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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition)
Autoren: Martin Mandler
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Flughafen.
    Ich habe gewartet, bis es dunkel geworden ist.
    Dann habe ich das AS50 abgebaut.
    Ich habe meine Sachen in den Koffer geworfen.
    Meine Rechnung bezahlt und mich auf den Weg gemacht. Zuerst in die von mir gemietete Wohnung. Dort werde ich die Waffe liegen lassen, bis ich weiß, was ich mit ihr anfangen werde.
    Morgen, denke ich. Morgen werde ich wieder in den USA sein. In der Villa meines Vaters. In meiner Villa. Es ist jetzt meine Balustrade, meine Terrasse, mein Pool, es ist mein Schatten unter den gepflegten Palmen und es wird mein Glas sein, das ich in der Hand halten werde. Morgen. In dem die Eiswürfel knacken werden. Morgen.
    Sie sagen, nein, sie schreiben, die Bildschirme in der Wartehalle des Flughafens verraten mir, warum sie nicht gekommen sind. Sie wurden vergiftet. Man weiß noch nicht, woher das Gift kam. Aber man weiß, dass sie in akuter Lebensgefahr schwebt. Und dass er es schaffen wird. Weil er kaum etwas gegessen hat. Er ist auf einer speziellen Diät, sagen sie. Hat nur ein paar Bissen probiert und deshalb wird er es schaffen.
    Und die Kinder, denke ich.
    Aber sie sagen nichts über die Kinder.

NEUN

1
    Diese Anschläge zielen auf das Zentrum unserer Gesellschaft
, hat es die Kanzlerin formuliert. So hat sie es in die Kameras gesprochen. Hinter und neben ihr standen andere Würdenträger der europäischen Demokratien. Stand der Nachfolger des kleinen Franzosen, stand der britische Premier. Bei einem Treffen, das sie nur einberufen haben, weil sie dem Terror mit einer noch intensiveren Zusammenarbeit ein Ende setzen wollen. Sie zeigen Einigkeit. Stellen sich
geschlossen gegen diesen Akt der terroristischen Willkür
.
    Und doch, oder vielleicht gerade weil sie Einigkeit zeigen, waren es gestern zehn. Zehn Stars, die man in Europa erschossen, erstochen oder überfahren hat. Ist einer von ihnen zu Tode geprügelt worden.
    Und es werden auch morgen zehn sein. Oder fünfzehn.
    Auch sie, denke ich. Man sieht es in ihren Gesichtern, dass auch sie davon überzeugt sind. Dass auch die Lenker Europas, allen voran die deutsche Kanzlerin und der französische Premierminister begriffen haben, dass sie diese Lawine mit sanften Mitteln nicht mehr werden aufhalten können.
    Das öffentliche Leben gibt es praktisch nicht mehr, sagt Marian am Telefon. Sie ist aufgeregt. Weil sie nicht bestimmen kann, weil es auch ihr geht wie so vielen anderen in Europa, die zum ersten Mal erleben, dass außerhalb ihres persönlichen Lebens etwas passiert, das sie nicht vorhersehen können. Die Krise, nach der sich alle immer gesehnt haben, die sie in unzähligen Dokumentationen über Kometeneinschläge, Erdbeben, Tsunamis, über Vulkanausbrüche, Seuchen, Killerviren, über Kriege und Kriege und immer wieder über riesige Katastrophen und tausendfachen Tod herbeigesehnt haben, diese Krise hat nun, zum ersten Mal seit Jahrzehnten, eine körperliche Qualität. Es ist keine abstrakte Angst mehr, die sie umtreibt. Ihre Angst ist konkret geworden. Auch wenn sie kein konkretes Ziel hat, weil niemand mehr festmachen kann, wer aller hinter diesen Anschlägen steckt.
    Marian hat Angst. Und die Kinder. Daher werden sie nicht kommen. Marian sagt, sie könne nicht losfahren. Sie werde den Flughafen nicht erreichen können. Sie hat Angst davor, das Haus zu verlassen. Es wird davor gewarnt. Noch, sagt sie, sind die Flüge nicht gestrichen. Noch darf man Auto fahren. Einkaufen. In ein Café gehen. Aber die Cafés haben geschlossen. Die Läden nur drei oder vier Stunden pro Tag geöffnet. Und die Straßen, sagt Marian, sie erzählt, sie habe im Fernsehen gesehen, dass die Straßen in Europa leer geworden sind.
    Die Saat geht auf.
    Die Angst lähmt die Gesellschaft.
    Ich bin mir sicher, dass die Bilder verschwinden werden. Über kurz oder lang werden die Bilder der toten Stars wieder aus den Medien verschwinden. Aber sie werden immer in den Köpfen der Menschen festgebrannt bleiben.
    Es wird auch in Jahren vermutlich niemanden geben, der beim Bild eines Stars nicht zumindest auch an das denken wird müssen, was gerade passiert. Und vielleicht, denke ich, besteht eine echte Chance, dass sich auch in ein paar Jahren noch keiner finden wird, der seinen Körper diesen Bildern zur Verfügung stellen wird. Der Starkult ist im Untergang begriffen. Und wir, denke ich, wir werden seinen Untergang beschleunigen und am Ende frei sein.
    Ein Fußballklub ist in die Luft gesprengt worden, sagt Marian. Es sind alleine in Deutschland heute drei
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