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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde
Autoren: Tiffany Reisz
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hören, wie groß ihr Kummer war.
    „Was ist denn los? Habt ihr euch gestritten?“ Seine Stimme klang beiläufig neugierig. Er verabscheute sich dafür, wie froh er über ihren Schmerz war. Aber allein der Gedanke daran, dass seine Schwester jede Nacht im selben Bett wie Søren schlief, machte ihn rasend vor Eifersucht. Er sollte dort liegen, nicht sie. Er hatte solche Sehnsucht nach ihren gemeinsamen Nächten in der kleinen Hütte. Er sehnte sich so sehr danach, neben Søren aufzuwachen.
    „Non , wir streiten uns nicht. Ich rege mich auf. Er hört zu. Ich könnte ihm die Augen auskratzen, und er würde weiter dasitzen und zuhören.“ Sie schüttelte den Kopf und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Kingsley legte eine Hand auf ihre Schulter. Er sagte nichts, wartete einfach.
    „Kingsley, er fasst mich nicht an. Nie. Nicht ein Mal hat er mich berührt. Nicht in unserer Hochzeitsnacht, nicht davor, nicht danach. Nie.“
    Kingsley hätte vor Erleichterung weinen können. Er große Angst davor gehabt, dass Søren sich, wie jeder andere Mann, dem Marie-Laure je begegnet war, ihrer Schönheit verfallen würde.
    „Er ist kompliziert.“ Kingsley spürte Gewissensbisse. „Bitte ihn doch einfach darum, dir zu erklären, warum er dich nicht anfasst – vielleicht verstehst du es dann.“
    „Ich will es nicht verstehen.“ Sie knallte die Teetasse so heftig auf den Schranktisch, dass sie in tausend Stücke zersprang. „Ich will, dass mein Ehemann mit mir schläft.“ Sie warf sich auf den Boden, und ihr schlanker Körper bebte.
    Kingsley kniete sich neben sie und nahm sie in die Arme. „Es tut mir leid.“ Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Was konnte er sagen? Sosehr er Søren liebte, so sehr hasste er es, seine Schwester derart unglücklich zu sehen. Sie mussten ihr irgendetwas sagen … oder zeigen.
    „Was ist nur los?“, flüsterte Marie-Laure. „Was mache ich nur falsch?“
    „Nichts. Gar nichts.“ Kingsley legte ihr die Hand unters Kinn und drehte ihr tränenüberströmtes Gesicht so, dass er ihr in die Augen sehen konnte. Dann lächelte er sie an. „Du machst gar nichts falsch. Es liegt an ihm. Ich versichere dir, es liegt an ihm.“
    „Gibt es …“ Sie unterbrach sich, um einen Schluchzer zu unterdrücken. „Gibt es eine andere?“
    Kingsley versteifte sich leicht. Was sollte er darauf antworten? Eigentlich musste er ihr von sich und Søren erzählen. Aber das konnte er nicht. Søren hatte gesagt, dass er sich offenbaren würde – bald. Und sosehr Kingsley seine Schwester liebte, seine Loyalität gehörte Søren – seit jener ersten Nacht im Wald.
    „Kingsley …“ Marie-Laure umschloss sein Gesicht mit beiden Händen und sah ihn mit einer so finsteren Entschlossenheit an, wie er sie seiner zarten, grazilen Schwester gar nicht zugetraut hätte. Offenbar hatte sie das leichte Zittern gespürt, das durch seinen Körper gelaufen war, die Furcht, er könne das Geheimnis verraten, sogar gegen Sørens Wunsch. „Er ist dein Freund. Sag mir, was du weißt. Gibt es eine andere?“
    „Das könnte schon sein.“
    Sie wand sich aus seinen Armen und stand auf.
    „Marie-Laure, was ist denn? Was …“
    Sie richtete sich kerzengerade auf. Ihre Miene war plötzlich so hart wie die Granitfelsen in den Wäldern und Bergen da draußen. Ihre Augen glühten. Das könnte schon sein … Diese Worte hatten eine Wut in ihr entfacht, die so wild loderte, dass Kingsley um seine eigene Sicherheit fürchtete. Eine derartige Rage konnte die ganze Welt in Schutt und Asche legen.
    „Wenn das wahr ist, wenn es da jemanden gibt … dann werde ich die ganze Erde absuchen, wenn es sein muss!“ Sie holte tief Luft. Ihre Tränen waren versiegt. Sie starrte auf Kingsley herab, aber sie sah ihn nicht. Sie blickte durch ihn hindurch.
    „Marie-Laure?“ Er erkannte sie kaum wieder.
    „Ich bringe diese Schlampe um.“

NORDEN
    DIE GEGENWART
    Noras Haus war vierzig Autominuten von Sørens Kirche entfernt. Kingsley verwünschte wieder einmal den Irrsinn, der die wichtigsten Menschen in seinem Leben so weit von der Stadt fernhielt, in der er sie haben wollte. Ein so angesehener und gelehrter Priester wie Søren sollte eine seiner Ausbildung würdige Gemeinde in New York haben. Oder an der Jesuiten-Universität lehren … und seine Talente nicht in einem Nest voll spießiger Sünder verschwenden, deren banale Beichten nicht mal die Absolution wert waren. Manchmal fragte Kingsley sich, ob Nora und Søren nur deshalb nicht in New
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