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Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Titel: Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen
Autoren: Kai Meyer
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grinste. Lisa fand, dass er unglaublich mutig und verwegen dabei aussah.
    Innerhalb weniger Minuten stand die ganze Scheune in Brand. Aus dem Inneren erklangen fremdartige Geräusche, hohe, spitze Töne, die nur entfernt wie Schreie klangen. Die Freunde wichen mit Kassandra und Herrn Fleck langsam zurück, weg aus der mörderischen Hitze.
    »Was ist mit den Vogelscheuchen auf den Hügeln?«, fragte Lisa. »Sie hatten ganz Giebelstein umzingelt.«
    Der Archivar lächelte sanft. »Sie sind alle hier. Boralus hat sie gerufen, als er bemerkte, dass ihr ihm auf die Schliche gekommen seid.«
    »Woher wussten Sie eigentlich die Sache mit den Nägeln?«, erkundigte sich Nils.
    Herr Fleck hob das Buch. »Es steht alles hier drin. Was heute passiert ist, ist nicht zum ersten Mal geschehen. Im siebzehnten Jahrhundert hat Boralus schon einmal versucht, Giebelstein zu vernichten. Damals hat sich ihm eine mutige Frau entgegengestellt. Ihr Name war Dea.«
    Tante Kassandra schenkte dem Archivar einen strafenden Seitenblick. Er ließ das Buch sofort sinken, sprach aber mit gesenkter Stimme weiter. »Sie war es, die den Dämon in den Spiegel verbannt hat. Er hat lange gebraucht, um einen Weg zu finden, von seinem Gefängnis aus Macht über einen Sterblichen zu erlangen. Vor ein paar Tagen ist es ihm gelungen.«
    »Der arme Herr Wolf«, sagte Lisa.
    Kyra streckte die Hand nach dem Buch aus.
    »Darf ich das mal geliehen haben?«
    Herr Fleck und Tante Kassandra wechselten einen raschen Blick. Dann schüttelte der Archivar bedauernd den Kopf. »Tut mir Leid, im Archiv gibt es keine Ausleihe. Ich bin schließlich keine öffentliche Bücherei.«
    »Außerdem«, fügte Kassandra hinzu, »würde es dir nur neue Flausen in den Kopf setzen.«
    Lisa und Nils grinsten einander an, und auch Chris musste sich ein Lächeln verkneifen. Kyra dagegen sah einen Moment lang aus, als wollte sie wütend werden, doch dann gab sie auf. Sie war viel zu erschöpft, um sich nach alldem noch mit zwei Erwachsenen herumzustreiten. Vielleicht konnte sie Herrn Fleck später überreden, ihr einen Blick in das Buch zu gestatten.
    Dea, dachte sie. Was für ein seltsamer Name. War das nicht lateinisch für »Göttin«? Was für eine merkwürdige und interessante Frau musste das gewesen sein!
    Gemeinsam mit ihren Freunden schaute Kyra zurück zum Feuer. Die Scheune war ein einziges Flammenmeer. Das Gebäude verbrannte, zusammen mit den Scheuchen in seinem Inneren. Hitze trieb in wabernden Schüben herüber.
    Als schließlich das brennende Dach einstürzte, stob eine Myriade von Funken auf und stieg hinauf in den Nachthimmel. Wie Sterne hingen sie einen Moment lang in der Schwärze, dann trudelten sie langsam wieder herab. Ein letztes Mal glühten sie auf, funkelten heller denn je – und erloschen.
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