Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition)
Autoren: Robert Jackson Bennett
Vom Netzwerk:
Colette.
    Er lächelte schwach. »Wo ich hinmuss. Zu fernen Orten am Ende des Himmels oder vielleicht noch weiter. Ich werde meine Suche wieder aufnehmen, und ich werde sie fortsetzen, solange ich kann.«
    »Bist du sicher, dass du das tun willst, Harry?«, fragte sie.
    »Ich war noch nie sicherer, meine Liebe«, bekräftigte er seinen Entschluss. »Das ist das, was ich stets getan habe. Und es mag das sein, was ich stets tun werde. Vielleicht ist es auch das, was ich verdiene.«
    »Jemand hat mir einmal erklärt, wir müssten die Schöpfer unseres eigenen Lebens sein«, sagte George. »War das eine Lüge?«
    Feierlicher Ernst legte sich über Harrys Züge. »Vielleicht ist es eine Lüge. Und vielleicht ist es die Wahrheit. Andererseits ist es vielleicht auch ein wenig von beidem.«
    Dann, mit einem letzten Lächeln, trat er zurück. »Du und ich, wir wissen beide, dass du nicht mein Sohn bist«, sagte er zu George. »Aber ich denke schon, dass du für unsere Familie ein wertvoller Zuwachs bist.« Die Seiten des Türrahmens fingen zu zittern an, und der Fels wuchs allmählich zusammen. Die Türöffnung wurde immer kleiner, bis nur noch ein winziger Spalt übrig war, und durch den Spalt sah George, wie Harry sehr, sehr langsam hinter den Schreibtisch trat und sich mit den ächzenden Bewegungen eines alten Mannes auf seinem Stuhl niederließ. Er kreiselte herum, legte seine Füße unter das zerbrochene Erkerfenster und starrte hinaus in die Finsternis, wie er es schon so viele Male zuvor getan hatte. Dann schmolz der Stein zusammen, und er war fort.
    Colette und George stapften gemeinsam zurück zum Lake Champlain. Es war eine lange Wanderung, und sie waren beide schmutzig und zerlumpt, als sie ihr Ziel erreicht hatten. Als sie endlich ein Hotel gefunden hatten, badeten sie, zogen sich um und gingen los, um den Bahnhof zu suchen.
    »Wo wirst du hingehen, George?«, fragte Colette.
    »Heim«, antwortete er. »Nach Rinton.«
    »Warum? Ich dachte, du wolltest die Vaudevilletheater bereisen, auftreten und dir die Welt ansehen.«
    »Ich habe die Theater bereist. Und ich habe die Welt gesehen. Und ich habe meinen größten Auftritt bereits hinter mir, Colette. Aber niemand hat mich gehört.«
    »Ich habe dich gehört«, sagte sie. »Ein wenig.«
    Er nickte lächelnd. »Dann denke ich, das wird mir reichen müssen.«
    »Wie hast du das gemacht, George? Ich dachte, die Wölfe wären unabhängig von der Weise. Sie konnten durch sie zurückgetrieben werden, aber nicht verändert.«
    »Es ging wohl darum, aus nichts etwas zu machen«, überlegte er. »Und um die Darbietung. Als die Erste Weise gesungen wurde, haben die Wölfe sie nicht gehört. Sie wurden erst später lebendig. Dieses Mal haben sie zugehört. Und niemand kann einen Schöpfungsakt erleben und unverändert seiner Wege gehen. Nicht einmal die Wölfe.« Sein Lächeln erstarb, und er starrte bekümmert vor sich hin. »Ich hoffe, das, was ich getan habe, war richtig. Es schien das Einzige zu sein, was ich tun konnte.«
    »Es war bestimmt richtig.«
    »Vielleicht. Jetzt will ich jedenfalls nur noch nach Hause.« Er schwieg für einen Moment. »Du könntest mitkommen.«
    »Das könnte ich«, stimmte sie zu.
    »Dort würdest du vielleicht Frieden finden.«
    »Vielleicht.«
    »Aber du wirst nicht mitkommen«, wusste George.
    »Nein«, antwortete sie. »Ich fürchte, das werde ich nicht, George. Weißt du, Harry mag nicht dein Vater sein, aber ihr zwei seid euch ziemlich ähnlich.«
    »Er hat dich auch gefragt, ob du mit ihm gehst, richtig?«
    »Ja«, sagte Colette. »Das hat er. An seinem Angebot war ich auch nicht sonderlich interessiert. Aber davon abgesehen, seid ihr beide sehr raffinierte und überzeugende Männer, weißt du?«
    »Raffiniert? Ich bin überhaupt nicht listig. Nicht so wie du oder Harry, so viel ist sicher.«
    Sie lachte. »George, hast du schon so viel von dem vergessen, was du letzte Nacht getan hast?« Lächelnd schüttelte sie den Kopf, doch das Lächeln versiegte, als sie über seine Schulter hinweg jemanden musterte.
    George drehte sich nicht um. »Was ist los?«
    »Da ist ein Mann. Er beobachtet uns«, sagte sie.
    George steckte die Hände in die Taschen, drehte sich ganz beiläufig ein wenig zur Seite und ließ seinen Blick schweifen, und er sah, dass sie recht hatte: Unter der Markise eines Ladens stand ein Mann, der sie beobachtete. Er schien an Ort und Stelle erstarrt zu sein, als er gerade etwas in sein Notizbuch hatte schreiben wollen, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher