er die ganze Nacht nicht ins Bett gekommen.
    »Habe ich Sie geweckt?«, erkundigte er sich.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich mache meiner Tochter gerade Frühstück. Sie muss bald in die Schule.«
    »Ach ja, stimmt. Mittwochabends und jedes zweite Wochenende.«
    »Was gibt’s, Detective?«
    »Ich habe ein paar Fragen an Sie. Und außerdem könnte ich mir vorstellen, dass Sie gern wissen möchten, was sich in der Zwischenzeit alles getan hat.«
    »Klar. Setzen wir uns auf die Terrasse. Ich will nicht, dass sie etwas davon mitbekommt.«
    Ich fuhr mir durchs Haar, während ich zum Tisch ging.
    »Ich will mich nicht setzen«, sagte Bosch. »Ich habe nicht viel Zeit.«
    Er stellte sich ans Geländer und stützte sich mit den Ellbogen darauf. Ich folgte seinem Beispiel.
    »Ich setze mich auch nicht gern, wenn ich hier draußen bin.«
    »Bei mir zu Hause habe ich einen ähnlichen Blick«, bemerkte er. »Nur von der anderen Seite.«
    »Das macht uns wohl zu Kehrseiten desselben Bergs.«
    Er richtete den Blick kurz auf mich.
    »So was in der Art«, brummte er.
    »Und, was gibt’s Neues? Eigentlich hätte ich erwartet, Sie wären viel zu sauer auf mich, um mir zu erzählen, wie es weitergeht.«
    »Ehrlich gestanden, finde ich auch, dass das FBI zu langsam vorgeht. Sie waren nicht gerade begeistert über Ihren Alleingang, aber mich hat es nicht gestört. Es hat die Sache ins Rollen gebracht.«
    Bosch richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer.
    »Und, was tut sich so?«, fragte ich.
    »Die Grand Jury hat gestern Abend die Anklageschriften ausgestellt. Gegen Holder, Lester, Carlin, McSweeney und eine Frau von der Geschworenenstelle, die sie an die Computer gelassen hat. Wir nehmen sie heute Morgen alle gleichzeitig fest. Behalten Sie diese Information also für sich, bis
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