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Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Titel: Sinuhe, Sohn der Sykomore 1
Autoren: Kathrin Brueckmann
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Arm trug. Diese Deben genannte Form des Zahlungsmittels war besser zu transportieren als Tauschware in Form von Naturalien. Bei Bedarf trennte man Stücke davon ab oder übergab sie als Ganzes seinem Handelspartner.
    »Ach, Meret, was willst du denn mit diesen Sachen? Lass uns weitergehen. Wir haben noch eine weite Heimreise vor uns«, versuchte der Mann seine Frau von Nebus Waren wegzuziehen.
    »Warte. Ich will nur kurz schauen. Helfen deine Sachen denn? Wir wünschen uns so sehnlich ein Kind«, wandte sie sich an Nebu und schaute ihn flehentlich an.
    Nebu unterdrückte den Triumph, richtig geraten zu haben. Eilfertig machte er eine Geste, die alles auf seiner Decke einschloss: »Meine Dame, bei mir findest du nichts Billiges wie auf den Märkten. Diese Amulette wurden von der Göttin persönlich gesegnet. Wer sie trägt, wird die Kraft der Hathor durch seinen Körper strömen fühlen. Aber, schönste Dame«, zwinkerte er der Frau zu, »am wundertätigsten ist dieses hier.« Er setzte eine geheimnisvolle Miene auf und schlug ein feuchtes Leintuch zurück.
    »Sykomorensetzlinge? Was soll der Unfug?« Der Mann schien erbost. »Komm, Meret, die bekommen wir auch zu Hause.« Er ergriff die Hand seiner Frau, die sich auch schon halb wegziehen ließ.
    »Nicht einfach nur Setzlinge«, beeilte sich Nebu zu sagen. »Sie stammen von diesem Baum hier.« Er beugte sich verschwörerisch vor und sah, wie die Frau die zerrende Hand ihres Mannes abzuschütteln begann und wieder näher kam, um ihn besser zu verstehen. »Der Baum hinter mir ist alt und heilig, es ist dieser Baum, der bei der Erschaffung der Welt aus dem Urgewässer Nun aufragte. Von ihm nähren sich die Seelen der Götter und der verstorbenen Pharaonen. Wer einen Setzling dieses Baumes sein Eigen nennt, ist wahrlich gesegnet. Denn so, wie der Baum in feuchter Erde Wurzeln schlägt, wird sich auch der Samen deines Mannes in dir verankern.«
    Die Augen der Frau begannen zu glänzen, so lebhaft war das Bild, das Nebu heraufbeschworen hatte. »Cheti …«, bettelte sie.
    Nebu sah im Gesicht des Mannes, dass der um seine Niederlage wusste.
    »Was soll denn so ein Setzling kosten«, brummelte er unwillig.
    »Heiliger Setzling, edler Herr. Einen Kupferdeben, nicht zu viel für eine so wundermächtige Pflanze, würde ich meinen.«
    »Was? Welcher Dämon hat dich gebissen? Dafür bekomme ich einen ganzen Sack Getreide. Das ist Wucher. Komm, Meret.«
    Flehend sah die Frau ihren Mann an. »Aber du hast ihn doch gehört. Dies ist der mächtigste Zauber, den wir bekommen können. Du wünschst dir doch auch so sehr, dass wir endlich Kinder bekommen.«
    Der Blick des Mannes wurde weicher, als er seine Frau so verzweifelt sah. Seine Finger spielten mit dem glänzenden Kupferreif an seinem Arm. Doch dann strafften sich seine Schultern.
    »Nein. Das Kupfer brauchen wir für die Heimfahrt. Oder willst du etwa nach Waset zurücklaufen?«
    Nebu erkannte, dass er an diesen beiden nichts verdienen würde, und schlug die Pflänzchen wieder in ihr schützendes Tuch ein – sehnsüchtig beobachtet von der Frau. Tränen schimmerten in ihren braunen Augen. Dann wandte sie sich seufzend um und folgte ihrem Mann in Richtung Pylon. Nebu sah ihr hinterher, wie sie mit hängenden Schultern über den sonnigen Platz schlurfte, und zu seinem eigenen Erstaunen regte sich in ihm Mitleid. Rasch sah er sich um, ob er von einem seiner Vorgesetzten beobachtet wurde, und griff dann verstohlen unter das Tuch. Er holte das Paar erst ein, als sie das Steintor bereits durchschritten hatten. Wortlos steckte er der Frau den Setzling zu und eilte zurück zu seinem Platz.
     
    * * *
    Meret hegte und versorgte das kostbare Geschenk auf der weiten Heimreise in den Süden, als sei es bereits ihr Kind. Cheti verkniff sich abfällige Bemerkungen, weil er sah, wie glücklich seine Frau war. Und immerhin hatte der junge Baum ihn nichts gekostet, was schadete es also? Er selbst war zwar durchaus gläubig, aber er hatte leider auch schon zu viel von der Schlechtigkeit der Menschen gesehen, als dass er noch an solch faulen Zauber hätte glauben können.
    Langsam glitt die Barke den Nil hinauf, bis sie einige Tage später die Residenzstadt Waset erreichte, in der Cheti als niederer Schreiber bei Hofe tätig war.
    »Hoffentlich wächst unser Bäumchen gut an«, murmelte Meret und runzelte die Stirn. Sie konnten sich keinen eigenen Gärtner leisten, und sie war unsicher, wie sie die Pflanze zu behandeln hatte. Es war ihr so
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