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Silberglocken

Silberglocken

Titel: Silberglocken
Autoren: Debbie Macomber
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Ehrlichkeit. Damit konnte sie leichter umgehen als mit unerfüllten Sehnsüchten.
    Carrie und Philip liefen ziellos durch die nächtlichen Straßen und versuchten, sich in Mackenzie zu versetzen. Wohin mochte sie sich geflüchtet haben? Ihre Angst wuchs, aber sie gaben sich beide Mühe, ihre Gefühle vor dem anderen zu verbergen, und sprachen sich gegenseitig Mut zu.
    “Eine schreckliche Vorstellung, dass sie da ganz allein und unglücklich im Dunkeln und in der Kälte herumläuft”, murmelte Philip. Er hatte die Hände tief in den Manteltaschen vergraben.
    “Ja, schrecklich”, gab Carrie ihm Recht und zog fröstelnd die Schultern hoch.
    “Ich könnte Laura umbringen”, erklärte Philip heftig. “Wie kann sie Mackenzie das antun? Sie kann mich schlecht behandeln, wenn es ihr Spaß macht, aber nicht ihre Tochter!”
    Carrie wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich dazu zu äußern. Es würde ihm nicht helfen und auch Laura nicht dazu bringen, sich in Zukunft anders zu verhalten. Was hätte sie auch sagen sollen?
    “Auf Laura war noch nie Verlass. Vielleicht hätte ich Mackenzie darauf vorbereiten sollen, dass so etwas passieren könnte”, meinte Philip jetzt. “Aber andererseits möchte ich sie nicht gegen ihre Mutter beeinflussen.”
    “Das ist auch richtig, glaube ich”, meinte Carrie.
    “Ich weiß nicht. Vielleicht wäre ihr einiges erspart geblieben.”
    “Mackenzie ist intelligent genug, um ihre Mutter zu durchschauen”, sagte Carrie. “Da muss sie ganz allein durch. Dabei kannst du ihr nicht helfen. Du kannst nur für sie da sein.”
    Philip sah sie an. “Ich hoffe, du hast Recht.”
    Als sie ihre Suche endlich aufgaben und wieder nach Hause gingen, war es fast Mitternacht. Das Haus war dunkel und _still.
    “Sie würde doch nichts anstellen?” fragte Philip zutiefst beunruhigt. “Meinst du, dass sie vielleicht auf eigene Faust zu ihrer Mutter gefahren ist?”
    “Philip, ich weiß es einfach nicht. Möglich ist es.”
    Als sie in die Halle traten, fiel Carrie auf, dass die Tür zum Keller offen stand. Sie traten näher und hörten Stimmen.
    “Schauen wir nach, was da los ist”, sagte Philip, und Carrie folgte ihm die Treppe hinunter. Allmählich kristallisierten sich einzelne Stimmen heraus. Carrie erkannte Madam Fredrick und Arnold. Vermutlich legten sie letzte Hand an die Weihnachtsdekoration für das bevorstehende Hausfest.
    Mackenzie war bei ihnen und voll Eifer damit beschäftigt, rote und grüne Girlanden aufzuhängen. Sie blinzelte nicht einmal, als sie Carrie und Philip entdeckte.
    “Hallo, Dad. Hallo, Carrie”, rief sie fröhlich und ohne jedes erkennbare Schuldgefühl und sprang von ihrem Stuhl.
    “Darf ich fragen, wo du gesteckt hast, junge Dame?” erkundigte Philip sich streng.
    Carrie legte ihm bittend die Hand auf den Arm. Im Augenblick war es sicher besser, nicht allzu hart mit Mackenzie umzuspringen und ihr vor allem Zuneigung zu zeigen. Sie spürte, wie er sich ein wenig entspannte, aber sie wusste, was es ihn kostete, ruhig zu bleiben.
    “Entschuldige, Dad. Ich habe vergessen, dir zu schreiben, wo ich bin.”
    “Carrie und ich suchen seit über einer Stunde nach dir.”
    “Wirklich?” Mackenzie sah ihn zerknirscht an. “Tut mir Leid.”
    “Alles in Ordnung?” fragte Carrie. “Ich habe gehört, dass du Weihnachten doch nicht zu deiner Mutter fährst. Bist du sehr traurig darüber?”
    Mackenzie zögerte, und ihre Unterlippe zitterte leicht. “Enttäuscht bin ich schon”, gestand sie dann. “Aber wie Madam Fredrick sagt: Die Zeit heilt alle Wunden.” Sie lachte ein wenig verlegen und schniefte einmal kurz. “Mom ist eben anders, und da passe ich nicht dazu. Ich habe ja Dad und meine Freunde.” Sie sah sich voller Stolz und Zuneigung um.
    Arnold war da, wie immer in seine Nylonshorts gehüllt, und seine prallen Muskeln waren so schön wie eh und je. Madam Fredrick, alt und weise, hatte ihre unvermeidliche Kristallkugel dabei. Und dann war da noch Maria, die nur für ihre Katzen lebte. Philip wurde es mit einem Mal ganz warm ums Herz.
    Mackenzie schlang die Arme um ihren Vater und drückte sich an seine Brust. “Ich möchte morgen gern auf das Fest gehen”, sagte sie. Ihre Lebensgeister stiegen schon wieder. “Du musst nicht kommen, Dad, wenn du nicht willst. Ich verstehe das.”
    “Ich möchte aber gern”, sagte er und sah zu Carrie hinüber. Er hielt ihr die Hand hin, und sie nahm sie. “Manchmal braucht man solche Abende, um erkennen, wie viel Glück
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