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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
Autoren: Manfred Krämer
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dem Brand weg, bergauf. Hinter ihm heulte, orgelte, pfiff und rauschte das Höllenfeuer. Dazwischen vernahm er noch ein Geräusch: Ein durchdringendes, helles Kreischen, auf und abschwellend, unterbrochen von kurzen Pausen, in denen sich Brandgase und Ruß in die Lungen des Fahrers fraßen. Der Mann drückte sein Gesicht ins kalte Gras, presste beide Hände gegen die Ohren und schüttelte sich vor Grauen.
    „Hör auf, hör auf! Sei ruhig, verdammt, sei endlich ruhig, stirb endlich!“, schrie er in den gefrorenen Boden, während er die Hitze selbst durch seine dicke Kleidung spürte. Endlich endete das grässliche Kreischen. Der Mann rappelte sich auf, stürmte stolpernd, mit den Händen Büsche und dornige Ranken als Kletterhilfe nutzend, zurück zur Straße. Hinter ihm waberte ein Glutpilz in die Höhe, als der Tank explodierte. Völlig ausgepumpt, mit blutigen Händen, keuchend und spuckend, stand er endlich wieder auf der Straße. Die Dämmerung schritt voran. Vor dem langsam heller werdenden Himmel wälzte sich eine rußige, weißgraue Brandwolke in die Höhe. Es stank nach verbranntem Gummi, nach geschmolzenem Plastik, nach Öl und Benzin und etwas Unaussprechlichem. Es war diese feine, kaum wahrnehmbare Spur in dem olfaktorischen Inferno, welche dem Mann den Magen umdrehte.
    Als nur noch Galle kam, erhob er sich von den schmerzenden Knien und warf einen letzten Blick auf sein Werk. Die erste Wucht des Feuers war gebrochen. Zwischen den hohen Fichten leuchtete hellrot das glühende Gerippe des ehemals schnittigen Sportwagens. Ab und zu flackerten noch einmal helle Flammen auf, wenn das glusende Feuer noch etwas entzündete. Ringsum glimmten einige Glutnester und die angesengten unteren Äste der Fichten ragten wie dürre Spinnenfinger hervor.
    05:58 Uhr. Der Mörder schaute auf seine Uhr. Das Glas war zerkratzt. Er würde sich von ihr eine neue schenken lassen. Zur Verlobung. Jetzt gehörte sie ihm allein. Er spuckte in Richtung des Wracks und schlurfte zurück zu seinem Land-Rover. Es war alles getan. Eine elende Drecksarbeit, aber er hatte alles erledigt. Im Auto knipste er die Innenbeleuchtung an und reckte den Hals, um sein Gesicht im Rückspiegel zu begutachten. Er prallte entsetzt zurück, als ihn die Augen des Porschefahrers daraus anstarrten. In seinem Kopf schwoll das entsetzliche Kreischen wieder an, aus seinen Kleidern stieg ihm der fürchterliche Geruch in die Nase …
    „Scheiße!“ Mit der Faust schlug er den Spiegel ab, zerschnitt sich dabei den Handballen und brach weinend über dem Lenkrad zusammen. Doch so sehr er auch die Augen zupresste, der Blick seines Opfers bohrte sich mitten in sein Hirn. Verankerte sich dort bis ans Ende seines Lebens.

1978
    Ihre Hand zitterte, ihr Herz klopfte spürbar, als sie mechanisch die verzogene Klappe des blechernen Briefkastens schloss. Die Telefonrechnung, ein Werbebrief und ein schmuckloses weißes Kuvert mit dem Logo der Orchid-Agency. Annika starrte die stilisierte Orchidee an. Die Absage. Es war sicher die Absage. Heiß und salzig stieg etwas in ihrer Kehle auf. Sie schluckte, stieg langsam und staksig die knarrenden, nach Bohnerwachs riechenden Stufen hinauf. An der Tür hing ein mit Klebeband befestigter Zettel mit sieben Namen. Sieben Namen in sieben verschiedenen Schriften. Annika Schmidt war der Einzige in Rot. Sie schloss die Tür, ging an der nach billigen Fertiggerichten riechenden chaotischen Küche vorbei, in der Robby zwischen Bergen von schmutzigem Geschirr hingebungsvoll seinen Bonsai schnitt, passierte die angelehnte Badezimmertür, hinter der zwei Föhns um die Wette heulten, wich einer der drei Katzen aus und betrat die winzige Kammer mit dem gesprungenen Fenster, die fast gänzlich von ihrem Bett ausgefüllt wurde. Ein Kleiderschrank aus Stoff, ein durchgebogener Kleiderständer, ein Schuhschrank, ein winziger Schreibtisch mit einem Mini-Fernseher und ein Drehstuhl auf Rollen, die nicht rollten, bildeten die ganze Einrichtung. Auf dem Boden stapelten sich Modezeitschriften, Versandhauskataloge und die Erzeugnisse der Yellow-Press. An den Wänden hingen ausschließlich großformatige Poster berühmter Mannequins der großen Modeschöpfer. Dazwischen Fotos von ihr selbst in rührend den Profis nachempfundenen Posen, die Richie, der „Fotograf“ der WG, von ihr gemacht hatte. Im Bett war er eine einfallslose Flasche, aber er konnte mit der Kamera umgehen, und nur das zählte. Er hatte auch die Bilder gemacht, mit denen sie ihre
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