Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition)
Autoren: Martin Mandler
Vom Netzwerk:
seiner vielen Shows. Eine rechte Terrorzelle. Die Islamisten. Irgendein verwirrter Irrer. Es hätte jeder sein können. Irgendjemand. Ein ganz normaler Mensch. Jemand wie du – und ich.
    Aber irgendwie muss man es vermutlich konkreter machen. Sie können nicht diskutieren, ohne die Gefahr näher einzugrenzen. Und vielleicht sind sie deshalb auf ihren Verdacht gekommen. Auf ihre Mutmaßung, die bloß im Raum steht, ohne eine konkrete Beschuldigung zu sein. Wie ein Gespenst, das aus alten Zeiten, aus der Zeit der RAF wieder an die Oberfläche des Bewusstseins gespült worden ist. Und das immer noch lebendiger ist als der rechte Terror. Obwohl der erst vor kurzer Zeit in Europa für Aufsehen gesorgt hat. Er scheint viel aktueller zu sein als der linke. Und gefährlicher. Weil Linke in erster Linie gegen Rechte und gegen die Staatsmacht kämpfen. Rechte aber haben die Niedertracht, auch Menschen anzugreifen, die nichts mit Ideologien und Straßenkämpfen zu tun haben.
    Trotzdem frage ich mich, wie recht es den Linken ist, dass sie zu Unrecht verdächtigt werden. Dass sich Journalisten und Interviewpartner auf sie eingeschossen haben, wie man das nennt. Und ich frage mich, was sie daraus machen werden. Wie sie darauf reagieren werden, dass sie es sind, denen man den Anschlag zutraut.
    Es wagt zwar keiner, sie tatsächlich zu beschuldigen. Aber man beginnt damit, es den autonomen Linken zuzutrauen. In der öffentlichen Diskussion werden imaginäre Bilder ihrer Strukturen diskutiert, sind sie wichtiger als all die Theorien und Vermutungen über Einzeltäter, verirrte Fans, verschmähte Liebhaber und die beinahe nur der Vollständigkeit halber genannten rechten Terrorzellen, die man aber im Griff hat, von denen man zu wissen glaubt, dass sie im Moment nicht das Potenzial haben, solche Aktionen durchzuziehen. Weil man ihnen seit der Aufklärung oder zumindest Aufdeckung der Döner-Morde genau genug auf die Finger schaut, wie man sagt. Man kenne ihre Schritte ebenso genau wie die der religiös motivierten Schläfer, die man in Ruhe die Sachen für ihre Bomben besorgen lässt, bevor man sie kassiert.
    Trotzdem müsste man auch allen anderen so einen Anschlag zutrauen. Müsste man sie auf der Rechnung haben. Nur dass irgendetwas diesen Schluss verhindert. Irgendwelche Gründe, die unter der Oberfläche der Gesellschaft festen Fuß gefasst haben, legen nahe, dass auf die eine oder andere Art doch die Linken dahinterstecken müssen.

4
    Sie sieht zufrieden aus. Glücklich sogar. Wie sie jetzt dasteht und ihren Fans zuwinkt. Und obwohl ich eigentlich noch ein wenig hatte warten wollen, ist es jetzt, ist der richtige Moment nun gekommen.
    Die Lautstärke des Abschussknalls überrascht mich. Aber es wird ihn trotzdem kaum jemand gehört haben. Denke ich und sehe zu, wie sie einen Schritt nach hinten macht und sich direkt danach an einem ihrer Bodyguards festhält. Das Projektil ist durch ihren Körper gedrungen und wieder ausgetreten. Denke ich. Weil ich mir sicher bin, dass die Wucht des Schusses sie umgeworfen hätte, wenn es in ihrem Körper stecken geblieben wäre. In ihrem Brustkorb oder im Becken, wenn es einen Knochen durchschlagen oder seine Masse als kleine Splitter in ihrer Wirbelsäule verteilt hätte.
    Ich sehe die Überraschung in ihrem Gesicht. Sie versteht es nicht. Ich sehe ihr Erstaunen über den von unsichtbarer Hand geführten Schlag, der sie hart im Bauch getroffen hat.
    Der Schmerz ist noch nicht da, denke ich. Obwohl ihre Knie schon weich zu werden scheinen. Sie beginnt zu wanken. Ihre Beine wollen ihr Gewicht nicht mehr tragen. Aber der Rest ihres Körpers hat es noch ebenso wenig realisiert wie ihr Geist. Wie auch der Bodyguard, der Heidi hektisch hinlegt und sich die Stelle ansieht, auf die sie ihre Hand gepresst hat, aus der das dunkle Blut austreten wird. Aus der es jetzt wahrscheinlich noch nicht austritt, weil auch die Leber und das Gewebe der Bauchdecke noch schockstarr sind. Ihr gesamter Körper weigert sich noch, diese plötzliche und vollkommen unerwartete Verletzung wahrhaben zu wollen.
    Sicherheitsleute stürmen auf sie zu. Stellen sich um sie. Und ich denke: idiotisch. Das ist idiotisch, weil sie sich in Sicherheit bringen müssten. In Deckung gehen und sich aus der Deckung dann ein Bild der Lage verschaffen. Sie sollten nicht, wie sie es vielleicht gelernt haben, heroisch das Opfer zu schützen versuchen. Das Opfer, für das sie ohnehin nicht mehr viel machen können. Außer es aus der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher