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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt
Autoren: Diana Menschig
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steigen!«, erklärte er leise, aber sehr vorwurfsvoll.
    »Nein! Niemals! Ich habe gelogen! Hast du meine gekreuzten Finger nicht gesehen?« Merle wollte sich das selbst glauben machen, doch sie wusste, dass nur Hans sie davon abgehalten hatte, bis Jakob ihm zu Hilfe gekommen war.
    Jakob nickte, immer noch zweifelnd, beließ es aber zum Glück dabei. Es war nicht zu ändern.
    Endlich hörten ihre Knie auf zu zittern, und ihr Verstand hatte die letzten Minuten des Geschehens nachgeholt. Sie sprach als Erste aus, was beide hofften. »Glaubst du, sie ist fort?«
    »Ich glaube schon.« Grübelnd starrte Jakob in die Esse. »Ich würde ja schon gern wissen, um was für ein Wesen es sich gehandelt hat.«
    »Du darfst eine Abhandlung darüber schreiben, mein Lieber«, antwortete Merle kopfschüttelnd. Da kämpften sie gegen so eine Ausgeburt der Hölle, und er hatte nichts anderes im Sinn, als zu analysieren, um was es sich genau handelte! Gleichzeitig war sie froh, dass seine nüchterne Betrachtung sie zurück in die Wirklichkeit brachte.
    Es war vorbei.
    Endlich verzog sich auch Jakobs Miene zu dem vertrauten frechen Grinsen, und der Glanz kehrte in seine Augen zurück. »Besiegt von einem Haus. Ein domus ex machina. Was für ein unrühmliches Ende.«
    »Es ist nicht irgendein Haus. Es ist mein Knusperhäuschen. Es ist immer schon eine gute Seele gewesen. Außerdem hatte es Hilfe von einem klugen Geist.«
    Hatte.
Sie spürte dem Wort nach, dann erst verstand sie. Hans war fort.
    Finde Frieden, Hans, wo immer du nun sein magst. Danke!
    »Da hast du recht.« Jakob atmete befreit durch. »Und jetzt? Werden wir hier glücklich und zufrieden leben, bis an unser Lebensende?«
    »Ja.« Merle lachte zu ihm auf. »Wir beide. Das ist zwar kein Schloss, aber es ist das beste Zuhause, das ich je hatte.«
    Erfreut lächelte Jakob zurück. »So komme ich also zu meiner Prinzessin. Küsst du mich?«
    »Du bist kein Prinz, und auf einem großen Schimmel hergeritten bist du auch nicht.«
    »Mein Auto ist weiß. Zählt das?« Jakob streichelte mit dem Daumen über ihre Wange. Es kitzelte angenehm.
    Merle streckte sich auf Zehenspitzen und schloss die Augen, als seine Lippen die ihren berührten.

Epilog
    Ausnahmsweise war Ronja froh, dass Papa und Felix sie begleiteten. Sie war zwar etwas sauer auf ihren Papa, weil er ihr und Marie und Amelie nicht geglaubt hatte, aber sie hatte ihn trotzdem noch lieb. Vielleicht glaubte Mama ihr, oder Annika. Wenn sie wieder nach Hause kamen, wären sie bestimmt schon da. Ronja freute sich sehr darauf, ihre Schwester einfach so außerhalb der Ferien wiederzusehen.
    Aber jetzt waren sie und Marie auf dem Weg zum Knusperhäuschen und zu Merle und Jakob, den sie immer noch den bösen Wolf nannte, obwohl sie natürlich wusste, dass er nicht böse war. Sie hielt Marie fest an der Hand, und Papa und Felix waren nur wenige Schritte hinter ihr. Maries Mama ging es nicht so gut. Felix kümmerte sich um sie, und Ronja hatte versprochen, ihm zu helfen und auf Marie aufzupassen. Aber wenigstens war Maries Mama zu Hause. Amelie und ihre Mutter waren im Krankenhaus und ihr Vater irgendwie weg – wie immer. Das war Ronja vollkommen egal, aber für Amelie tat es ihr leid. Vor allem jetzt, da Luke nicht mehr da war. Das war auch so etwas: Die Erwachsenen wollten nicht so recht raus mit der Sprache, was aus ihrem Freund geworden war.
    Selbst wenn sie der Reh-Frau nie wieder begegnen wollte, hoffte Ronja ein ganz kleines bisschen, eine Krümelspur zu entdecken. Die konnte sie Papa zeigen, und dann
musste
er ihr glauben! Vielleicht sagten Merle und Jakob Papa, dass er ihr glauben sollte. Manchmal glaubten Erwachsene nicht, was Kinder sagten, aber wenn ein anderer Erwachsener es sagte, glaubten sie es doch. Die Welt war unnötig kompliziert!
    Leider hatte Merle dem Papa gestern Abend nichts mehr erklären wollen. Mal sehen, wie das heute war. Oder Jakob. Der war sicherlich der schlauste Mann der Welt, ihm musste Papa glauben. Jakob kannte alle Märchen und wusste alles. Er konnte das bestimmt so erklären, dass sogar Papa das verstand.
    Ronja packte Maries Hand ein wenig fester, als sie sich dem Knusperhäuschen näherten. Am Rand der Lichtung blieben sie stehen. Ronja fand, dass das Häuschen irgendwie anders aussah. Ganz alt und sehr traurig. Vielleicht vermisste es Oma Mago. Wenn sie eine Idee hätte, wie man ein Häuschen tröstete, hätte sie das sofort gemacht. Aber ihr fiel nichts ein, außer, es Merle zu sagen. Die
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