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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge
Autoren: Jim Butcher
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was ihn verletzen konnte.
    Ich langte nach hinten, tastete herum, bis ich die Schlinge gefunden hatte, und zog so fest ich konnte. Dann verdrehte ich sie und presste meine Knöchel fest gegen Nikodemus’ Hals.
    Er geriet in Panik, ließ meine Kehle los und wehrte sich heftig. Ich hielt mit aller Kraft dagegen und zog, bis er das Gleichgewicht verlor, schob ihn vom Waggondach herunter und wollte erst im letzten Augenblick die Schlinge loslassen. Er stürzte, doch Deirdre kreischte erschrocken und hielt ihn mit zuckenden Tentakeln am Arm fest.
    »Töte ihn«, würgte Nikodemus. »Töte ihn jetzt!«
    Hustend und keuchend hob ich den bewusstlosen Michael auf und sprang ab.
    Michael ging sofort unter, als wir aufs Wasser aufschlugen. Ich wollte ihn nicht loslassen und ging ebenfalls unter. Hektisch versuchte ich, das Ufer zu erreichen, doch es gelang mir nicht, ich verlor die Orientierung, und mir wurde schwarz vor Augen.
    Auf einmal, ich hatte mich schon fast aufgegeben, spürte ich neben mir etwas im Wasser. Es fühlte sich an wie ein Seil, also packte ich es. Ich hielt Michael verbissen weiter fest, während mich derjenige, der das Seil ausgeworfen hatte, herauszog.
    Ich schnappte heftig nach Luft, als ich den Kopf aus dem Wasser hob, dann half mir jemand, Michael bis ans Ufer zu ziehen.
    Es war Marcone. Er hatte kein Seil geworfen.
    Er hatte mich mit dem Grabtuch herausgezogen.

33 . Kapitel
     
     
     
    Ich kam auf der Ladefläche von Michaels Pick-up zu mir, starrte die Sterne und den Mond über mir an und hatte unerträgliche Schmerzen. Sanya saß nicht weit entfernt und beobachtete mich, Michael lag reglos neben mir.
    »Er ist wach«, sagte Sanya, als ich mich bewegte.
    »Bleiben Sie ruhig liegen«, rief Murphy von vorn herüber.
    »Wir wissen nicht, wie schwer Ihre Schussverletzung ist.«
    »Alles klar«, sagte ich. »Hi, Murph. Es hätte reißen müssen.«
    »Was?«, fragte Murphy.
    »Das Grabtuch. Es hätte reißen müssen wie nasses Papier.«
    »Still, Harry. Seien Sie ruhig und reden Sie nicht.«
    Das war mir ganz recht. Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, lag ich im Leichenschauhaus.
    Das allein reicht schon, um einem die Laune zu verderben. Ich lag auf dem Untersuchungstisch, und Butters, in voller Operationskluft und mit seinen Autopsiegeräten ausgerüstet, beugte sich über mich.
    »Ich bin gar nicht tot«, protestierte ich. »Ehrlich nicht.«
    Murphy erschien in meinem Gesichtsfeld und legte mir eine Hand auf die Brust. »Das wissen wir. Immer mit der Ruhe. Wir müssen die Kugel herausholen. In die Notaufnahme können wir Sie nicht bringen, denn die müssen alle Schussverletzungen melden.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Butters. »Die Röntgenaufnahme ist völlig verpfuscht, und ich bin nicht sicher, ob sie mir wirklich zeigt, wo die Kugel sitzt. Wenn ich einen Fehler mache, wird alles nur noch schlimmer.«
    »Sie schaffen das schon«, beruhigte Murphy ihn. »Wenn er in der Nähe ist, spielen alle elektrischen Geräte verrückt.« Der Raum drehte sich um mich, irgendwann legte Michael mir die Hand auf die Stirn. »Ruhig, Harry. Es ist fast vollbracht.«
    Wie schön, dachte ich. Jetzt fahre ich mit bewaffnetem Begleitschutz zur Hölle.
    Irgendwann schlug ich in einem kleinen Zimmer die Augen wieder auf. Überall Kisten, Kästen und Regale mit Stoffresten. Ich lächelte, als ich mich erinnerte. Das Gästezimmer der Carpenters.
    Neben dem Bett lag Michaels Brustharnisch auf dem Boden. Er hatte vier Schusslöcher. Als ich mich aufrichten wollte, jagte ein grausamer Schmerz durch meine bandagierte Schulter.
    Jemand war an der Tür. Ein kleines Augenpaar spähte um die Ecke, und der kleine Harry Carpenter starrte mich mit großen, blaugrauen Augen an.
    »Hi«, sagte ich.
    Höflich hob er eine pummelige Hand und winkte.
    »Ich bin Harry«, sagte ich.
    Er runzelte angestrengt die Stirn. »Hawwy.«
    »Nicht schlecht, Junge.«
    Er lief fort und kam gleich darauf mit hoch über dem Kopf erhobener Hand zurück, weil er sich an einem Finger seines Vaters festhielt. Michael lächelte mich an. Er trug Jeans und ein sauberes weißes T-Shirt, ein Arm war verbunden. Die Schnittwunde im Gesicht heilte schon, und er wirkte entspannt und ausgeruht. »Guten Tag«, begrüßte er mich.
    Ich lächelte müde. »Dein Glaube schützt dich, was?«
    Michael drehte den Brustharnisch um. Von innen war er mit einem hellen Material ausgeschlagen, das mehrere tiefe Dellen aufwies. Er pellte die Schicht ab und zeigte mir das
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