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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
Autoren: Manfred Krämer
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und das schmuddelige Treppenhaus hatte sie einen schmierigen, Zigarre rauchenden Kerl hinter einem chaotischen Schreibtisch erwarten lassen. Stattdessen fand sie sich in einem eleganten Foyer mit cremefarbenen Wänden, dunkelblauem Teppichboden und einem chromglänzenden Tresen wieder.
    Hinter der Theke saß eine elegante Frau in den Fünfzigern und lächelte sie freundlich an. „Willkommen bei Orchid, Sie kommen sicher zum Vorstellungstermin?“ Annika nickte, stellte sich vor und erhielt einen Fragebogen.
    „Wenn Sie das ausgefüllt haben, gehen Sie bitte den Gang rechts bis zum Ende. Hinter der Doppeltür können Sie sich umziehen und vorbereiten. Sie werden dann einzeln aufgerufen.“ Annika stutzte. Sie war anscheinend nicht die Einzige, die heute die Chance ihres Lebens erwartete. Diese Befürchtung wurde noch übertroffen, als sie die schwere Stahltür öffnete. Dahinter befand sich ein Raum von den Ausmaßen einer Turnhalle. Etwa ein Drittel davon diente wohl als Kantine. Billige Plastikstühle und Stahlrohrtische mit Resopalplatten, sowie eine Reihe von Snack- und Getränkeautomaten erinnerten nun wieder an die frühere Bestimmung des Gebäudes. An einer der Längsseiten standen Bänke mit Gestellen zum Aufhängen von Kleidern, wie sie normalerweise in Theatergarderoben zu finden waren. Zwei Türen mit der Aufschrift WC befanden sich dahinter. Der Raum war erfüllt von Stimmengewirr, zu lautem Lachen, Giggeln und zischelndem Geflüster von schätzungsweise drei Dutzend Frauen, die auf den Stühlen lümmelten, sich zwischen den Garderobenständern umzogen, Dehnübungen machten, Füße abklebten, sich kämmten und schminkten oder nervös Zeitschriften durchblätterten. Vereinzelt trafen taxierende Blicke die neu Angekommene. Mundwinkel verzogen sich verächtlich, Augen wurden gerollt und mit Gekicher auf gemurmelte Bemerkungen reagiert. Es roch nach Schweiß, Nagellack, teurem Parfüm und Deo.
    Annika stellte ihre Tasche unter einen unbenutzten Garderobenhaken und befestigte ihren Kleidersack daran. Dabei streifte sie ein daneben hängendes Oberteil.
    „Hey!“, ertönte eine kehlige Vorstadtstimme. Eine hübsche Rothaarige mit riesigen Brüsten funkelte sie böse an. „Schaff den Müllsack bloß weg, Schatzi, das ist von Dior!“
    Annika schaute sich das angebliche Dior-Teil interessiert an, wandte sich dann betont langsam zu der aufgeplusterten Roten um und sagte mit bedauerndem Kopfschütteln: „Das würde ich an deiner Stelle aber nicht anziehen, der Ausschnitt … man sieht die Narben noch.“ Instinktiv wanderte der Blick der rothaarigen auf ihren Busen. Als sie Annika wieder in die Augen sah, zuckte sie zusammen. Etwas Eisiges schien sich in ihren Körper zu bohren. Unter der dicken Schicht Make-up wich alle Farbe aus ihrem Gesicht.
    „Sorry, war nicht so gemeint“, stammelte sie. „Ich bin Kelly. Willkommen im Club.“
    „Nimm den Fetzen und verpiss dich. Dior würde niemals so tief sinken.“
    Annika musterte den Kreis neugieriger Augen, die auf sie gerichtet waren. „Was ist? Soll ich’n Hut rumgehen lassen, oder was?“ Nach und nach senkten alle den Blick, wandten sich ab oder griffen wieder zur Lektüre. Das Gemurmel kam stockend wieder in Gang. Annika wollte sich schon ihrem Gepäck zuwenden, da spürte sie, dass nicht alle von ihrem Auftritt beeindruckt waren. Sie hob den Blick und spürte augenblicklich eine unheimliche Präsenz.
    Sie stand am anderen Ende des Saales, lässig an die Reihe der metallenen Schließfächer gelehnt, die man dort wohl erst kürzlich eingebaut hatte. Dazwischen befanden sich die Sitzgruppen der „Kantine“ mitsamt dem blonden, brünetten, schwarzen und rothaarigen Gewusel.
    Sie war schön. Nicht nur hübsch, nein, sie war eine natürliche Schönheit, etwa Mitte zwanzig, mit langen dunklen Haaren, einer Figur, an der noch niemand herumgeschnippelt hatte und einer fast greifbaren Aura, bestehend aus enormem Selbstbewusstsein, gepaart mit einer unverschämten Arroganz. Die junge Frau auf der anderen Seite der Halle war eine Feindin. Kein rotznäsiges, freches Kind wie die Rote mit ihren Plastiktitten oder all die anderen Gören, die sich hier ihre kleinen Revierscharmützel leisteten.
    Annika wandte den Blick ab. Als sie wieder hinschaute war die Frau weg. So sehr sie auch ihre Augen wandern ließ, sie war einfach weg. Ihr war mulmig zumute. Wenn es hier jemanden gab, der ihr ebenbürtig war, dann war sie es .
    Egal, nun stand sie hier, am Wendepunkt ihres
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