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Silberglocken

Silberglocken

Titel: Silberglocken
Autoren: Debbie Macomber
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Carrie.
    “Jetzt gleich?” Mackenzie brauchte keine zweite Aufforderung. Sie riss das Papier auf, als wäre es die reine Folter, noch einen Augenblick länger warten zu müssen. Ein Taschenspiegel mit Bürste und Kamm kam zum Vorschein. “Das habe ich mir immer gewünscht!” hauchte sie selig. “Es ist so … so damenhaft.”
    “Woher wusste Ihre Mutter das?” wollte Philip von Carrie wissen. Er wäre nie auf so eine Idee gekommen.
    “Ich habe so etwas Ähnliches”, flüsterte Carrie zurück. “Mackenzie hat sich schon stundenlang damit amüsiert.”
    “Oh.” Philip fühlte sich völlig unzulänglich. Nie würde er seine Tochter verstehen. Sie war jetzt in diesem komplizierten Alter, in dem sie oft selbst nicht wusste, was sie wollte. Einmal wünschte sie sich sehnlichst ein Pferd, dann wieder mussten es unbedingt Ballettstunden sein. Philip hatte manchmal das Gefühl, dass er sie gar nicht mehr kannte. Sie war halb Kind, halb Frau.
    Es waren ja auch nicht die Ballettstunden oder das Pferd, die ihn überforderten, es waren ihre Stimmungsschwankungen. In einem Augenblick war sie lieb und vernünftig, im nächsten brach sie wegen irgendeiner banalen Kleinigkeit in Tränen aus oder verbreitete schlechte Laune. Er wünschte, Laura würde sich mehr um sie kümmern. Er fühlte sich seiner Tochter manchmal einfach nicht gewachsen.
    Später, als es Zeit war zu gehen, bedankte Philip sich bei Jasons Eltern für die Einladung.
    “Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen”, sagte Charlottes Schwiegermutter Elizabeth Manning und nahm seine Hand zwischen ihre. Dann beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. “Sie sind eine Bereicherung für unsere Familie”, flötete sie ihm ins Ohr. “Wollen Sie mir etwas versprechen?”
    “Gern. Wenn ich kann.”
    “Ich wünsche mir eine schöne, große Hochzeit”, verkündete sie dann so laut, dass es alle hören konnten.
    Allgemeine Zustimmung klang auf. “Äh …”, begann Philip, um gleich darauf wieder hilflos zu verstummen.
    Carrie kam ihm zu Hilfe. “Nochmals vielen Dank, Grandma”, sagte sie und ersparte ihm damit die Antwort.
    Sie umarmte Jasons Eltern. Charlotte, Jason und ihre beiden kleinen Halbbrüder begleiteten sie zum Auto, und alle küssten und umarmten sich noch einmal. Philip hatte noch nie eine Familie erlebt, die so liebevoll miteinander umging. Es gefiel ihm. Und auf einmal merkte er, dass er sich das sein Leben lang gewünscht hatte. Er und Laura waren beide Einzelkinder gewesen und hatten dann selbst auch nur ein Kind bekommen. Vielleicht wäre vieles anderes gekommen, wenn sie eine größere Familie gewesen wären.
    Auf dem Heimweg sangen sie Weihnachtslieder. Carries und Mackenzies helle Stimmen klangen harmonisch zusammen, Philip brummte recht und schlecht mit. Aber niemand störte sich daran, am wenigsten Mackenzie, die einfach rundum glücklich war. Er stellte den Wagen in der Tiefgarage ab, und sie überquerten gemeinsam die Straße zu ihrem Haus.
    “Es war himmlisch!” schwärmte Mackenzie und umarmte Carrie, als sie auf den Lift warteten.
    “Ich fand es auch schön.”
    “Ich bin so froh, dass das Fest schon heute war, weil ich mich morgen mit meiner Mutter treffe. Dann hätte ich nicht mitgehen können.”
    “Ja, ich weiß”, sagte Carrie. “Es ist nur schade, dass du unser Hausfest verpasst. Aber ich werde dir genauestens Bericht erstatten”, versprach sie.
    “Glaubst du, dass Madam Fredrick mir etwas weissagen wird, auch wenn ich nicht da bin?”
    “Ganz bestimmt”, versicherte Carrie.
    “Dann soll sie für mich auch gleich in die Zukunft schauen”, bat Philip.
    “Sie kommen auch nicht?” Carrie war überrascht und ein kleines bisschen enttäuscht.
    “Nein.” Er drückt auf den Liftknopf.
    “Aber ich dachte … ich hatte gehofft …” Ihre Enttäuschung war nicht zu übersehen.
    Philip wollte nichts Abwertendes über das Haus sagen, er hielt seine Bewohner für zwar harmlose, aber doch lästige Spinner. Er hatte im Grunde nichts gegen sie, aber er hatte auch keine Lust, sich näher mit ihnen abzugeben. Mit seiner Zeit hatte er Besseres anzufangen.
    “Vielleicht kannst du ihn noch überreden”, meinte Mackenzie aufmunternd, als der Lift in Carries Stockwerk hielt.
    Er wollte, er hätte nichts gesagt.
    “Haben Sie noch Lust, auf einen Kaffee zu mir zu kommen?” lud Carrie ihn ein.
    Er hatte vor allem Lust darauf, mit ihr allein zu sein.
    “Klar”, sagte Mackenzie und schob ihn kurzerhand aus dem Lift.
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