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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Einfallsreichtum, ein Professor in seinem eigenen Land, hier aber noch viel mehr: ein Künstler, der nur darauf wartet, Ihnen zu Diensten zu sein. Ich präsentiere Ihnen den Ehrfurcht gebietenden Professor Kingsley Tyburn und seine Gefährten!« Mit ausholender Geste setzte Silenus seinen Zylinder wieder auf, sank ein in die Dunkelheit und war verschwunden. Der Vorhang hob sich langsam, und George hätte vor Enttäuschung beinahe aufgestöhnt; zum ersten Mal hatte er einen Blick auf seinen Vater erhaschen können, und er wollte nicht, dass er wieder aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Doch er beruhigte sich wieder, als er sah, was sich hinter dem Vorhang befand.
    Das gemalte Bühnenbild stellte das Innere eines alten Bauernhauses dar, doch die Szene wirkte befremdlich und wenig einladend. Das Holz des Hauses war grau und wirkte alt, und die Landschaft vor dem Fenster war angefüllt mit verkrüppelten Bäumen und einem kränklich aussehenden Mond. Vor der Kulisse stand ein langer, hoher Tisch, in dessen Mitte ein Mann in einem schwarzen Smoking saß. Seine Haut war weiß geschminkt, die Lippen leuchtend rot, das kupferfarbene Haar trug er kurz geschnitten. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und schien gerade ein Buch zu lesen, ohne sich des Publikums überhaupt bewusst zu sein. Eine seiner Hände hielt das Buch, die andere lag versteckt unter dem Tisch. Auf der Tischplatte befanden sich drei Kisten, alle verschlossen. Sie erinnerten ein wenig an winzige Särge. Der Mann leckte sich über den Finger und blätterte die Seite um. Darüber hinaus tat er gar nichts.
    »Haben wir schon angefangen?«, fragte eine zarte, blecherne Stimme. »Es hat sich angehört, als hätten wir …« Die Stimme sprach mit einem typischen New Yorker Näseln und hörte sich an, als käme sie aus einer der Kisten.
    Der Mann, vermutlich der Professor, zog eine Braue hoch und musterte die rechts außen stehende Kiste. Die Zuschauer schmunzelten.
    »Glaub ich nicht«, sagte eine andere Stimme, tiefer und mit Cockneyakzent. »Dann hätte er uns doch aufgemacht, oder?« Diese Stimme kam aus der mittleren Kiste. George kniff die Augen zusammen, versuchte zu erkennen, ob sich die Lippen des Professors bewegten. Er war weit entfernt, aber es schien, als zuckten sie nicht einmal.
    »Es sei denn, er ist immer noch böse auf uns«, sagte eine dritte Stimme aus der linken Kiste. Diese sprach mit Südstaatenakzent und sollte weiblich klingen, wenngleich in ihr ein Bass mitschwang, der auf einen Mann hindeutete. »Haltet ihr das für möglich?«
    »Ja!«, sagte der Professor und knallte sein Buch auf den Tisch. »Das bin ich in der Tat.«
    Aus einer der Kisten ertönte ein Keuchen, und sie bebte ein wenig, als wäre im Inneren jemand erschrocken zusammengezuckt. Erneut war Gelächter im Publikum zu hören.
    »Warum bist du immer noch böse auf uns, Doc?«, fragte die erste Stimme.
    »Du weißt ganz genau, warum ich wütend bin, Denny«, sagte der Professor.
    »Ach«, machte die Stimme. »Ist es wegen der Party?« Der Deckel der rechten Kiste öffnete sich, und ein Holzgesicht mit großen, nichtssagenden Augen, einer Mopsnase und einem mottenzerfressenen alten Hut stieg empor und lehnte sich über den Rand. Das Publikum lachte und klatschte über das Erscheinen der Puppe.
    »Ja, Denny, es ist wegen der Party«, sagte der Professor. »Ihr habt mich schrecklich blamiert. Du bist geradewegs zur Gastgeberin marschiert und hast gefragt, ob … ob …«
    Die Kiste auf der linken Seite öffnete sich ebenfalls, und eine weitere Puppe kam zum Vorschein. Diese hatte blondes Haar, ein Kleid mit Reifrock und die sinnlichen blauen Augen einer Südstaatenschönheit. »Er hat gefragt, ob sie an Liebe auf den ersten Blick glaubt«, sagte sie, und ihr hölzerner Mund bewegte sich passend zu den Worten. Die Zuschauer klatschten anerkennend.
    »Ja!«, bestätigte der Professor verlegen.
    Nun öffnete sich die mittlere Kiste, und eine dritte Puppe trat in Erscheinung. Diese war fett und kahl, ausgestattet mit einer mächtigen Braue. »Ich weiß nicht, was daran so schlecht sein soll«, wunderte sich die Puppe mit ihrem schweren Cockneyakzent.
    »Daran ist nichts schlimm«, sagte der Professor. »Na ja, jedenfalls nicht so schlimm. Was mich auf die Palme bringt, ist, was er danach gesagt hat. Sie hat gesagt, nein, das täte sie nicht, und dann hat er gesagt …«
    »Ich sagte, in diesem Fall müsste ich wohl öfter herkommen«, sagte Denny, und obgleich sein Gesicht

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