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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony
Autoren: Denise Danks
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Verbeugung und nahm das billige rosa Feuerzeug aus meiner Hand entgegen. Er war kein Raucher, aber es gelang ihm, das Husten zu unterdrücken, das aus seiner brennenden Lunge hervorzubrechen drohte, und er trank einen Schluck Tee, um sich zu beruhigen. Dieser Mann war in Versuchung zu führen, und ich schätzte, daß er es auch wollte und daß es im Grunde das war, was ihm auf dem Herzen lag.
    »Gefällt es Ihnen überhaupt hier? In London, England?«
    Shinichros überschattete schwarze Augen spähten durch den beißenden Rauch, der aus seiner Nase strömte, aber er sagte nichts.
    »Sie brauchen nicht höflich zu sein«, sagte ich. Ich berührte seine leere Tasse; er nickte, und ich trug sie mit dem übrigen Frühstücksgeschirr zur Spüle, die halbvoll mit schmutzigem Geschirr vom Vortag war.
    »Ich bin unentschieden«, sagte er, als ich mich umdrehte.
    »Gestern abend hätte ich gesagt, Sie sind einsam«, sagte ich.
    »Danke, aber ich bin überhaupt nicht einsam. Ich habe viele japanische Freunde.«
    »Keinen, mit dem Sie gestern abend zusammen waren.«
    »Das war ein Experiment.«
    »Ein Experiment?«
    »Entschuldigung. Es ist japanische Art, intolerant gegen Außenseiter zu sein. Wir haben nicht gelernt, mit Ausländern auszukommen, aber wir müssen es. Das ist es, was das Leben in Ihrem Land, in jedem fremden Land, so schwierig macht. Ich gebe mir Mühe, aber ich stelle fest, daß ich es ertragen muß, statt es zu genießen.«
    »Und da haben Sie sich mit ein paar Bier vollgepumpt und gleich einen ganzen Club voll von uns ertragen. Wie war es denn — wie im Zoo?«
    »Verzeihung. Aber so war es nicht.«
    »Na, was ist denn dann? Warten Sie darauf, daß man Sie schubst, damit man Ihnen keinen Vorwurf machen kann, oder werden Sie in waghalsiger Hast in den Abgrund springen, ganz allein?«
    Shinichro blinzelte und fuhr sich mit der Hand durch das dichte, glänzende Haar.
    »Sie sind sehr scharfsichtig, Miss... äh... Miss...«
    »Powers. Georgina Powers.«
    »Saito.«
    »Shinichro Saito. Wir haben uns gestern abend bekannt gemacht.«
    Er machte ein verlegenes Gesicht und fragte sich, was er sonst noch vergessen haben mochte. Ich unterdrückte mein Lachen. Das wäre zuviel für ihn gewesen. Kein Ausweg aus der Schande außer Sepukko.
    »Sie haben gesagt, ich sei nicht schön..., aber anscheinend gefielen Ihnen meine Augen... und meine Zähne«, sagte ich und tippte mir leicht an die Schneidezähne. Er rollte seinen Zigarette schnell zwischen seinen breiten Fingern hin und her, und seine Hand zitterte ein bißchen.
    »Verzeihen Sie, aber ich erinnere mich nicht. Ich bitte um Entschuldigung.«
    »Sie haben noch gesagt, Sie schämten sich, weil Sie mit einer weißen Frau schlafen wollten.«
    Er erhob sich zackig vom Stuhl, verbeugte sich steif und tief und sagte: »Bitte vergeben Sie mir.«
    »Wofür?«
    »Für meinen Zustand gestern abend und für meine schlecht gewählten Worte und Handlungen. Ich habe mich Ihnen bereits zu sehr aufgedrängt.«
    Und damit ging er hinaus. Ich folgte ihm, setzte mich auf mein Sofa und blätterte in einer Illustrierten, während er regungslos dastand und nirgendwo hinging. Ich machte mir nicht die Mühe, aufzublicken, als ich redete.
    »Wissen Sie, Sie sehen ziemlich gut aus, Saito-san. Sie sollten ein bißchen lockerer werden, das Chaos ein wenig genießen, solange Sie hier sind.«
    Ich wartete, daß er ging, aber er ging nicht. Ich hatte Zeit für mindestens drei Züge an meiner Zigarette, konnte ein bißchen Asche in meinen Erinnerung-an-Lakeland -Aschenbecher schnipsen und ein paar Seiten umblättern, bevor er laut seufzend meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versuchte. Ich blickte nicht auf. Das war nicht nötig. Seine Anwesenheit schien durch die Stille des Zimmers zu wehen wie die leisen Windböen von einem langsam kreisenden Ventilator.
    »Haben Sie je mit einem gelben Mann geschlafen, blauäugige Powers-san?« fragte er.
    Ich wandte meinen triumphierenden Blick nicht von meiner Hochglanzillustrierten und überflog gelassen die Seiten, während meine Zungenspitze innen in meinem Mund herumfuhr.
    »Nein, vollippiger Saito-san, das habe ich nicht. Aber ich sage es Ihnen gleich: Ohne Kondom läuft hier gar nichts.«
     
    Shinichro war der Man, mit dem ich über Al Sony reden wollte. Er würde sicher wissen, wer der geheimnisvolle Pokerspieler mit dem Koffer voller Drams gewesen war; die japanische Business-Community hing schließlich fest zusammen, und Chips waren sein Metier.
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