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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown
Autoren: Hansjörg Anderegg
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hielt Jen mit eisernem Griff im Wasser fest.
    »Stopp! Lass sie los! Lass das Messer fallen!«, schrie Frank.
    Gleichzeitig sprang er ihm von hinten an die Gurgel. Mit einem Arm drückte er ihm die Kehle zu. Die andere Hand verdrehte ihm den Arm mit einem schnellen, heftigen Ruck. Das Messer fiel scheppernd zu Boden. Adam verlor das Gleichgewicht, glitt aus und fiel auf den Rücken. Sein Hinterkopf schlug hart wie ein Stein auf dem Marmor auf. Er blieb reglos liegen. Ein roter Fleck bildete sich unter seinem Haar. Die glasigen Augen starrten Frank überrascht und traurig an. Adams Lippen bewegten sich. Mechanisch fühlte Frank den Puls. Er hielt sein Ohr dicht an den Mund, der ihm etwas sagen wollte. Adam flüsterte fast unhörbar mit letzter Kraft:
    »Vergebung – sie um Vergebung bitten – wollte mein Kind um Vergebung – Frieden – Gott ...«
    Die schwache Stimme verstummte endgültig. Adams Herz hörte auf zu schlagen. Frank bedeckte das Gesicht des Toten mit einem Tuch und wählte die Notrufnummer.
    Jen hatte sich nicht gerührt, seit ihr Vater gefallen war. Das Gesicht in den Händen, saß sie in der Wanne, schien nichts von der Umgebung wahrzunehmen, als wäre sie in ekstatischem Gebet versunken.
    Frank hielt ihr den Bademantel hin. »Komm«, sagte er nur.
    Sie stieg aus der Wanne. Vorsichtig ertastete sie den Boden mit den nackten Füssen wie ein Kind, das spitzen Steinen ausweicht. Sie stieg schweigend über den Leichnam hinweg, tat einige Schritte in den Flur hinaus, dann brach sie zusammen.
     
    Die gedämpfte Unterhaltung drang langsam in ihr Bewusstsein. Sie schlug die Augen auf. Frank sprach leise mit Rita unter der Schlafzimmertür. Die Erinnerung kehrte schlagartig zurück. Sie setzte sich auf.
    »Wo ist er?«, fragte sie ängstlich.
    Die beiden standen blitzschnell an ihrem Bett.
    »Es ist vorbei«, sagte Frank. »Dein Vater ist gestorben, Jen. Es war ein Unfall.«
    Rita nahm ihre Hand und fügte mit bewegter Stimme hinzu:
    »Es tut mir so leid, das alles. Wie fühlst du dich? Du hast lange geschlafen.«
    Sie antwortete nicht, hielt jedoch Ritas Hand fest, drückte sie, um sich zu versichern, nicht zu träumen. Sie hatte ihren Vater am Boden liegen sehen und erinnerte sich daran, wie Frank sich über ihn gebeugt hatte, als hörte er ihm zu.
    »Er hat noch etwas gesagt, bevor ...«, murmelte sie. »Was hat er gesagt?«
    Frank zuckte bedauernd mit den Schultern. »Er hat versucht, zu sprechen, aber ich habe ihn nicht verstanden. Tut mir leid, Jen.«
    Adam lebte nicht mehr. Sie brauchte keine Angst mehr zu haben. Die Erleichterung darüber ließ sie wieder klarer denken und sie erschrak.
    »Ich habe ihn angegriffen – mit der Feile – nicht umgekehrt!«, rief sie aufgeregt.
    »Jen, hör auf, dir für alles die Schuld zu geben. Es war ein Unfall, hörst du? Du bist nicht schuld am Tod deines Vaters.«
    Sie sank aufs Kissen zurück. Lange sprach niemand ein Wort. Frank schien ebenso in seine Gedanken versunken zu sein wie sie, und Rita betrachtete sie mit dem gleichen besorgten Gesicht wie ihre Mutter früher.
    »Vielleicht möchte er in Parlier begraben sein, bei Mama«, sagte sie unvermittelt.
    Rita schossen die Tränen in die Augen.
    »Das – ist – ein schöner Gedanke«, stammelte sie mit erstickter Stimme. »So finden beide ihren Frieden.«
    »Ich werde Blumen pflanzen. Malven, wilde, rote Malven, Mama mochte sie.«
    »Tu das. Das ist gut«, sagte Frank heiser.
    Er wandte sich ab. Auch er hatte feuchte Augen, wie sie selbst.
    »Darf ich dich umarmen?«, fragte Rita mit scheuem Lächeln.
    Sie breitete die Arme aus und ließ es geschehen. Frank schaute eine Weile zu, dann tippte er Rita an die Schulter, um sie an ihre Abneigung gegen solche Berührungen zu erinnern.
    »Grüsse von Lieutenant Rosenblatt«, sagte er grinsend. »Ich soll dir ausrichten, die Feds möchten dich auf der Stelle anheuern.«
    »Dann sollen die sich melden.«
    »Sie finden dich ja nicht.«
    Er lachte schallend über seinen gelungenen Scherz.
    »Ich bin sowieso nicht fürs Büro geschaffen.« Sie blickte Rita fragend an. »Darf ich noch eine Weile hier wohnen?«
    »Ach Liebes, du gehörst doch zur Familie. Bleibe, solang du möchtest. Rebecca hätte es nicht anders gewollt.«
    »Lieb von dir, danke.«
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie Rebeccas Seidenpyjama trug. Errötend schlug sie die Bettdecke zurück und stand auf.
    »Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt ... Ich sollte mich umziehen. Es gibt viel zu tun. Senator
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