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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01
Autoren: Irvine Welsh
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wir dann zurückkamen …, Rentons Augen sind jetzt rot und geschwollen, — … war da dieses Mädchen aus Paisley, von dem ich dir erzählt hab. Sie war mit meinem Kumpel aus Aberdeen zusammen. Jedenfalls waren wir betrunken und haben rumgealbert. Ich hab sie dann da hochgeführt. Er zeigt auf den düsteren Hügel, während sie über eine kleine Zubringerstraße auf die Leith Street gehen. — Vielleicht war sie es auch, die mich da hochgeführt hat. Keine Ahnung. Ich schätze mal, dass Fiona ihr von unserem Fick in diesem Park in Ostberlin erzählt hat. Jedenfalls hat sie mich benutzt, um mit ihrer Freundin gleichzuziehen, und ich hab’s geschehen lassen. Verdammt, ich wollte es sogar! Und so hab ich sie da oben gefickt … die Freundin von meinem Kumpel … dabei mochte ich sie noch nicht mal sonderlich.
    — Jede Wette, dass der Sex hammergeil war, meint Sick Boy und versucht, seiner Stimme einen fragenden Klang zu geben. Tatsächlich kennt er nämlich sowohl die Antwort als auch den Ausgang der Geschichte. Er hat sie schwarz auf weiß gelesen, in der Handschrift seines Freundes – ein achtlos entsorgter Tagebuch-Eintrag, den er aus einem Abfalleimer gefischt hatte, als der Verfasser der Zeilen während eines nächtlichen Gesprächs eingeschlafen war. Er war beeindruckt gewesen von den Details und dem Fluss in Rentons Prosa – wie er die Begebenheit in so unheimlich dichten und unbearbeiteten Worten auf Papier gebannt hatte.
    Bisher hat er sein Wissen zurückbehalten. Er wollte es aufsparen, um sich irgendwann über seinen Freund lustig zu machen. Als ein langes, trockenes Schluchzen in Rentons Brust explodiert, wird ihm klar, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist.
    Renton fühlt sich erbärmlich und schwach. Er hatte Fiona betrogen und in der Folge ihre Beziehung beenden müssen. Auch seinen Freund Bisto hatte er hintergangen und ihm danach nie wieder in die Augen sehen können. Es gab keine Entschuldigung. Er war verkommen und verrottet, bis in den Kern seiner Seele hinein.
    Er denkt an die Worte von Tom Curzon. Vielleicht ist das wirklich nur eine Phase, die ich gerade durchmache …
    Er schaut Sick Boy an, der nun seinen Kopf gesenkt hat und alles zu verstehen scheint … — Und du? Was hast du getan? Renton bleibt in der dunklen Straße stehen und blickt seinem Freund ins Gesicht.
    Sick Boy merkt, wie sich etwas in ihm zusammenbraut, nach oben aufsteigt und über seinen Mund nach draußen zu gelangen versucht. Er setzt alles daran, dieses Gefühl zu unterdrücken, und greift zu einem Ablenkungsmanöver: — Matty …
    — Scheiß auf Matty.
    Sick Boy ist erleichtert, dass Renton ihm zuvorgekommen ist und damit seine eigenen Geständnisse verhindert hat. Fick sei Dank, dass es sich immer nur um Rents drehen muss. — Also … ich denke, dass es dieser kleine Flachwichser war. Er hat Janey Anderson wegen dem Rentenbetrug angeschissen. Ich hatte es ihm gegenüber mal erwähnt. Nur beiläufig zwar, aber es war trotzdem dumm. Er schaut Renton an, um herauszufinden, ob seine Lüge bestehen kann. — Ich glaube, dass er sie verpfiffen hat, Mark.
    — Nee …, sagt Renton zögernd. — So tief würde selbst Matty nicht sinken.
    Sick Boy krümmt sich und erlaubt dem Willen, der seinen schmerzenden Körper und seinen gequälten Geist mit letzter Kraft zusammenhält, eine Ruhepause, um sich selbst mit dem nun unausweichlichen Sturm der Übelkeit zu bestrafen. — Ich fühl mich einfach so verdammt scheiße und krank …
    — Ich auch, Mann. Aber wir sind fast da, Kumpel. Wir müssen uns nur noch ein klein wenig länger zusammenreißen.
    Sie erreichen die Elm Row, dann die Montgomery Street. Vor der Eingangstür halten sie inne und versuchen, sich zu sammeln. — Wenn wir uns die letzten paar Valium reingezogen haben, war’s das für mich, meint Sick Boy mit Tränen in den Augen. — Dann is Schluss, Mark. In diesem Leben werde ich kein Skag mehr anrühren!
    Renton ist sichtlich bewegt. Sick Boys Worte klingen so überzeugt und kraftvoll, so gewiss und absolut. Auch seine Augen werden jetzt feucht, während das Bild von Keezbo, allein zurückgelassen im Niemandsland, in seinem Kopf brennt. — Auf jeden, meint er und greift die Schulter seines Freundes. — Damit sind wir durch.
    Beide schauen in den Himmel und fühlen sich unfähig, ins Treppenhaus zu treten. Zu sehr fürchten sie die kalten Stufen hinauf zu ihrer Wohnung im obersten Stockwerk.
    Damit sind wir durch.
    Mit dieser Erkenntnis im Kopf
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