Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
aufhielten, sowie die vier männlichen Ältesten der Silberflügel, deren Namen er noch nicht kannte. Sie waren uralt, ihr Fell war mit Silber, Grau und Weiß durchsetzt und sie blickten aufmerksam auf ihn herab. Er hatte einen Erinnerungsblitz daran, wie er selbst im oberen Lager des Baumhorts gewesen war und ängstlich gestottert hatte, aber diesmal steckte er zu tief in seiner Geschichte drin, um Angst zu empfinden.
    Schließlich waren er und Marina am Ende. Er hatte keine Vorstellung, wie lange sie gesprochen hatten, aber er fühlte sich erschöpft, seine Kehle war ausgetrocknet. Merkur, der Bote der Ältesten, brachte ihnen ein Blatt, das mit Wasser vom Wasserfall bedeckt war. Dankbar trank Schatten.
    „Wir haben Glück gehabt“, sagte Frieda. „Wir sind immer gerade vor dem Befehl der Eulen, den Luftraum zu sperren, hergeflogen. Wenn der Befehl uns eingeholt hätte …“
    Schatten dachte an die niedergemetzelten Grauflügel und es schauderte ihn.
    „Nun wird es tatsächlich einen Krieg geben“, sagte Bathsheba bitter. „Wegen dieser Dschungelfledermäuse.“ Ihre stählernen Blicke waren jedoch auf Schatten gerichtet und er wusste, dass sie auch ihm irgendwie die Schuld daran gab.
    „Die Eulen haben jahrhundertelang auf einen Vorwand gewartet, um Krieg zu führen“, sagte einer der männlichen Ältesten. „Wenn Goth und Throbb nicht aufgetaucht wären, dann hätten sie einen anderen Vorwand gefunden, um den Himmel zu sperren.“
    Schattens Stimmung fiel in sich zusammen. Nur Stunden vorher war er voller Begeisterung gewesen, als er durch den Wasserfall und ins Hibernaculum geschossen kam. Nun erkannte er, wie ernst ihre Situation war.
    „Wenigstens wird der Winter jede Kriegshandlung erst einmal verhindern“, sagte Aurora. „Auch die Eulen werden bald ihren Winterschlaf antreten.“
    „Richtig, aber wenn der Frühling kommt“, sagte Bathsheba grimmig, „werden uns die Eulen vom Angesicht der Erde vertilgen.“
    „Wenn der Frühling kommt“, sagte Frieda praktisch, „müssen wir zu allen Fledermauskolonien und erklären, was passiert ist. Und wir müssen Gesandte zu den Königreichen der Vögel und der Vierfüßler schicken in der Hoffnung, diesen Wahnsinn zu stoppen.“
    „Wenn sie zuhören“, sagte Bathsheba.
    „Wenn nicht, müssen wir kämpfen“, sagte ein anderer von den männlichen Ältesten.
    Ein rauer Jubelruf kam von einigen der Silberflügel. Aber Schatten sah, wie das Gesicht seiner Mutter hart wurde.
    Frieda seufzte müde. Sie schien plötzlich sehr alt. „Wenn die Vögel und Vierfüßler nicht zuhören und auf Krieg aus sind, ja, dann müssen wir kämpfen.“
    „Und was wird aus Nocturnas Großem Versprechen?“, kam eine Stimme. Ein Fledermausmännchen erhob sich von seinem Platz und wirbelte durch die Luft. Schatten bemerkte ein metallisches Blitzen an seinem Unterarm. „Haben wir jede Hoffnung aufgegeben, dass uns Nocturna oder die Menschen helfen werden?“
    „Wer ist das?“, wisperte Schatten zu Frieda.
    „Er heißt Ikarus. Er war ein Freund deines Vaters.“
    Schattens Puls schlug schneller.
    „Sprecht nicht von Nocturnas Großem Versprechen“, schrie Bathsheba. „Es hat den Fledermausreichen nichts als Elend gebracht. Habt ihr die Rebellion von vor fünfzehn Jahren vergessen?“
    „Aber vielleicht hatte dieser Schirokko Recht“, sagte Ikarus. „Vielleicht sollen wir uns in Menschen verwandeln.“
    „Nur einige von uns“, sagte Schatten ruhig, aber seine Stimme trug durch die ganze Höhle. „Wenn Schirokko Recht hat, werden nur die beringten Fledermäuse verwandelt. Das bedeutet, fast alle von uns bleiben übrig.“
    Marina wandte sich an Frieda: „Hast du etwas von einer Verwandlung zu Menschen gehört?“
    „Ja, vor langer Zeit. Aber ich habe nie glauben können, dass es stimmt.“
    Aber was war, wenn es gestimmt hat, dachte Schatten und ihm wurde übel. Er sah, wie Marina ihren verwundeten Unterarm betrachtete. Was war, wenn sie bei Tagesanbruch noch ihre Chance gehabt und sie dann für immer verloren hatte? Ihr Ring war nun weg. Aber zählte das? Sie hatte ihn von Menschen bekommen und er war ihr von Fledermäusen weggenommen worden, aber vielleicht …
    Ihre Augen trafen sich, er blickte ängstlich, sie lächelte. „Mach dir keine Sorgen“, sagte sie. „Wäre ich bei Schirokko geblieben, wäre ich jetzt wahrscheinlich tot wie die anderen.“ Lauter, sodass ganz Hibernaculum sie hören konnnte, sagte sie: „Das mit der Menschwerdung glaube ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher