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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens
Autoren: Johanna Lindsey
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wurden ihr verwehrt, die das langsame Dahinfließen der Zeit erträglicher gemacht hätten. Der kleine Mann, der ihr das Essen brachte, war Engländer, vermutlich ein Sklave, und widerwärtigerweise auch noch vergnügt dabei. Der einzige andere Mensch, den sie zu Gesicht bekam, war Jamil, und es fiel ihr immer schwerer, ihn wegzuschicken, nachdem sie fast umkam vor Sehnsucht nach Gesellschaft.
    Auf ihrer ersten Reise hatte sie wenigstens Hakeem zur Verfügung gehabt, der ihr fast ständig Informationen eingepaukt hatte. Das und ihre Angst vor der Zukunft hatten keine Langeweile aufkommen lassen. Jetzt wäre ihr sogar Jamilas Gegenwart angenehm gewesen.
    Doch sie waren auf dem Schiff getrennt und in verschiedenen Kabinen untergebracht worden – zweifellos, damit Jamil die eine nicht kränkte, wenn er die andere besuchte. Chantelle wollte ihn nicht bitten, sich mit Jamila treffen zu dürfen, zumal sie kaum ein Wort mit ihm redete.
    Zweifellos besuchte er Jamila. Oh, er kam jeden Abend vorbei, um Chantelle zu sehen, aber das war nur mehr reine Höflichkeit, denn er hatte es aufgegeben, sie aus ihrer Reserviertheit locken zu wollen. Was er nach dem Besuch tat, wußte sie nicht.
    Seit dieser Reise hatte er sich verändert. Nicht nur seine äußere Erscheinung, sondern auch sein Wesen waren verwandelt. Die Roben und Tuniken, an die Chantelle sich gewöhnt hatte, waren verschwunden, ebenso wie die türkischen Hosen. Er trug Batisthemden, um die ihn jeder Engländer beneidet hätte, und enge Büffellederhosen mit kniehohen Stiefeln. Was noch fehlte, war ein Cutaway, aber daran war vielleicht nur das warme Wetter schuld.
    Chantelle konnte sich nicht vorstellen, warum er sich nun wie ein Europäer kleidete, und sie war zu trotzig, ihn zu fragen. Die Veränderung seiner Stimmung erschien ihr noch seltsamer, aber auch hierüber gab sie keinen Kommentar ab. Er ärgerte sich nicht mehr über ihre abweisende Art und zeigte sich nicht mehr frustriert. Er schien in ihrer Nähe auf Samtpfötchen zu gehen, froh darüber, daß sie ihm so wenig zu sagen hatte.
    Ihr Essen traf pünktlich wie immer ein, und der kleine Matrose, der sich Peaches nannte, strahlte an diesem Abend über das ganze Gesicht. »Morgen laufen wir einen Hafen an, um neuen Proviant zu holen, Miß. Keinen Seezwieback morgen abend, und kein Eintopfgericht ›Tu alles hinein‹ aus Gundys Hexenküche!«
    Das sagte er, während er das Tablett absetzte. Chantelle kam näher und stellte fest, daß es diesmal eine Flasche Wein gab, um die bescheidene Verpflegung schmackhafter zu machen. Gundy hatte seit einer Woche keine Abwechslung mehr ins Essen gebracht.
    »Wie heißt der Hafen, in den wir einlaufen werden, Peaches?«
    »Er hat einen ausländischen Namen, den ich nicht aussprechen kann, Miß. Er liegt an der Küste von Portugal – ein kleiner, unwichtiger Hafen.«
    Chantelle sah den Mann ungläubig an. »Wollen Sie damit sagen, daß wir das Mittelmeer schon hinter uns gelassen haben?«
    »Ja, Miß. Haben Sie mit Mister Sinclair nie über die zurückgelegte Strecke geredet?«
    »Sinclair?«
    »Der Herr, mit dem Sie …«
    »Wenn Sie nicht genug zu tun haben, Peaches«, sagte Derek von der Tür her, »sollte ich mich mit dem Kapitän darüber unterhalten, damit dem abgeholfen wird.«
    »Das ist nicht nötig, Mylord. Ich hatte nur einen kleinen Schwatz mit der Dame.«
    »Das hörte ich.«
    »Richtig.«
    Derek schloß die Tür, als Peaches hinausgeeilt war. Er lehnte sich an den Pfosten und kreuzte die Arme über der Brust. Chantelle verengte die Augen.
    »Haben mich meine Ohren getäuscht, oder sprachen Sie eben in perfektem Englisch mit dem Mann, Jamil?«
    »Mein Französisch hätte er gewiß nicht verstanden.«
    »Dann haben Sie mich angelogen. Sie sprechen Englisch.«
    »Natürlich«, erwiderte er und zuckte sorglos die Schultern. »Es ist Jamil, der es nicht spricht, wenigstens nicht sehr gut.«
    »Jamil, der es nicht … oh, ich verstehe. Ich vermute, Sie haben mit der Kleidung auch Ihre Identität gewechselt.«
    »So etwas Ähnliches.«
    »Das hätten Sie auch etwas früher sagen können«, meinte sie unfreundlich. »Wenn Sie geheim reisen …«
    »Wie kommst du auf so eine Idee?«
    Sie zog die Brauen argwöhnisch zusammen. »Haben Sie getrunken?«
    »Keine Spur.« Er grinste.
    »Nun, was Sie reden, ergibt keinen Sinn. Wenn Sie nicht wollen, daß man Sie erkennt, dann muß diese Reise geheim sein.«
    »Aber das ist sie nicht, Shahar, und jeder an Bord weiß, wer ich
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