Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So schwer, sich leicht zu fuehlen

So schwer, sich leicht zu fuehlen

Titel: So schwer, sich leicht zu fuehlen
Autoren: Deborah Rosenkranz
Vom Netzwerk:
Schule und irgendwann auch im Handball bekam! Jedes Kompliment war für mich eine Bestätigung, weiterzumachen.
    Der Verzicht auf das Abendessen zeigte so viel Wirkung, dass ich bald auch morgens auf das Frühstück verzichtete. Mittags stocherte ich auf meinem Teller herum und kaute bei jedem Bissen mindestens 100-mal. Irgendwo hatte ich gelesen, dass man dadurch eher ein Sättigungsgefühl empfinden und gleichzeitig auch die Verdauung anregen würde. Das war eigentlich ziemlich peinlich mit anzusehen, doch es war mir ziemlich egal, was andere dachten! Hauptsache, ich nahm ab!
    Ich entwickelte ständig neue Methoden, um noch weniger zu essen oder Mahlzeiten ganz zu ersetzen. Eine Weile lebte ich nur noch von Babybrei. Doch selbst da musste es entweder reine Karotte oder ausnahmsweise mal Apfel sein. Alles andere hatte ja wieder zu viele Kalorien. Nicht selten fand man im Kühlschrank einen halben Joghurt von mir. Ein ganzer hätte ja dick machen können und wäre laut meiner Tageskalkulation einfach zu viel gewesen. Selbst bei TicTacs, die bekanntlich nur zwei Kalorien pro Stück haben, überlegte ich, ob es das jetzt wirklich wert war. Kaugummis, natürlich zuckerfrei, waren erlaubt, aber immer nur eine Hälfte auf einmal.
    Einige Wochen und Monate gingen so ins Land. Irgendwann schlug die Sache von „Déborah hat ein paar Kilo abgenommen und sieht jetzt toll aus“ um, und ich wurde nicht nur schlank, sondern richtig dünn. Aber ich war schon so lange gefangen von dem ständigen Gedanken, ich müsse abnehmen, dass ich gar nicht mehr merkte, wie dürr ich geworden war.
    Der Zeiger auf meiner Waage hatte sich mittlerweile schon lange von der 70 vor dem Komma verabschiedet. Auch die 60 hatte ich irgendwie ganz schnell verlassen und befand mich nun bei 58,5 Kilo. Das mag immer noch nach viel klingen, doch immerhin bedeutete es, dass ich schon 17,5 kg verloren hatte. Das fiel natürlich deutlich auf.
    Es war komisch: Ich verstand die Menschen nicht, die so schwer damit zu kämpfen hatten, 3 oder 4 Kilo abzunehmen. Bei mir ging das plötzlich so einfach. Ich musste einfach nur das Essen weglassen!
    Doch mit dem Weglassen des tatsächlichen Essens drehte ich mich in meinen Gedanken seitdem durchgehend um alles, was mit der Nahrungsaufnahme zu tun hatte.
    Ich dachte an nichts anderes mehr als ans Essen, oder vielmehr ans Nicht-Essen und daran, wie ich um die nächste Mahlzeit herumkommen konnte. Mir fiel nicht auf, dass meine Knochen begannen, überall herauszustehen, und meine Klamotten immer schlabberiger an mir hingen.
    Dennoch fühlte ich mich fett und aufgeschwemmt. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich nach wie vor viel zu viel Fett zu mir nahm. Dann entdeckte ich in einem Laden Artischockentabletten. Die fördern die Fettverbrennung! Super! Danach hatte ich gesucht. Ich begann, vor und nach jeder Mahlzeit eine davon zu schlucken. Nur um sicher zu gehen!
    Als ich in einer Zeitschrift las, dass man durch Schilddrüsenprobleme stark an Gewicht verlieren kann, wünschte ich mir allen Ernstes, davon betroffen zu sein. Ich hätte buchstäblich alles getan, um weiter abzunehmen.
    Bevor ich meine Diät begonnen hatte, hatte ich am liebsten Döner gegessen. Jeden Tag dachte ich nun darüber nach, wie es wohl sein würde, wenn ich mir mal wieder einen genehmigen würde. Dieser Gedanke verfolgte mich regelrecht. Als er sich nicht mehr unterdrücken ließ, stellte ich einen Plan auf: Ich würde mir einen Döner erlauben, aber einfach 6 Kilometer zu Fuß gehen, während ich ihn aß. Dann würde ich die ganzen Kalorien sozusagen sofort wieder verbrennen.
    Damit konnte ich leben. Das Frühstück ließ ich ganz bewusst aus und ging dann los. Als ich vor der Döner-Bude stand, wurde ich ganz nervös: Brot, Salat, Fleisch, Peperoni, Zwiebeln, Tomaten. Das waren wirklich viele Zutaten. Sollte ich nicht besser die Sauce weglassen? Das Brot war ja auch sehr mächtig. Sonst aß ich überhaupt kein Brot mehr. Kohlehydrate waren mein Feind, und Weißbrot war das Allerschlimmste, was man essen konnte.
    Ich stand ewig lang vor der Döner-Bude, ließ unzählige Leute vor mir bestellen, und Tränen schossen mir in die Augen vor lauter Unentschlossenheit. Ich wollte in dem Moment einfach umkippen und nicht mehr da sein. Doch ich war so schwach und hungrig, irgendwas musste ich bestellen. Schlussendlich bat ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher