Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sigi Wulle 4 - Sigi Wulle raecht den Hund X

Sigi Wulle 4 - Sigi Wulle raecht den Hund X

Titel: Sigi Wulle 4 - Sigi Wulle raecht den Hund X
Autoren: Heinrich Kraus
Vom Netzwerk:
Jungen ersäufen, weil ein Bastard nichts gilt bei den Menschen. Aber die Schäferhündin verteidigte ihre Kinder mit solchem Grimm, daß es keiner wagte, sie anzurühren.
    So wuchsen sie in der Fabrik heran, wurden von ihrer Mutter nicht nur bewacht, sondern auch gesäugt und gepflegt. Erst nach drei Wochen fängt ein Welpe allmählich an, feste Nahrung zu sich zu nehmen, und wenn die Arbeiter ihre Pause hatten und Wurstbrote aßen, kriegten sie da ein Stückchen und dort ein Häppchen. Das Rascheln des Butterbrotpapiers wurde für sie das Signal für die schönste Beschäftigung, die es für einen Hund, und nicht nur für einen Hund, gibt: das Fressen. Mag sein, daß er auf dieses Geräusch noch heute anspricht. Sollen wir’s probieren?“
    Der alte Mann ging ins Haus, während der Wao neben mir auf dem Boden lag und döste. Aber als er zurückkam und mit Papier raschelte, sprang der Wao auf, wackelte mit dem Schwanz und guckte ganz aufgeregt, ob es was zu futtern gäbe. Der alte Mann hatte tatsächlich einen Knochen mitgebracht, den er ihm hinwarf.
    „Da die Bastarde wertlos waren und deshalb nicht verkauft werden konnten, beschloß der Chef, sie zu verschenken. Eines Tages rief mich Mathilde hinüber und zeigte mir das tollpatschige Hündchen. Ich sagte damals gleich, daß sie sich nicht darauf einlassen solle, das Tier zu behalten. Sie kränkelte nämlich. Ich wies darauf hin, daß so ein Hund erst mal sorgfältig erzogen werden müsse, da er sonst nicht pariert und die Leute beißt. Dann muß man mindestens zweimal täglich einen weiten Spaziergang mit ihm machen: bei Sonnenschein und Regen, ob’s stürmt oder schneit. Hinzu kommen die Kosten: Ernährung, tierärztliche Betreuung, Versicherung und Hundesteuer...
    Während der ersten Monate widmete sich Trine ganz ihrem neuen Freund, den sie Wao nannte. Sie schleppte ihn herum, führte ihn spazieren, fütterte ihn, spielte mit ihm und badete ihn öfter, als für ihn gut gewesen wäre. Ihre Liebe zu dem drolligen Kerl war überschwenglich . Er war aber auch ein hübsches Jungtier gewesen: Sein samtiges Fell war kohlrabenschwarz, das Schwänzlein wackelte von früh bis spät vor lauter Freude, und die klugen Augen guckten einen so treuherzig an, daß man ihm niemals böse sein konnte, auch wenn er die schlimmsten Streiche verübte.“
    „Was für Streiche?“ fragte ich.
    „Einmal zog er eine langbeinige Unterhose von Rahmbauers Wäscheleine und schleppte sie über die Dorfstraße. Der Rahmbauer Emil ärgerte sich am meisten darüber, daß er ausgerechnet eine gemopst hatte, in die er ein Loch gepupst hatte.“
    Da lachte ich laut, und auch der Opa kicherte, bis er husten mußte. Sogar Wao schien zu grinsen.
    „Ein andermal war er in die Kirche geschlüpft, ohne daß es jemand bemerkt hätte. Die Gemeinde sang. Die Orgel dröhnte. Schließlich krabbelte Pfarrer Rumpf auf die Kanzel, um eine Predigt zu halten über die Schlechtigkeit der Jugend. Und als er am lautesten brüllte und mit den Fäusten auf die Kanzel hieb, daß es krachte, fing auch Wao ganz wild an zu kläffen.
    Man fand ihn lustig und hatte ihn gern. Nur die Trine verlor allmählich das Interesse an ihm. So geht es oft bei jungen Leuten. Erst kämpfen sie darum, etwas zu haben, und wenn sie es haben, wird es ihnen lästig.“
    „Bei mir ist es nicht so“, widersprach ich. Ich wußte aber, daß er recht hatte und daß gerade durch Kinder und Jugendliche viel Elend über Tiere gebracht wird, wenn sie eine Freundschaft mit einem Hund odereiner Katze oder einem Hamster oder einem Meerschweinchen nicht ernst nehmen.
    „Was die Trine getan hatte, mußte ihre Mutter übernehmen: ihn ausführen, füttern und pflegen. So wurde aus dem Welpen bald ein stattlicher Rüde mit perlweißen Zähnen, schwarzglänzendem Fell und gedrungenem Körper. Leider gelang es der nachgiebigen Mathilde nicht, ihn zu erziehen, und so geriet dieser in manchen Streit und verursachte viele Aufregungen.
    Trine lernte damals diesen Anton Fleck kennen, eine brutale, rücksichtslose Rockertype. Auf knatterndem Motorrad rasten sie von Kneipe zu Kneipe. Wenn er hier auftauchte, hatte er seine Pistole dabei. Damit schoß er auf alles, was sich bewegte: auf Amseln, Rotschwänzchen und Spatzen, auf Kröten, Igel und Katzen. Er war gefühllos und roh.“
    „Weshalb zeigten Sie ihn nicht an?“
    „Ich wollte keinen Streit haben und fürchtete mich — ehrlich gesagt — selbst vor dem Halunken. Als ich mich dazu entschlossen hatte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher