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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer
Autoren: Hilary Norman
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wecken«, schlug Martinez vor und stieg ein, »nur für den Fall, dass er den Kerl vielleicht erkennt.«

90
     
    Es war drei Uhr morgens. In der Flamingo Marina gab es nichts mehr für Cal, und auch an keinem anderen Ort der Welt.
    Außer Schrecken.
    Denn er hatte das furchtbarste aller Verbrechen begangen.
    Muttermord.
    Vermutlich würde er dieses Wort eines Tages in seiner Epistel verwenden, überlegte Cal. Ihm gefiel der Klang. Doch er hatte seine Schriften in der Gasse in den Müll geworfen, und er konnte nie wieder dorthin zurück.
    Cal nahm an, dass die Cops – und vermutlich auch ihre Seelenklempner und FBI-Profiler – eines Tages über seinen Worten grübeln würden. Aber das war kein Problem für ihn, im Gegenteil. Er hatte ja stets gewollt, dass jemand seine Epistel las, seinen Text analysierte und vielleicht sogar bewunderte.
    Wenn er das hier überlebte, würde er eines Tages vielleicht noch mehr schreiben.
    Im Augenblick aber konnte er nichts weiter tun, als oben am Kabinenabgang der Baby zu sitzen, während Regen auf sein sündiges Haupt prasselte, und an seine tote Mutter unten zu denken.
    Er fragte sich, ob es schlimmer war, direkt in die Hölle zu fahren, oder erst als Massenmörder mittels Giftspritze dorthin geschickt zu werden.
    Und vergiss das Baby nicht.
    Das Copbaby.
    »Schwachkopf« hatte Jewel ihn genannt.
    Das war gar nicht mal so falsch gewesen.
    Er hatte ihr das Kind nicht gezeigt, hatte sich ihr verweigert.
    Die Furcht vor der Hölle war vermutlich das Einzige, was Cal davon abhielt, sich auf der Stelle umzubringen.
    Allerdings sollte er so langsam mit der Planung für seinen Abgang beginnen.
    Aber jetzt noch nicht.
    Es gab noch viel zu tun.

91
     
    Es waren noch immer Beamte in der Küche der Beckets, bereit, jeden Telefonanruf aufzuzeichnen und zu verfolgen. Inzwischen war auch Mary Cutter eingetroffen, Sams Kollegin. Alvarez hatte sie geschickt, um Joshuas Mom zu unterstützen, doch im Augenblick kam Mary sich überflüssig vor.
    Grace war allein, saß zusammengekauert auf der Couch in der »Höhle«, das Telefon neben sich.
    Sie hielt Joshuas Lieblingsteddy in der Hand, drückte ihn sich ans Gesicht und roch daran, sodass sie seinen Geruch wahrnehmen konnte, wenn sie die Augen schloss.
    Sie schaukelte vor und zurück, vor und zurück.
    Nur wenn jemand ins Zimmer kam, um nach ihr zu sehen, ihr eine Tasse Tee anzubieten oder eine Schulter zum Ausweinen anzubieten, hörte sie für einen Moment mit dem Schaukeln auf, sagte jedes Mal »Nein, danke« und bat, wieder allein gelassen zu werden.
    Kaum waren die Leute verschwunden, begann sie wieder zu schaukeln.
    Nicht dass es sie tröstete. Es war eher wie ein Zwang.
    Und das Unwetter schien alles noch schlimmer zu machen. Mit jedem Donnergrollen wuchs Grace’ Angst. Ihr Baby war da draußen – mit einem Mann, der ganz normal ausgesehen hatte, aber viel schlimmer war als ein Erpresser und Kidnapper, wie sich nun herausstellte: Dieser Mann war ein Killer, ein Monster.
    Claudia hatte vor einiger Zeit versucht, sie anzurufen, doch Grace hatte Saul gebeten, mit Claudia zu sprechen.
    Sie konnte nicht selbst mir ihr reden.
    Nicht dass sie ihr die Schuld daran gegeben hätte, was geschehen war.
    Das durfte sie nicht.
    Sie konnte einfach mit niemandem reden, weder mit Claudia noch mit Mary Cutter oder Cathy, die vermutlich morgen früh aus Kalifornien anrufen würde. Grace hatte beschlossen, ihrer Tochter nichts zu erzählen, wenn irgend möglich. Sie sollte sich nicht unnötig aufregen ...
    ... ehe Sam mit Joshua wieder nach Hause kam.

92
     
    Das Satin war geschlossen und Eddie Lopéz nicht daheim.
    »Es macht keinen Sinn, ihn noch heute Nacht zu suchen«, sagte Sam.
    Sie gingen in den Lummus Park, Mildreds einstiges Heim und nun ein Tatort.
    Ihre Bank war verschwunden. Die Kriminaltechniker hatten sie losgeschraubt und ins Labor gebracht. Das Areal war weiträumig abgesperrt. Zwei Beamte hielten Wache.
    Auch hier gab es nichts, was Sam und Martinez hätte helfen können, Joshua zu finden.
    Über den Verbleib von Roxanne Lucca hatten sie ebenfalls nichts in Erfahrung gebracht.
    »Du solltest wieder nach Hause gehen«, sagte Martinez zu Sam.
    »Noch nicht«, sagte Sam. Verzweiflung ließ ihm das Herz gefrieren.
    »Wir wissen nicht mehr, wo wir noch suchen sollen«, sagte sein Freund.
    »Wir müssen überall suchen«, entgegnete Sam.
    »Das tun schon eine Menge Leute«, sagte Martinez. »Du musst nach Hause, Mann. Du musst zu
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