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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony
Autoren: Denise Danks
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leuchtenden Casinos am gradlinigen Highway ins Nirgendwo, der hier Strip heißt. Als Kunst, die das Highlife imitierte, war es eindrucksvoll. Trotzdem sollte noch Besseres kommen. Die alte Glitzerschlucht der Fremont Street in der Innenstadt von Las Vegas stellte alles in den Schatten. Dort war die Nacht heiß und hell wie Lava, und sie glühte vulkanisch rot, gelb, bunsenblau und kaugummirosa. Die Straßen brummten vom Geratter der Spielautomaten und dem Geklapper der hölzernen Rouletteräder. In der City brauchte man kein Auto; man konnte zu Fuß zwischen den älteren, schäbigeren Casinos umherspazieren und in das intime Getöse der Leute eintauchen, die hier die Pumpenschwengel der einarmigen Banditen betätigten, während ihre Pappbecher überquollen von Silbermünzen, so unbedeutend wie Gummibärchen.
    Unter den schimmernden Kronleuchtern des Golden Nugget, des Dice Palace, des Mint und des Horseshoe suchte ich nach Charlie, und ich hielt meinen Pappbecher in beiden Händen wie ein Kind in einer dämonischen Schokoladenfabrik. An den Wänden leuchteten Zahlen, Aktuelles von den Rennbahnen, Pferdenamen, so daß die Kunden, die sich taumelnd von ihrem Schicksal an den Tischen abwandten, ihren Reichtum beim Pferderennen neu verteilen oder mit ihrem letzten Dollar zurückgewinnen konnten. Ich spielte zum erstenmal im Leben elektronisches Poker und konnte mich kaum losreißen. Ich fütterte auch die heißen Schlitze der bittersüßen Fruchtautomaten und saß dabei neben einer stämmigen Frau mit Bienenkorbfrisur und engen weißen Jeans, die auf ihren Automaten einhämmerte und schrie: »Komm schon, laß kommen, laß kommen!«, wenn ein silbernes Rinnsal in die Metallschüssel in ihrem fetten Schoß klimperte. Sie gewann, und ich verlor ungefähr fünfundzwanzig Dollar an den Automaten, bevor ich, ein bißchen schwummrig von den Gratiscocktails, zwischen stählernen Schranken zu den zentralen Spieltischen weiterzog. Dort fielen Karten sanft auf grünen Filz, wie Liebesbriefe in einen Hausflur. Das Spiel war Black jack, und ich sah, wie ein einsamer, ausdruckslos blickender Mann fünfzehnhundert Dollar pro Karte setzte und jedesmal verlor, während die Zuschauer verächtlich aufstöhnten und sich über das Holzgeländer lehnten, das ihn einpferchte wie ein bedauernswertes Zirkustier. Ein Texaner mit einem großen Hut sagte, der Typ spiele beschissen, aber der Beduine, der sich neben ihn zwängte, meinte, der Mann habe verlieren wollen, jawohl, wollen. Es war eine Art öffentlicher Selbstvernichtung, die ich nicht gut mitansehen konnte, und so ging ich weiter, dorthin, wo flinke Hände die Chips auf dem Karomuster der Roulettetische hin und her schoben. Stumme Gesichter starrten auf den kapriziösen Teller aus hartem afrikanischen Holz, der sich auf der Stahlspindel drehte, von einem Ring aus metallenen Diamanten besetzt, so tückisch wie eine Stromschnelle. Die runde, weiße Acetatkugel hüpfte in ihrer runden Bahn und kam in einer Mulde zur Ruhe, die niemanden zufriedenstellte. Die achtunddreißig Fächer waren numeriert, von 00 bis 36, abwechselnd hoch und tief, ungerade und gerade, rot und schwarz, bis auf 0 und 00, die grün waren. Das kreisende Muster illustrierte die Gesetze der Wahrscheinlichkeit und des Zufalls, und das Spiel hätte fair sein können, wenn das Haus achtunddreißig statt fünfunddreißig zu eins gezahlt hätte; dieses Verhältnis verschaffte dem Haus einen Profit zwischen 5,26 und 7,89 Prozent, und das war besser als die 1,25 Prozent, die es beim Würfeln abschöpfte. Mühelos, als nehme man einer Anorektikerin die Bonbons weg.
    Das Geheimnis von Las Vegas besteht darin, daß die Casinos lauter Lärm und gleißende Ablenkung bieten, aber keinerlei Information. Die Automaten klingeln und bimmeln, die Drehschreiben rattern, Kellnerinnen rufen, Kartengeber klatschen, Spieler lassen Chips durch die Finger gleiten, Würfel kullern und Werfer jauchzen. Das Geld fließt einem nur so aus den Taschen und in die Runde. Und der ganze Strom wird beobachtet von großen Männern mit scharfen Augen, breitschultrigen Bullen von Aufsehern in dunklen Anzügen, die auf ihrem Posten stehen. Über ihnen blitzen verspiegelte Augen des Himmels, verborgene Batterien von Kameras und Computern, die die Säle taxieren und Ausschau halten nach Gaunern und Frevlern im Reiche der Geldsäcke, immer auf der Suche nach solchen, denen es in den Sinn kommen könnte, einen dollarschweren Spieler auszunehmen oder einen einzigen
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