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Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Titel: Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten
Autoren: Kai Meyer
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letzten Minuten geschehen war.
    Sie ging an der Kassiererin vorbei, die sich freundlich erkundigte, ob es ihr gefallen habe. Kyra nickte abwesend und fragte, ob sie die andere Frau gekannt habe, die eben die Ausstellung verlassen habe.
    Kyra war nicht überrascht, als die Kassiererin ihr sagte, dass sie während der vergangenen zwei Stunden die einzige Besucherin gewesen sei. Nichts anderes hatte sie erwartet.
    Sie verabschiedete sich und trat ins Freie. Ihr war schwindelig, so als hätte sie mehrere Stunden geschlafen und wäre dann abrupt geweckt worden.
    Aber sie wusste, dass das, was sie erlebt hatte, kein Traum gewesen war. Sie blickte zum blauen Sommerhimmel empor, dann zu den Felsen, hinter denen die Meeresbrandung rauschte.
    Morgana, dachte sie benommen. Die schwarze Königin des Feenlandes.
    Und keine Siegel auf ihrem Arm.

Angriff der Nymphen
    Derek wirkte nicht glücklich, als Kyra von ihm verlangte, sie zur Ausgrabungsstätte ihres Vaters zu fahren. »Ihm wird das nicht gefallen«, sagte er zerknirscht, aber es war nur ein schwacher Versuch, Kyras Wunsch auszuschlagen. Er murmelte während der halben Fahrt etwas in unverständlichem Englisch vor sich hin, schließlich schwieg er völlig. Erst als Kyra ihm kurz vor Tintagel eine Frage stellte, kam wieder Leben in ihn, wie in einen Automaten, den man mit einer Münze gefüttert hatte.
    »Die Anderswelt – was ist das?«
    Derek hob erstaunt eine Augenbraue. »Vor über zweitausend Jahren lebten die alten Kelten in dieser Gegend. Hier, in Irland und im Norden Frankreichs. Sie glaubten, dass es außer unserer Welt noch eine zweite gab, die unsichtbar neben der unseren existiert. Die Anderswelt ist bevölkert mit magischen Geschöpfen, mit Elfen und Feen und Zauberwesen. Die Kelten glaubten außerdem, dass ihre Toten in der Anderswelt weiterlebten.«
    »So ähnlich, wie bei uns die Leute an den Himmel glauben?«
    »Nicht ganz. Die christliche Religion predigt, dass der Himmel für uns in diesem Leben nicht zu erreichen ist. Die keltische Anderswelt aber liegt neben der unseren, sozusagen hinter jedem Baum und jedem Stein – aber nur derjenige, der fest daran glaubt, kann sie sehen. Außerdem können auch Lebende sie betreten, durch geheime Tore, die die Kelten in tiefen Höhlen oder am Grunde einsamer Seen vermuteten.«
    Derek blickte mit einem Lächeln zu Kyra herüber. »Beantwortet das deine Frage?«
    »Ich glaube schon.«
    »Interessierst du dich für solche Sachen?«
    »Klar, manchmal.«
    »Ganz die Tochter des Professors, hm?«
    Der Wagen bog von der Dorfstraße nach links in einen schmalen Weg, der durch eine tiefe, baumbestandene Senke führte. Als es wieder bergauf ging, konnte Kyra in einiger Entfernung eine kleine alte Kirche erkennen. Sie wurde von einem verwitterten Friedhof und einer Mauer umgeben, ganz ähnlich wie Sankt Abakus daheim in Giebelstein. Rundherum gab es nichts als weites Grasland, ohne Häuser, ohne Menschen. Hundert Meter hinter der Kirche brach das Land scharf ab – dort waren die Klippen, und dahinter, ein paar Dutzend Meter tiefer, die schäumende See.
    Derek umrundete die Kirche und parkte den Wagen in Sichtweite einer schroffen Halbinsel, die nur durch einen schmalen Felsenarm mit dem Festland verbunden war. Sie sah aus wie ein scharfkantiger Felsklotz, den ein Riese vor Urzeiten in die Brandung geschleudert hatte. Die Oberseite war flach und nur mit dürrem Gras bewachsen. Ein paar niedrige Mauern und Fundamente waren zu erkennen, die spärlichen Ruinen der alten Festung, die einst hier gestanden hatte. Hier waren angeblich Artus und seine Schwester Morgana geboren.
    Eine Gruppe winziger Gestalten scharte sich um einen Punkt zwischen den Ruinen. Normalerweise durften Touristen die Halbinsel besuchen, doch für die Dauer der archäologischen Arbeiten des Professors war sie für die Öffentlichkeit gesperrt.
    Über steile, endlose Treppen und eine Holzbrücke wechselten Kyra und Derek vom Festland auf den Burgfelsen über. Professor Rabenson kam Kyra mit breitem Grinsen entgegen und umarmte sie überschwänglich. Er freute sich wie ein kleines Kind, und Kyra fiel es schwer, immer noch wütend auf ihn zu sein.
    »Ich muss mit dir reden«, sagte sie nach der Begrüßung und warf ihre langen Locken zurück, zerzaust vom eiskalten Seewind. Sie ertappte sich, dass sie am Horizont nach der mysteriösen Insel Ausschau hielt, auf die die Barke der Feenköniginnen zugehalten hatte. Doch der Ozean war leer bis auf ein einzelnes
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