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Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano

Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano

Titel: Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano
Autoren: Kai Meyer
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ist ohnehin hinüber. Einer der Gargoyles hat sie in Stücke geschlagen.«
    »Wie also wollt ihr den Keller verschließen? Oder wollt ihr die Gargoyles wieder in ihre Einzelzellen sperren?«
    »Auf gar keinen Fall«, ereiferte sich Lisa, die mit einem Mal ihr Mitgefühl für die Kreaturen entdeckt hatte.
    Kyra verzog grübelnd das Gesicht. »So ein Mist.«
    Ihr Vater grinste triumphierend. »Es gibt eine Lösung für das Problem.«
    »Und die wäre?«, wollte Nils wissen. Seine Fingerspitzen trommelten nervös auf dem Horn.
    »Nicht umsonst habe ich tagelang die Ruinen untersucht«, sagte der Professor. »Ihr wisst ja, dass es mir vor allem um die Kapelle ging. Und den Mechanismus, der sie zum Einsturz bringt.«
    »Zum Einsturz?«, entfuhr es den vier Freunden im Chor.
    »Jawohl. Überrascht euch das? Die meisten mittelalterlichen Kathedralen und Kirchen verfügen über einen solchen Mechanismus. Ein bestimmter Stein, den man aus dem Mauerwerk ziehen muss. Ein Rad, das gedreht wird. Oder ein Seilzug unter dem Dach, der in Bewegung gesetzt werden muss. Es gab verschiedene Wege, dies zu bewerkstelligen, aber alle dienten nur einem Ziel: das Bauwerk mit einem einzigen Handgriff zu zerstören.«
    »Aber welchen Sinn sollte das haben?«, fragte Lisa.
    »Im Mittelalter«, erklärte der Professor, »fürchteten die Menschen jederzeit Angriffe der Heiden, als Vergeltung für die Kreuzzüge. Die Türken sind immerhin bis nach Wien gekommen. Damit ihnen die Heiligtümer der Christenheit nicht in die Hände fielen, ersannen die Baumeister einen Weg, ihnen die Kirchenschätze vorzuenthalten. Lieber wollte man die Gebäude eigenhändig zum Einsturz bringen und die kostbaren Reliquien unter Tonnen von Stein begraben, als sie von den Feinden schänden zu lassen. Tja, das waren wüste Zeiten, damals.«
    »Aber warum sollte eine so kleine Kapelle wie die von San Cosimo einen solchen Mechanismus besitzen?«, fragte Chris.
    »Siehst du, genau das habe ich mich auch gefragt«, entgegnete der Professor. »Bis wir auf die Gargoyles stießen. Damit war alles klar. Der Mechanismus wurde für einen Fall wie diesen geschaffen. Für einen möglichen Ausbruch, um die Katakomben zu verschließen.«
    Kyra hob beide Augenbrauen. »Und du weißt, wo dieser Mechanismus zu finden ist?«
    Ihr Vater nickte ernsthaft. »Ich würde mitkommen, aber mein Knie …«
    »Erklär’s mir«, bat Kyra voller Ungeduld.
    Und das tat der Professor, verbunden mit der Mahnung, die Kapelle sofort zu verlassen, wenn der Einsturzmechanismus in Gang gebracht war.
    »Gut«, sagte Kyra schließlich. »Das übernehme ich.«
    »Ich komme auch mit«, verkündete Chris. »Du kannst den Mechanismus suchen, während ich mit Nils in die Katakomben steige.«
    Lisa seufzte. »Glaubt ihr vielleicht, ich sitze hier einfach rum und warte auf euch?«
    Keine zwei Minuten später brachen sie auf.
    Zu viert.
     
    Chris behielt Recht. So lange Nils in das Horn blies und ihm dumpfe, fremdartige Laute entlockte, folgten ihnen die Gargoyles wie ein Rudel Schoßhunde.
    Schon als das Schiebetor einen Spalt weit aufglitt, bildeten die Gargoyles auf der Innenseite ehrfurchtsvoll einen Halbkreis. Die Blicke ihrer Reptilienaugen waren starr auf Nils und das Horn gerichtet, keiner kümmerte sich um die drei anderen.
    Als die Freunde den Tortunnel erreichten, hatten sie mehr als zwanzig Gargoyles im Schlepptau, die ihnen wie eine groteske Prozession nachliefen, nachsprangen, nachtanzten. Immer noch kamen neue hinzu, die plötzlich aus dem Dickicht brachen und sich den anderen anschlossen.
    Kyra fürchtete die Dunkelheit des Tunnels, und sie spürte, dass es ihren Freunden ebenso erging. Hier waren die Gargoyles in ihrem Element, und hier würde sich zeigen, ob das Horn sie tatsächlich zu bändigen vermochte.
    Doch nichts Bedrohliches geschah. Es gab keine Zwischenfälle, keine plötzlichen Attacken. Die engen Steinwände warfen die Laute des Horns zurück, verstärkten sie um ein Vielfaches. Weitere Gargoyles kamen hinzu, von außen, aber auch vom Innenhof.
    Und so zogen sie vorwärts, quer über den Hof und zum Eingang der verfallenen Kapelle.
    Sie hatten den steinernen Bogen fast erreicht, als ihnen jemand entgegentrat – ein Gargoyle, größer als alle anderen. Mit Hörnern, die nicht nur aus seinem Kopf, sondern auch aus seinen Schultern ragten. Mit Klauen, so groß wie Baggerschaufeln, und Augen, in denen ein verzehrendes Feuer glühte.
    Chris erkannte ihn sofort wieder. Es war das Wesen, das
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