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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens
Autoren: Johanna Lindsey
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war die Angelegenheit entmutigend. Der Bei verfügte über unzählige treue Gefolgsleute, die er als Lockvögel aussenden konnte – alle mit dem gleichen Brief, eigentlich nur einer in Türkisch geschriebenen Notiz, drei kurzen Sätzen: Ich schicke Dir Grüße. Brauche ich mehr zu sagen? Dich vergesse ich nicht.
    Es gab keine Adresse, keine Unterschrift. Die Sätze konnten von jedem im Palast stammen und an jeden in der Welt gerichtet sein. Möglicherweise waren sie als versteckte Drohung für die Attentäter gedacht, die sie lasen – als Hinweis auf des Beis langen Arm der Rache. Vielleicht auch existierte inmitten all der gleichlautenden Briefe überhaupt keine wahre Botschaft, die Barka verlassen sollte. Die Kuriere konnten einfach dem Zweck dienen, die Mörder zu verwirren und soweit zu bringen, daß sie weitere Anschläge auf das Leben des Palastherrschers aufschoben.
    Der erste Kurier, der gefangengenommen worden war, hatte vor seinem Tod geschworen, er müsse das Schreiben an einen Engländer namens Derek Sinclair abliefern. Selbst wenn das stimmte, wenn der Bei tatsächlich einen Engländer dieses Namens kannte, was unwahrscheinlich war – was sollte der Sinn eines solchen Briefes sein? Warum wurde wegen der Übermittlung einer solchen Nachricht soviel Blut vergossen? Doch die Attentäter durften die Möglichkeit nicht außer acht lassen, daß es noch eine andere Botschaft gab, eine, die es zu entdecken galt -vielleicht an den Bei von Algerien oder Tunis oder sogar an den Sultan in Istanbul, jenseits des Meeres – eine Botschaft, die einen Hilferuf bedeutete. Was hätten jedoch jene Verbündeten tun können, nachdem niemand wußte, was hinter den Mordversuchen steckte?
    Lysander stieg von seinem Kamel ab und warf einen Blick auf den Mann, den er gerade getötet hatte. »Er wird wohl den Aasgeiern zum Fraß dienen. Ich bin es nicht gewöhnt, Beweise zurückzulassen, schon gar nicht Leichen. Es gibt mehrere Wege, sich ihrer zu entledigen …«
    »Was du gewöhnt bist, ist unwichtig. Er möchte, daß der Bei erfährt, wie seine Kuriere versagen. Wie soll er es anders erfahren, als wenn die Toten leicht gefunden werden?«
    »Das alles ist doch Zeitverschwendung«, gab Lysander scharf zurück und versuchte nicht länger, seinen Widerwillen zu verbergen. »Ich glaube, ich werde versuchen, in den Palast einzudringen. Wer weiß? Vielleicht habe ich Glück und finde eine Gelegenheit, mir den größten Goldbeutel von allen zu verdienen, den für Jamil Reshids Kopf.«
    Er lachte, während er davonritt, und die beiden Brüder tauschten einen Blick. Ihr Gedanke war derselbe: Sie bezweifelten, den Griechen je lebend wiederzusehen, falls es ihm gelang, sich in den Palast zu schleichen. Nach vier mißglückten Mordanschlägen wurde Jamil Reshid, der Bei von Barka, stärker bewacht als je zuvor. Wer als nächster versuchen würde, ihn zu töten, würde sein eigenes Leben verlieren. Und falls man diesen Unglücklichen vor der Exekution folterte, würde er Namen preisgeben – die Namen der Männer, die in dieser Nacht mit ihm geritten waren.
    Lysander kehrte nie mehr nach Barka zurück. Der Grieche hatte recht gehabt: Es gab mehrere Wege, sich einer Leiche zu entledigen – seine eigene inbegriffen.
    »Ist dir das Risiko bewußt?«
    Ali ben-Khalil nickte als Antwort. Die Ehrfurcht vor dem Mann, der ihm gegenübersaß, verschlug ihm die Sprache. Als Ali in dem Basar dem Palasteunuchen den Zettel zugesteckt hatte, war er sicher gewesen, daß sich dieser Eunuche oder ein anderer Diener des Herrschers mit ihm treffen würde, nicht aber der Großwesir, Jamil Reshids höchster Minister. Allah bewahre ihn -worauf hatte er sich da eingelassen? Was war wohl an jener Botschaft so wichtig, die so vielen Männern den Tod gebracht hatte und die zu befördern er, Ali, sich angeboten hatte? Was war so bedeutsam an dieser Nachricht, daß Omar Hassan, der Großwesir persönlich, sich um Ali kümmerte?
    Omar Hassan hatte sich verkleidet. Er trug einen Burnus, wie er bei den Berbern in der Wüste üblich war. Das hatte einen guten Grund, denn nur wenige Leute in der Stadt würden den zweitwichtigsten Mann von Barka nicht erkennen. Er hatte Ali intensiv darüber ausgefragt warum er den Boten spielen wollte, was Ali sehr unangenehm gewesen war, denn wer mochte schon zugeben, daß er sein Leben für eine Frau riskieren wollte? Aber so war es nun einmal: Ali war arm und liebte eine Sklavin, deren Eigentümer bereit war, sie zu verkaufen, jedoch
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