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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition)
Autoren: Robert Jackson Bennett
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viele Künstler in Otterman’s Theater auftreten wollten, obwohl es im Keith-Albee-Circuit einen recht unbedeutenden Platz belegte.
    Doch nun ging George beinahe genauso abrupt, wie er aufgetaucht war, was das Theater in eine recht prekäre Lage brachte: Gretta Mayfield kam nur her, weil sie davon ausging, dass George sie begleiten würde, und das war nur der Anfang; nach kurzer Lagebesprechung kam das Orchester zu dem erschreckenden Schluss, dass mindestens ein Viertel der für die nächste Woche vorgesehenen Künstler nur zugestimmt hatten, im Otterman’s aufzutreten, weil George ihren hohen Ansprüchen genügte.
    Der Neuigkeit, die Tofty so hektisch verbreitet hatte, schlossen sich wilde Spekulationen an. Kannte jemand den Grund für Georges Kündigung? Hatte irgendjemand eine Erklärung? Vielleicht, vermutete Victor, wollte er nun doch mit einer eigenen Nummer auf Tour gehen oder sich endlich etwas Anständiges suchen (mit anderen Worten: bei angesehenen Orchestern und Symphonikern spielen, statt in einem einfachen Vaudevilletheater). Aber Tofty sagte, er hätte nichts davon gehört, dass George dergleichen im Sinn hätte, und er würde es doch wissen, nicht wahr?
    Vielleicht hatte ihn ein anderes Theater abgeworben, meinte jemand. Doch Van Hoever würde definitiv darum kämpfen, George zu halten, wie Catherine einwandte, und die einzigen Theater, die imstande waren, ihn zu überbieten, waren alle sehr weit entfernt und würden doch kaum ihre Talentsucher hierherschicken. Was ging nur im Kopf des Jungen vor? Sie vergeudeten den ganzen Vormittag damit, das Thema zu diskutieren, und fanden doch keine Antwort.
    George tat sein Bestes, das aufgeregte Gerede zu ignorieren, während er seine Sachen packte, doch das war nicht einfach; da er Van Hoever noch keine offizielle Kündigung überbracht hatte, fragten alle nach dem Grund für seine Fahnenflucht, in der Hoffnung, sie könnten es noch einmal richten.
    »Geht es ums Geld, George?«, fragte Tofty. »Hat Van Hoever sich geweigert, deine Gage zu erhöhen?«
    Nein, antwortete George. Nein, das Geld war es nicht.
    »Sind es die Künstler, George?«, versuchte es Archie. »Hat einer von ihnen dich gekränkt? Du darfst diese Mistkerle gar nicht beachten, Georgie, die sind manchmal furchtbar!«
    Aber George schnaubte nur hochmütig und sagte, dass es gewiss nicht an einem der Künstler läge. Die anderen Musiker beschimpften Archie wüst ob der dummen Frage; natürlich lag es nicht an den Künstlern, denn George gab ihnen nie einen Grund zu Beanstandungen.
    »Geht es um ein Mädchen, George?«, fragte Victor. »Du kannst es mir sagen. Ich kann ein Geheimnis bewahren. Es ist ein Mädchen, nicht wahr?«
    Bei diesen Worten lief George leuchtend rot an und geriet für einen Moment ungehalten ins Stottern. Nein, sagte er schließlich. Nein, vielen Dank auch, es ging nicht um ein Mädchen.
    »Liegt es dann vielleicht an etwas, das Tofty gesagt hat?«, fragte Catherine. »Immerhin hast du mit ihm gesprochen, ehe du gesagt hast, dass du kündigen willst.«
    »Was?«, empörte sich Tofty lauthals. »Was für eine abscheuliche Anschuldigung! Wir haben uns lediglich über Theatergerüchte unterhalten, davon dürfen Sie ausgehen! Ich habe nur erwähnt, dass Van Hoever sauer war, weil eine Truppe uns ausgelassen hat.«
    Bei diesen Worten wurde Georges Miene sonderbar starr. Er hörte auf, seine Notenblätter einzusammeln, und wandte für eine Minute den Blick ab. Aber dann sagte er, nein, Tofty habe nichts damit zu tun. »Und würden Sie mich jetzt bitte alle in Ruhe lassen?«, fragte er. »Die Entscheidung hat nichts mit Ihnen zu tun, und außerdem gibt es nichts, was mich umstimmen könnte.«
    Als die anderen Musiker erkannten, wie ernst es ihm war, schlurften sie grummelnd davon. Kaum waren sie fort, kratzte sich George am Kopf und kämpfte gegen den Drang zu lächeln an. Trotz seines ernsten Auftretens hatte er es genossen, zu sehen, wie sie sich gegenseitig überboten hatten, um ihm zu schmeicheln.
    Das Lächeln erstarb, als er sich wieder seiner Habe widmete und der Entscheidung, die er getroffen hatte. Das Orchester war nicht von Bedeutung, sagte er sich im Stillen. Otterman’s war nicht mehr von Bedeutung. Das Einzige, was jetzt noch zählte, war, so schnell wie möglich zur Tür hinaus und auf die Straße zu kommen.
    Nachdem er den Rest seiner Sachen eingesammelt hatte, ging er zu seiner letzten Station: Van Hoevers Büro. Der Theaterleiter hatte die Gerüchte sicher
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