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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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Wie konnte das nur passieren?«
    »Was ist los mit dir und Klaus-Peter?
Ihr habt euch doch immer so gut verstanden.«
    »Was soll los sein? Er liebt mich nicht
mehr. Er kann’s nicht leiden, wenn ich singe, er kann’s nicht leiden, wenn ich
esse. Er liebt mich nur, wenn ich so bin, wie er will. Ich werd’ dir mal was
sagen, Amei: Ich pfeif’ auf solche Liebe!«
    Sie faltete die Tüte auseinander, hielt
sie an den Mund, blies hinein, bis sie prall war wie ein Luftballon, und schlug
mit beiden Händen zu. Es gab einen scharfen Knall.
    Die Familienmitglieder fuhren
erschreckt hoch, blieben stehen oder suchten hinter dem nächsten Baum Deckung,
nur Henriette stolperte unbeirrt weiter. Ihre Ohren waren von den Beatles
besetzt, andere Geräusche nahm sie nicht wahr.
    »Ist jemand verletzt?« schrie unser
Oberbefehlshaber von der Straße herüber, und da niemand antwortete: »Zehn Uhr
fünfzig! Aktion beendet! Zurück, Leute!«
    »Bitte, bitte, suchet doch no e bißle!«
jammerte Mathias.
    Dann kam Laut, hoch und gellend:
»Wubbel, Wubbel hat’s!«
    Das Zwerglein wuselte der Straße zu,
seinen kostbaren Fund hocherhoben in der Faust. Strahlende Augen unter der gelben
Kapuze.
    Mathias stürzte hinterher. Er vergaß
die Würde seiner sechs Jahre und daß er eigentlich zärtliche Gesten und
dergleichen Weiberkram zutiefst verabscheute.
    »Oh, Wubbel, du goldiger!« Er drückte
das Bürschlein an sich, und jetzt, jetzt knallte er ihm sogar einen Kuß auf die
gelbe Kapuze.
    Schwestern und Brüder, Schwägerinnen
und Schwäger tauchten wieder auf, zerzaust und schmutzig zwar, aber glücklich
über den guten Ausgang der »Aktion Taschenmesser«.
    ›Let it be...‹ sangen die Beatles, nun
wieder aus voller Brust, denn Henriette sah sich nicht genötigt, ihre
Lautstärke zu drosseln, zumal Tante Vera noch viel lauter schrie und jedem den
Anblick ihres zerrissenen Strumpfes darbot.
    »Da, schaut es euch an! In einer
Brombeerranke bin ich hängengeblieben! So muß ich nun den ganzen Tag
herumlaufen!«
    Leider fand sie wenig Anteilnahme, man
war mit seinen eigenen zerrissenen Strümpfen, fleckigen Hosen und schmutzigen
Schuhen beschäftigt. Nur Andreas hatte ein offenes Ohr für den Jammer der
Tante.
    »Tante Vera, kannsch mir’s glaube, des
sieht kei Mensch! Die gucket doch net auf deine Füß!«
    Da brach die Tante mitten in ihrer
Klage ab, schenkte dem Knaben einen kühlen Blick und fragte: »Wie meinst du
das?«
    Aber Andreas hatte bereits gemerkt, daß
seine Trostworte nicht die rechte Aufnahme gefunden, und zog sich schnell und
unauffällig zurück. Er kam gerade recht, um mitzuerleben, wie Onkel Michael dem
Wubbel eine Tafel Schokolade in die Hand drückte.
    »Die ist für dich!«
    Wubbel empfing sie mit freudigem
Geschrei, und während der Weiterfahrt hatten Christoph und Julia viel Ärger mit
drei schokoladeschleckenden Kindern im Auto.

Der Hut im Wasser
und der Geist in der Flasche
     
     
    Wir gelangten zum Stausee und standen
frierend im Graupelregen. Gitti lehnte sich weit überdie
Brückenmauer. Klaus-Peter sah es. Mit einem Sprung war er hinter ihr und hielt
sie fest am roten Anorak.
    »Paß doch auf!« knurrte er. »Nachher
wird’s dir schwindlig, und du fällst runter!«
    »Ach, wem macht das schon was aus!«
    In Gittis Stimme schwang ein leicht
tragischer Unterton. Einen winzigen Augenblick lang sahen sich die beiden
Eheleute an, dann gingen sie wieder getrennte Wege. Klaus-Peter schloß sich
Fränzchen an und hielt einen Schirm über ihren braunen Zopf. Gitti marschierte
nach kurzem ärgerlichen Blick mit mir zum Parkplatz zurück. Dort verbrauchte
Julia eine Unmenge Papiertaschentücher, um den Kindern die Schokolade von
Gesicht und Händen zu reiben. Christoph stand daneben und lamentierte: »Mein
schönes Auto! Alles klebt! Eine gute Idee war das, Michael, dem Wubbel
Schokolade zu schenken!«
    »Dann sollen die Kinder jetzt bei mir
mitfahren«, sagte Michael, »mir ist’s egal, wie das Auto aussieht.«
    »Nein, sie bleiben bei mir, am Ort
ihrer Schandtat.«
    »Das ist so seine liebe Art«, meinte Julia,
»er schimpft wie ein Rohrspatz, dabei ist er froh, daß sie mit ihm fahren.«
    »Los, Leute, steigt ein!« kommandierte
Michael. »Es geht weiter zum Wasserfall. Wir müssen Zeit aufholen!«
    Klaus-Peter verabschiedete sich von
Fränzchen und schlenderte zu unserem Auto herüber. Kaum war er in Hörweite, so
fragte mich Gitti, ob sie jetzt vorne neben Manfred sitzen dürfe. Das
Autofahren bekomme ihr
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