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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge
Autoren: Jim Butcher
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geschehen werden. Ich schreibe Ihnen jetzt, um etwas zu sagen, das ich Ihnen vielleicht nicht mehr persönlich mitteilen kann.
    Ihr Weg ist oft dunkel, und Sie genießen nicht immer den Luxus der Klarheit, die für uns Ritter vom Kreuz so selbstverständlich ist. Wir kämpfen gegen die Mächte der Dunkelheit und zeichnen unser Leben in Schwarzweiß, während Sie sich in einer Welt voller Grautöne zurechtfinden müssen. In so einer Welt ist es nicht leicht, den richtigen Weg zu erkennen.
    Vertrauen Sie Ihrem Herzen. Sie sind ein anständiger Mann, und in solchen Herzen lebt Gott.
    Anbei mein Untersuchungsbericht. Meine Angehörigen wissen Bescheid, allerdings habe ich Michael und Sanya nichts darüber gesagt. Ich hoffe, dass dies ein kleiner Trost nach meinen Entscheidungen ist. Verschwendet nicht eure Tränen auf mich. Ich liebe meine Arbeit, und irgendwann müssen wir alle sterben. Zu sterben, wenn man einer Sache dient, die man liebt, ist der schönste Tod.
     
    Wandelt in Gnade und Wahrheit
    Shiro
     
    Ich überflog den Untersuchungsbericht und musste mehrmals blinzeln, um die Tränen zu unterdrücken.
    »Was ist das?«, fragte Sanya.
    »Er ist von Shiro«, erklärte ich. »Er war todkrank.« Ich hob das Blatt. »Krebs im Endstadium. Er wusste es schon, als er hierherkam.«
    Michael nahm den Bericht und atmete gedehnt aus. »Jetzt verstehe ich es.«
    »Ich nicht.«
    Er gab den Bericht lächelnd an Sanya weiter. »Shiro wusste offenbar, dass wir dich brauchen würden, um die Denarier aufzuhalten. Deshalb tauschte er sein Leben gegen deine Freiheit ein und nahm an deiner Stelle den Fluch auf sich.
    Du warst derjenige, den wir brauchten, du hattest alle Informationen, du hast durchschaut, dass Cassius sich als Vater Vincent ausgab. Du hattest die Kontakte zur Polizei und konntest uns helfen, als wir den Flughafen räumen mussten. Außerdem hast du Marcone um Hilfe gebeten.«
    »Ich weiß bloß nicht, ob das für oder gegen mich spricht«, antwortete ich finster.
    »Es bedeutet, dass du zur richtigen Zeit am richtigen Ort warst«, erwiderte Michael. »Was ist mit dem Grabtuch? Hat Marcone es noch?«
    »Ich glaube schon.«
    »Wie sollen wir weiter verfahren?«
    »Nicht wir – ich werde mich darum kümmern.«
    Michael betrachtete mich einen Moment, dann sagte er: »Na gut.« Er stand auf. »Oh, die Reinigung hat angerufen. Wenn du heute nicht vorbeikommst und deine Wäsche abholst, berechnen sie eine Gebühr. Ich muss sowieso für uns einkaufen und könnte dich mitnehmen.«
    »Ich bringe keine Sachen in die Reinigung«, murmelte ich. Dennoch begleitete ich Michael.
    In der Reinigung gaben sie mir meinen Ledermantel. Er war sauber und imprägniert, in einer Tasche fand ich die Schlüssel des blauen Käfers und ein Ticket eines Parkhauses. Auf der Rückseite stand in fließender Handschrift »Danke«. Demnach war Anna Valmont wohl doch nicht ganz so schrecklich.
    In meiner Wohnung lag eine Postkarte aus Rio ohne Absenderangabe, dafür entdeckte ich auf der Rückseite eine Telefonnummer. Ich rief an, und nach einigen Rufzeichen meldete sich Susan. »Harry?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Bist du wohlauf?«
    »Angeschossen, aber das wird schon wieder.«
    »Hast du Nikodemus besiegt?«
    »Ich konnte ihm entkommen«, sagte ich, »und die Seuche haben wir aufgehalten. Allerdings hat er Shiro getötet.«
    »Oh«, sagte sie leise. »Wie schrecklich.«
    »Ich habe meinen Mantel und mein Auto wieder, also halten sich meine eigenen Verluste in Grenzen.« Während ich mit ihr sprach, öffnete ich meine Post.
    »Was ist mit dem Grabtuch?«, fragte Susan.
    »Das ist noch nicht klar, Marcone ist nach wie vor im Spiel.«
    »Was ist passiert?«
    »Er hat mir und Michael das Leben gerettet, obwohl er es nicht hätte tun müssen.«
    »Oh.«
    »Ja. Manchmal glaube ich, die Dinge werden immer komplizierter, je älter ich werde.«
    Susan hustete. »Bitte entschuldige, dass ich nicht dabei war. Als ich wieder zu mir gekommen bin, waren wir schon über Mittelamerika.«
    »Schon gut.«
    »Ich wusste nicht, was Martin vorhatte«, fuhr sie fort. »Ehrlich. Ich wollte mit dir und Trish reden und ein paar Sachen abholen und dachte, Martin sei nur mitgekommen, um mir zu helfen. Mir war nicht klar, dass er von Anfang an die Absicht hatte, Ortega zu töten. Er hat mich als Deckung benutzt.«
    »Schon gut.«
    »Nein, es ist nicht gut.«
    Ich öffnete einen Umschlag, las den Brief und platzte heraus. »Du willst mich wohl auf den Arm
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