Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher

Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher

Titel: Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher
Autoren: Heinrich Kraus
Vom Netzwerk:
ihm gut darauf gefiel. Erst hatte ich eine Wut auf ihn; aber dann sagte ich mir, daß es ja meine Schuld war, denn er hatte nicht verlangt, ins Wohnzimmer getragen zu werden, sondern ich hatte ihn aus seinem Ställchen genommen, das unter dem Holunderstrauch stand.
    Ich lag also auf dem Rücken, und durch meinen Kopf gingen viele Gedanken, gute und schlechte. Gut war, daß ich nun den blöden „Ich“-Aufsatz nicht mehr zu schreiben und überhaupt keine Schulaufgaben zu erledigen brauchte, daß sowohl ich als auch Strups noch lebten und daß ich einen Kriminalfall hatte, den ich vielleicht selbst aufklären könnte. Schlecht war, daß das Geld meiner Eltern durch meine Schuld geraubt worden war, daß ich deswegen einiges zu erwarten hatte und daß mich Annegret, meine Freundin, sowie meine Krieger vielleicht wegen der Niederlage auslachen würden.
    Nach diesen Gedanken stellte sich Langeweile ein, und das war scheußlich. Ich sang deshalb alle Lieder, die ich kannte, zum Beispiel „Jenseits des Tales“ und „ Hüaho , alter Schimmel, hüaho “ und „Heilig, heilig, heilig“, und sagte dann alle Gedichte auf, die ich mal gelernt und nicht vergessen hatte. Anschließend übte ich eine Weile verschiedene Pfiffe, die man braucht, wenn man auf Kriegspfad ist und seinen Kriegern geheime Befehle geben will. Zuletzt dachte ich mir Ausreden aus, die ich meinen Eltern gegenüber Vorbringen könnte, zum Beispiel, daß ich den Alten für Onkel Leopold gehalten hätte.
    Dann war es aus, und mir blieb nichts mehr, als auf den Minutenzeiger der Uhr zu gucken, der sich so verdammt langsam bewegte, daß ich davon halb verrückt wurde. Strups machte nun auch noch sein Häufchen auf den Sessel und nagte ein Loch in das Polster, weil auch er nichts Besseres zu tun hatte. So gingen die Stunden vorüber, endlose, stinklangweilige Stunden...
    Als ich Schritte hörte und das Klirren eines Schlüssels im Haustürschloß, freute ich mich schon, obwohl ich keinen Grund dazu hatte.
    Meine Eltern betraten den Flur und legten ihre Jacken dort in aller Gemütsruhe ab, weil sie ja nicht ahnten, wie es um ihren Sohn stand. „Sigi!“ rief mein Vater.
    „Ja!“ antwortete ich.
    „Wir haben dir was mitgebracht!“
    „Willst du nicht kommen?“ rief meine Mutter.
    „Nein“, sagte ich.
    „Warum nicht?“
    „Weil ich nicht kann.“
    Da stürmten sie ins Wohnzimmer herein, sahen mich gefesselt am Boden liegen und lachten, weil sie an einen Lausbubenstreich glaubten, den ich mir ausgedacht hätte, um keine Schulaufgaben machen zu müssen.

    Doch dann entdeckte Mama die Schweinerei, die Strups während der Stunden auf dem Sessel hinterlassen hatte, und begann laut darüber zu schimpfen. Auch Papa sagte, er habe Verständnis für eine Schelmerei; aber das ginge zu weit, weil der Gestank sicher einige Wochen lang im Polster bliebe.
    „Schaut euch die Beule an meiner Stirn an!“ seufzte ich und machte die elendigste Miene dazu.
    „Tatsächlich“, brummte Papa.
    „Wurdest du geschlagen?“ fragte Mama, die sich zu mir herabbeugte und immer noch ein bißchen mißtrauisch war.
    „Ja.“
    „Von wen?“
    „Von einem Verbrecher.“
    „Von einem Räuber?“ schrie Mama.
    Ich nickte.
    „Hat er dich auch gefesselt?“
    „Ja.“
    „Mein Gott!“ schrie Mama.
    „Wie ist der hereingekommen?“ fragte Papa.
    „Ich hab’ ihn für Onkel Leopold gehalten!“ seufzte ich noch tiefer und machte ein noch leidenderes Gesicht dabei.
    Sofort gingen sie daran, die Schnüre aufzuknüpfen, wobei ich fürchterlich stöhnte, weniger weil es weh tat, denn eine Rothaut zeigt ja keinen Schmerz, sondern mehr als Kriegslist, weil ich nicht verdroschen werden wollte. Sie wußten nämlich noch nicht, daß unser Geld gestohlen war, was sie allerdings bald erfuhren. Da rasten sie die Treppe hinauf, und dort stöhnten nun sie. Sie taten mir sehr leid, denn ich wußte, daß mein Vater viel für das bißchen Geld arbeiten mußte, das ihm seine Firma bezahlte.
    Rasch nahm ich Strups und trug ihn zu seinem Ställchen, um ihn vor einer eventuellen Wut zu bewahren.

    Als ich ins Haus zurückkehrte, hockte Mama in der Küche und weinte still vor sich hin. Papa stapfte mit grimmiger Miene und geballten Fäusten auf und ab und stieß gefährliche Flüche aus, so daß ich mich ganz klein in eine Ecke verkroch, weil ich Dresche befürchtete . Aber mir passierte nichts. Anscheinend waren sie froh, daß ich überhaupt noch lebte.
    Es dauerte eine Stunde, bis sie sich ein bißchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher