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Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)

Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)

Titel: Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
Autoren: Laura Jarratt
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ich habe mich nie getraut, ihr zu sagen, dass ich ihn davon abwaschen wollte.
    Einmal fragte ich Mum, ob wir unser Zeug nicht an einem anderen Stand kaufen könnten. Warum mussten wir immer da hingehen? Sie erklärte mir, was bio bedeutet, erzählte was von Pestiziden, Düngemitteln und der Natur. Und zum Schluss sagte sie: »Außerdem brauchen manche Leute unsere Unterstützung mehr als andere.« Ich habe nie wieder gefragt, aber ich fand ihre Begründung blöd, schließlich dachte ich ja, dass hässliche Menschen keine Gefühle haben.
    Jetzt weiß ich es besser.
     
    Deswegen war ich an diesem warmen Tag Anfang September nicht bei den Aufnahmen für das Schulfoto. Stattdessen saß ich auf einer Bank am Kanal. Wir nannten ihn Rostfluss – wegen der Eisenablagerungen im Erdreich, die ausschwemmten und dem Wasser eine trübe rostbraune Färbung verliehen.
    Zum ersten Mal in meinem Leben schwänzte ich die Schule. Mum hätte mir sicher eine Entschuldigung geschrieben, wenn ich sie darum gebeten hätte – aber dann hätte ich es ihr erklären müssen. Da wäre der verständnisvolle Blick in ihren Augen gewesen. Und ihr Blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten.
    Ich schaute auf die Uhr. Die Mädchen waren jetzt bestimmt in den Waschräumen, um sich die Haare zu kämmen und Make-up aufzutragen. Und sicher beschwerten sie sich darüber, wie furchtbar sie aussehen.
Als ob das wirklich so wäre.
Gleich würden sie sich auf dem Podest in der Aula aufstellen und mit ihrem Sonntagsgesicht vor der Kamera posieren.
    Oh, natürlich würden sie merken, dass ich nicht dabei war. Aber niemand würde fragen, warum. Die Lehrer wären wahrscheinlich erleichtert, weil ein Gesicht fehlt, wenn sie das Foto im Schulfoyer aufhängen. Ich wette, dass sie sogar »vergessen«, mich nach einer Entschuldigung zu fragen.
    Hässliche Menschen haben keine Gefühle. Wir sind nicht wie alle anderen.

2_Ryan
    Das Wasser an diesem Abschnitt des Kanals hatte eine seltsame Farbe, es sah aus wie Mums Möhrensuppe. Die Hand am Ruder, hielt ich das Boot auf Kurs. Ich überlegte, wann wir die letzte Stadt passiert hatten, und schätzte, dass wir noch ungefähr zehn Meilen von Whitmere entfernt waren. Es wurde Zeit, nach einem Liegeplatz Ausschau zu halten. Ich wollte der Stadt nicht zu nah kommen. Städte bedeuteten Ärger. Zu viele Leute.
    Ich hörte Mum, die drinnen im Boot herumklapperte und irgendein Umarmt-die-Bäume-Scheißlied sang, während sie das Abendessen vorbereitete. Bitte nicht schon wieder Tofu. Ich schwöre, die haben dieses Zeug erfunden, um Veganer zum Fleischessen zu bekehren. Cole sah das genauso. Schmeckt wie Kerzenwachs, sagte er immer. Und wenn ihn dann jemand fragte, was ein Veganer sei, antwortete er: »Jemand, der andauernd furzt.« »Tod durch Bohnen« nannte er Mums Kochkünste. Eigentlich stimmt das nicht. Wir furzen nicht mehr als jeder andere, aber als Cole uns kennenlernte, hatte sein Magen ein paar Probleme, sich nach dem jahrelangen Verzehr toter Kühe umzustellen.
    Ich schipperte ein bisschen weiter. Bis jetzt hatte ich noch keinen guten Platz zum Anlegen gefunden. Wir waren zu weit von einer Straße entfernt, und ich hatte keine Lust, im Winter mein Fahrrad erst über schlammige Felder schleppen zu müssen, bevor ich zur nächsten Straße kam.
    Der Geruch von Bohneneintopf waberte aus der Tür, und ich lauschte dem vertrauten Geräusch des Wassers, das gegen den Bootsrumpf schlug, während ich die Gegend vor mir absuchte. Ungefähr eine Meile entfernt standen ein paar Häuser – es sah aus wie ein Dorf. Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Nur wenige Häuser schienen sich nah am Kanal zu befinden. Die restlichen waren ein bisschen zurückgesetzt. Dort musste eine Straße verlaufen, also war es eine Möglichkeit.
    »Ich habe vielleicht einen Platz gefunden«, rief ich ins Bootsinnere.
    »Ich bin in einer Minute bei dir«, rief Mum zurück. Sie war immer aufgeregt, wenn wir an einen neuen Ort kamen. Ich nicht. Wahrscheinlich hatte ich das früher mal anders empfunden; aber es war ja doch immer nur die gleiche Leier. Vielleicht würde es hier trotzdem anders werden. Diesmal hatte ich einen Plan. Ich hatte mit Mum noch nicht darüber gesprochen und schon beim Gedanken daran krampfte sich mein Magen zusammen. Aber auf eine gute Art.
    Es wäre leichter, wenn Cole noch bei uns wäre und mir helfen würde, es ihr beizubringen. Er hätte mir den Rücken gestärkt, aber Cole war nun schon seit einem Jahr weg.
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