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Shoal 01 - Lichtkrieg

Shoal 01 - Lichtkrieg

Titel: Shoal 01 - Lichtkrieg
Autoren: Gary Gibson
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wenn? Was wäre, wenn?
    Der Händler haderte mit sich, weil er einen Moment lang von seiner Überzeugung – seinem Glauben – abgefallen war. Wenn ihn heute der Tod ereilte, würde er in dem Bewusstsein sterben, dass er der Shoal-Hegemonie länger gedient hatte als die meisten Angehörigen seiner Rasse. Es wäre ein gnädiges, nobles Ende, denn die Vorstellung, eines natürlichen Todes zu sterben, kam ihm geradezu grotesk vor.
    Wenn er heute nicht sterben würde, dann an irgendeinem anderen Tag. Das war der Lauf der Dinge.
    Der Händler hörte auf, sich Sorgen zu machen. Von der Seite her schielte er den General an und bemerkte, was für ein hässliches Scheusal der Leichenfresser war, dessen schuppige, mit Narben übersäte Haut regelrecht verwittert wirkte.
    Ein Auge – obwohl es problemlos hätte geheilt werden können – war milchweiß und blind, mit einem deutlich sichtbaren Riss in der Oberfläche. Gewiss, der General war ein ernst zu nehmender Gegner, aber der Händler hatte sich schon mit gefährlicheren Kontrahenten herumgeschlagen.
    General Leichenfresser rammte seine Energieblase in die des Händlers, und beim Zusammenprall der beiden Kraftfelder begann das Wasser um sie herum zu kochen. Geschwind zog der Händler seinen Schutzschirm vom General zurück; er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Leichenfresser keineswegs die Absicht hatte, ihn zu töten.
    »General …«
    »Jetzt hab ich Sie erwischt, wie?« Der General rauschte wieder auf ihn zu, mit hektisch auf und zu klappendem Nebenmund und sich schlängelnden Tentakeln. »Ich muss in Form bleiben! Man weiß nie, wann man ein Messer zwischen die Flossen kriegt.«
    »Und Sie, General«, der Händler erlangte einen Teil seiner Fassung wieder, »was fuhrt Sie zu den Träumern?«
    »Nun ja, wissen Sie, in letzter Zeit mache ich mir ebenfalls Gedanken über die Zukunft«, erwiderte der Leichenfresser.
    Bei diesem Kommentar ließ der Händler seine Tentakel als schlaffes Bündel herunterhängen, um keinerlei Gemütsregung erkennen zu lassen.
    So etwas wie ein menschliches Achselzucken kräuselte die vernarbte Haut des Generals. »Es gibt Gerüchte … äußerst finstere Gerüchte, mein Freund.«
    »Davon hatte ich keine Ahnung«, entgegnete der Händler.
    »Normalerweise gebe ich nicht viel aufhaltlosen Tratsch, aber Sie würden sich wundern, was derzeit in einigen recht hohen Kreisen gemunkelt wird.«
    »Zum Beispiel?«
    Der Händler blickte seinen Gefährten misstrauisch an. Mittlerweile hatten sie sich den Träumern so weit genähert, dass sie deren beeindruckende Größe wahrnehmen konnten; jeder Saugtentakel konnte mit Leichtigkeit hundert Shoal-Mitglieder gleichzeitig einschlürfen. Nun befanden sie sich tief in der Einflusssphäre der Träumer, waren gefangen in der wirbelnden Strömung der nahen Zukunft, die kurz davor stand, sich in die Gegenwart zu ergießen.
    »Tja, über Einzelheiten möchte ich mich lieber nicht auslassen«, versetzte der Leichenfresser in verschwörerischem Tonfall. »Denn wenn ich es täte, müsste ich Sie hinterher umbringen.« In einem humorlosen Lachen schwenkte er seine Tentakel.
    »Ich selbst habe auch Gerüchte gehört«, warf der Händler ein. »Angeblich prophezeien sämtliche Träumer, dass ein Krieg bevorsteht.«
    »Jawohl!« Der General schluckte den Köder. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ein Krieg ist eine wunderbare Sache – im richtigen Zusammenhang, mit dem richtigen Feind und solange man ihn gewinnt. Diese Gerüchte jedoch handeln von einem Krieg, der nicht gewonnen werden kann, so absurd das auch klingen mag. Ein nicht zu gewinnender Krieg?«
    »Vielleicht haben einige unserer Kameraden zu frei geplaudert, General. Es ist unverantwortlich, die breite Bevölkerung zu ängstigen.«
    »Da gebe ich Ihnen recht«, bekräftigte der General.
    Der Händler blickte nach vorn und merkte, dass die Priester-Genetiker sie fast erreicht hatten.
    »Haben Sie von dem alten Rigor-Mortis gehört?«, erkundigte sich der Leichenfresser. »Er ist leider tot.«
    »Tatsächlich?«
    Der Händler vermochte seine Überraschung nicht zu verbergen. Rigor-Mortis war lange Zeit die treibende Kraft unter den Leuten gewesen, die, wie der Händler, in das Große Geheimnis eingeweiht waren.
    »Ja. Erst kürzlich übergab Rigor sich den Träumern, weil er sich offenbar außerstande fühlte, die Last irgendeines ungeheuren Geheimnisses, die er sein Leben lang mit sich herumgeschleppt hatte, noch länger zu tragen. So
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