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SMS - Sarah mag Sam

Titel: SMS - Sarah mag Sam
Autoren: Lotte Kinskofer
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Mal seit langer Zeit ist er der liebe, große Bruder, der mir auch mal hilft.
    »Dass er immer mehrere Mädels braucht … Manchmal ist doch schon eine zu viel«, brummt er und holt die Nudeln.
    »Ich hab ihm erklärt, wie das mit den Gerüchten gelaufen ist«, redet nun Paul weiter. »Dass du nichts dafür kannst. Dass Carla damit angefangen hat und dann wurden diese Gerüchte immer größer und alle haben sie geglaubt und weitererzählt.«
    »Dann weiß er doch, dass ich nichts dafür kann.« Ich schöpfe neue Hoffnung.
    »Das ist ihm egal«, sagt Paul leise. »Es geht ihm nur um sich selber.«
    Ich hole das Besteck aus der Schublade. Die Gläser aus dem Schrank. Wasser und Saft aus dem Kühlschrank. Ich beschäftige mich. Damit Marc und Paul nicht sehen, wie schlecht es mir geht. Sarah mag Sam – aber Sam ist ein gemeiner Kerl. Sieht nur nett aus, alles Fassade. Eitel, doof, egoistisch.

    Gemeinsam essen wir Nudeln. In meinem Kopf geht alles durcheinander. Auch die Jungs reden nicht. Marc wirft mir manchmal besorgte Blicke zu. Ich muss schrecklich aussehen.
    »Eigentlich hätte er ja mal eine Abreibung verdient«, brummt Marc noch, als wir mit dem Essen fertig sind. Dannsteht er auf. »Kannst du abräumen?«, fragt er mich. »Ich muss in die Stadt, Schulsachen einkaufen.«
    Ich nicke stumm.
    »Kommst du mit?« Marc sieht Paul auffordernd an. Aber der schüttelt den Kopf. Marc sieht von Paul zu mir und zurück, dann lächelt er ein bisschen und geht.
    Paul und ich räumen den Tisch fertig ab. Das Geschirr kommt in die Spülmaschine.
    »Carla hat sich auch nicht gerade nett verhalten in der ganzen Sache, oder?«, fragt Paul.
    So blöd es auch ist, ich fange wieder mal zu weinen an. Ich kann nicht mehr anders. Wenig geschlafen, die Albträume, die Szene auf dem Schulhof, der ganze erste Schultag mit den Blicken der anderen im Rücken, die Flucht aus der Schule, all das, was Paul mir von Sam jetzt erzählt hat. Ich schniefe und schlage die Hände vors Gesicht, damit Paul meine verheulten Augen nicht sehen muss.
    Paul steht eine ganze Weile neben mir, hilflos und schüchtern. Als ich die Hände herunternehme und nach einem Taschentuch krame, zieht er eins aus seiner Tasche.
    »Du musst denken, ich heule andauernd«, schniefe ich.
    »Du musst denken, ich hätte eine Fabrik für Taschentücher.«
    Ich schnäuze kräftig und werfe das benutzte Tuch in den Müll.
    »Ich hab keine Fabrik. Es war mein letztes«, sagt Paul bedauernd und ich fange an, heulend die Schubladen zu durchwühlen. Aber ich finde nichts, was nach einem Taschentuch aussieht. Paul sieht mich besorgt an, dann zupfter an seinem T-Shirt , als wollte er mir anbieten, damit meine Tränen zu trocknen.
    »Du gibst dein letztes Hemd?«
    »Für dich schon.«
    Das wäre eine tolle Liebeserklärung. Aber ich bin gerade nicht in der Lage, das zu merken.
    Ich weiß nicht, warum diese Tränen einfach nicht versiegen. Es ist, als käme der ganze Stress der letzten Wochen raus, mit Sam, mit den Freundinnen … Keine Ahnung.
    Paul wühlt verzweifelt in seiner Hosentasche, ob er nicht doch noch ein Taschentuch findet. Er zieht einen Stift und ein altes Bonbon raus. Beides lässt er fallen. Wir bücken uns gemeinsam, stoßen mit den Köpfen aneinander.
    »Au!«
    »Entschuldigung!«
    »Nein, es war meine Schuld!«
    »Quatsch, ich bin der Trottel.«
    Wir lachen beide, stehen auf, halten uns den Kopf. Ich muss so sehr lachen, dass neue Tränen kommen. Ich lehne mich an Paul und tupfe mir doch mit dem Ärmel seines T-Shirts die Augen. Er hält mich fest. Das fühlt sich gut an. So könnte es bleiben.
    Tut es natürlich nicht. Ich höre den Schlüssel im Schloss, das kann nur meine Mutter sein. Sie kommt immer im ungünstigsten Moment. Paul und ich verschwinden aus der Küche, verdrücken uns in den Garten.
    »Bis bald«, sagt Paul und geht.
    Schade. Es war gerade so schön. Andererseits: Ich bin ziemlich verwirrt. Das war doch jetzt Paul, nicht Sam.

    Ich sitze in meinem Zimmer und versuche, meine Gedanken zu sortieren. Das ist gar nicht so leicht. Denn die letzten Wochen kreisten sie andauernd um Sam, ich habe das Gefühl, da hat sich was geändert, und zwar ziemlich schnell …
    Mein Handy piepst, eine SMS. Ich schätze, es ist Carla, aber sie kommt von Paul. Skaten? Das ist alles. Ich antworte: Ja. Wir verabreden uns am Radweg, der hinausführt zum Fußballplatz. Es ist heiß, vermutlich sind alle anderen im Schwimmbad. Das ist gut, denn ich will heute keinen Menschen
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