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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition)
Autoren: Robert Jackson Bennett
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erfahren«, stellte Silenus fest. »Wir werden nie erfahren, warum. Wir werden nie imstande sein, den Schöpfer zurückzurufen.« Er blickte auf und starrte zu dem dunklen Fluss hinüber. »Und ich werde nie imstande sein, Annie zu heilen. Sie ist auch verloren, nicht wahr?«
    George nickte mit traurigem Gesicht.
    »Wie? Die Symbole auf ihrer Haut hätten sie schützen müssen …«
    »Nicht gegen das, was passiert ist«, sagte George. »Ich habe es gesehen, als ich alles wieder aufgebaut habe.« Er erzählte, was Annie getan hatte, wie sie den Eisenbahnwaggon den Hügel hinaufgezerrt hatte, obwohl er sie zerrissen hatte, und wie sie sich den zermalmenden Tonnen ergeben hatte, die den Damm zerstört hatten. »Selbst sie konnte das nicht überleben.«.
    Lange Zeit sagte Silenus kein Wort. Er starrte nur in die Flammen und sah klein und verängstigt aus.
    »Das war das, was sie gewollt hat, Harry. Sie wollte sterben. Und sie wollte uns helfen. Sie hat beides getan.«
    »Wenn sie doch nur noch etwas länger durchgehalten hätte«, sagte Silenus leise. »Und wenn du nicht die ganze Weise verbraucht hättest … Warum hast du sie nicht verändert oder geheilt? Warum konntest du nicht wenigstens das tun?«
    »Weil ich die Welt nicht verändern wollte, nur weil sie dann netter gewesen wäre«, erklärte George. »Die Welt ist, wie sie ist. Sie hat genug durchgemacht. Sie hat Schlaf gewollt. Ich habe ihr den Schlaf gelassen, wie du es schon vor langer Zeit hättest tun sollen.«
    »Aber sie war der Grund dafür, dass ich getan habe, was ich getan habe. Warum ich nach der Weise gesucht habe. Ich … ich wollte eine Erklärung . Ich wollte wissen, warum sie mir genommen worden war, wie das hatte geschehen können. Und ich hatte die vage Hoffnung, ich könnte den Schöpfer vielleicht, nur vielleicht dazu bringen, sie zurückzuholen …«
    »Bist du nicht wenigstens ein bisschen wütend auf sie, Harry?«, fragte Colette. »Sie hat uns verraten. Dich hat sie umgebracht. Sozusagen.«
    Silenus dachte darüber nach. »Nein«, sagte er nach einer Weile mit leiser Stimme. »Nein, ich empfinde ihr gegenüber keinen Zorn. Vielleicht hat mich ihr Verrat nicht einmal überrascht, denn ich habe sie auf gewisse Weise bereits vor langer Zeit verraten. Ich habe sie verraten, indem ich sie am Leben hielt und neue Liebschaften eingegangen bin … aber ich gebe zu, nach all diesen vielen Jahren auf der Suche nach der Weise habe ich vergessen, warum ich überhaupt mit der Suche angefangen hatte. Die Vorstellung, ich könnte meine Frau retten, an die ich mich kaum erinnern konnte, wirkte so unbedeutend, verglichen damit, dass ich die Erklärung für die ganze Schöpfung hätte in Händen halten können.« Seine Augen fingen an zu glänzen, doch der Glanz verblasste rasch. »Aber nun ist jede Chance verloren. Und Annie ist verloren. Trotz all meiner Bemühungen ist sie nun endgültig verloren.«
    »Hast du vergessen, welchen Preis deine Bemühungen gefordert haben?«, fragte George. »Wie viele Orte wegen deiner Suche untergegangen sind, Harry? Wie viele Leben von der Finsternis verschlungen wurden? Häuser und Städte, die einfach erloschen sind, so, als hätten sie nie existiert?«
    »Ich weiß nicht«, überlegte Silenus. »Ich weiß, was ich getan habe, war falsch, aber es schien die einzige Möglichkeit zu sein. Ich musste es tun. Das war alles, was mir geblieben war, und ich dachte, wenn ich es schaffe, dann könnte ich all die Schäden, die dadurch entstehen, wieder richten. Doch mit Annie ist es nur noch schlimmer geworden, als du dich uns angeschlossen hast, George. Du siehst mir in meinen jungen Jahren so ähnlich, und …«
    »Und sie hat mich immer wieder Bill genannt«, erinnerte sich George. »Ich verstehe.«
    Silenus nickte. »Und am Ende war doch alles umsonst.«
    »Als du mir in New York ihren Grabstein gezeigt hast, da hast du gesagt, dass er bedeutunglos wäre«, sagte George. »Dass das, worauf sich die Inschrift bezieht, längst vergangen sei.«
    Silenus sah ihn an, eine Braue fragend hochgezogen. »Und?«
    »Und ich denke, es ist fort«, meinte George. »Aber ich denke nicht, dass es vergangen ist. Du erinnerst dich an sie. Anderenfalls würdest du nicht trauern. Und sie hätte nicht getan, was sie getan hat, hätte sie sich nicht an dich erinnert.«
    Silenus ließ den Kopf hängen. »Vielleicht«, sagte er tonlos.
    »Sie hatte recht, weißt du? Die Schöpfung ist keine Maschine, deren Zahnräder ein paar Zähne verloren
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