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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine
Autoren: Lindsey Davis
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vorausschritten – in meinem Fall kein einziger.
    An den Türen des Senators waren nagelneue Schlüssellochschilder angebracht, aber ein Portier mit Arme-Sünder-Miene und einem großen blauen Fleck auf der Backe spähte durch das Gitterchen und öffnete mir, sobald ich den Strick an der großen Kupferglocke gezogen hatte. Sie erwarteten jemand. Wahrscheinlich den, der dem Portier gestern eine geknallt und das Mädchen abgeschleppt hatte.
    Wir durchquerten ein schwarzweiß gekacheltes Vestibül mit verblichenen, zinnoberroten Wänden und einem blubbernden Springbrunnen in der Mitte. Camillus war ein schüchterner Mann Mitte Fünfzig, der sich in einer Bibliothek zwischen Massen von Papier und Schreibereien, einer Kaiserbüste und ein paar hübschen Bronzelampen vergraben hatte. Er sah ganz normal aus, aber er war es nicht. Zum einen war er höflich.
    »Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?«
    »Mein Name ist Didius Falco. Wenn Sie gestatten, Senator, hier meine Beglaubigung.« Ich schob ihm einen von Sosias Armreifen zu. Es war britannischer Gagat, das Zeug, das sie von der Nordostküste holen; die einzelnen Glieder waren so geschnitten, daß sie sich ineinanderfügten. Sosia hatte mir erzählt, ihre Cousine habe es ihr geschickt. Ich kannte die Art aus meiner Soldatenzeit, aber in Rom waren sie selten.
    Er prüfte den Reifen freundlich.
    »Darf ich fragen, woher Sie ihn haben?«
    »Vom Arm einer höchst ansehnlichen Person, die ich gestern vor zwei diebischen Halunken gerettet habe.«
    »Ist sie verletzt?«
    »Nein, Senator.«
    Unter seinen dichten Augenbrauen sah er mich direkt an. Obwohl sein Haar nicht besonders kurz war, stand es ihm vom Kopf ab, und das gab ihm ein munteres, jungenhaftes Aussehen. Ich sah, wie er seinen ganzen Mut zusammennahm, um die Frage zu stellen, was ich von ihm wolle. Ich machte ein hilfsbereites Gesicht.
    »Senator, soll ich sie zurückbringen?«
    »Welches sind Ihre Bedingungen?«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer sie entführt hat, Senator?«
    »Nicht die geringste.« Wenn ich geglaubt hätte, daß er lügt, hätte ich die Promptheit bewundert, mit der er antwortete. So gefiel mir seine Beharrlichkeit.
    »Ihre Bedingungen bitte!«
    »Rein berufliche Neugier. Ich habe sie an einem sicheren Ort versteckt. Ich bin Privatermittler. Ein Wachhauptmann aus dem dreizehnten Bezirk namens Petronius Longus wird für mich bürgen.«
    Er griff nach seinem Tintenfaß und machte sich eine Notiz in der Ecke eines Briefes, den er gerade las. Auch das gefiel mir. Er wollte meine Angaben überprüfen.
    Ohne ihn zu bedrängen, deutete ich an, daß er mich, wenn er sich dankbar erweisen wolle, unter Vertrag nehmen könne. Er machte ein nachdenkliches Gesicht. Ich erläuterte ihm meine Honorarsätze, die ich im Hinblick auf seinen Rang etwas erhöhte, denn wenn ich ihn ständig mit »Senator« ansprechen mußte, würde alles ein bißchen länger dauern. Er zögerte, wahrscheinlich weil es ihm nicht gefiel, daß ich dann ständig in der Nähe des Mädchens herumhängen würde, aber schließlich vereinbarten wir, daß ich ihn in Fragen des Objekt- und Personenschutzes beraten und außerdem wegen der Entführer die Ohren offenhalten würde.
    »Vielleicht hatten Sie recht, Sosia Camillina verschwinden zu lassen«, sagte er. »Ist das Versteck respektabel?«
    »Von meiner eigenen Mutter persönlich überwacht, Senator!« Das stimmte: sie durchstöberte regelmäßig meine Wohnung nach Hinweisen auf leichte Mädchen.
    Manchmal wurde sie fündig, manchmal gelang es mir, die Betroffenen noch rechtzeitig hinauszuschaffen.
    Dieser Senator war kein Dummkopf. Er meinte, jemand müsse mich zurückbegleiten und sich vergewissern, daß das Mädchen auch wirklich in Sicherheit sei. Ich riet ihm davon ab. Bei meinem Kommen hatte ich in dem Lokal auf der anderen Straßenseite ein paar schmierige Fettwänste gesehen, die beobachteten, wer sein Haus betrat. Möglicherweise hatten sie mit Sosia gar nichts zu tun, es konnten auch irgendwelche Einbrecher sein, die ihren nächsten Fischzug auskundschaften wollten und einen ungünstigen Tag erwischt hatten. Da er mich sowieso in seinem Haus herumführte, wollte ich sie ihm zeigen.
    An der Vordertür hatten sie ein solides Holzschloß mit einem fünfzehn Zentimeter langen eisernen Drehschlüssel und vier zusätzliche Türriegel aus Messing, ein Gitterfensterchen mit einem piekfeinen kleinen Schieber davor und einen großen Eichenbalken, der nachts in zwei gut verankerte Gabeln
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